Glaeseker-Aussage vor Gericht
"Wulff war ein totaler Kontrollfreak"
Im Korruptionsprozess gegen Christian Wulffs früheren Sprecher hat dieser seinem Dienstherrn widersprochen. Wulff sei stets über sein Handeln informiert gewesen, sagte Olaf Glaeseker. Als es um das Verhältnis der beiden ging, hatte der Angeklagte Mühe, Tränen zu unterdrücken.
Glaeseker inmitten seiner Anwälte: "Wulff wusste von allem"
Foto: Peter Steffen/ dpa
Hannover - Zum Auftakt des Prozesses wegen Bestechlichkeit hat der frühere Sprecher von Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker, seinen Dienstherrn als "totalen Kontrollfreak" bezeichnet. Er habe alles wissen wollen: "Ein Agieren gegen seinen Willen hat es nie gegeben", Wulff sei stets über sein Handeln informiert gewesen, sagte Glaeseker am Montag vor dem Landgericht Hannover. Der damalige niedersächsische Ministerpräsident hatte der Staatsanwaltschaft anderes gesagt.
Glaeseker soll als Wulffs Regierungssprecher dem mitangeklagten Eventmanager Manfred Schmidt 2007 bis 2009 bei der Sponsorensuche für das Promi-Fest Nord-Süd-Dialog geholfen haben. Dieser soll ihn dafür zu Urlauben sowie Flugreisen eingeladen haben.
"Ich habe mich im Sinne meines Dienstherren engagiert", sagte der 52-Jährige, der alle Vorwürfe der Anklage weit von sich wies. Wulff habe von seinen Aktivitäten gewusst und selbst auch potentielle Sponsoren angesprochen. Im Februar wird Wulff zu den Vorwürfen gehört - gegen ihn läuft im selben Gericht ein Prozess wegen Vorteilsannahme.
Wulff hat sich gegenüber der Justiz bereits ausführlich zu den Vorwürfen gegen Glaeseker geäußert. 2012 hatte er der Staatsanwaltschaft gesagt, dass er von Glaesekers Freundschaft mit Schmidt ebenso wenig gewusst habe wie von den Besuchen in Spanien und Frankreich.
"Arbeiter im Weinberg des Herrn"
Sein Verhältnis zu Wulff beschrieb Glaeseker mit den Worten: "Ich wusste meist blind, was er wollte." Meist habe es Absprachen mit ihm auf dem kurzen Dienstweg gegeben. Als einer, der von außen in die Staatskanzlei kam, sei er kein Mann der vielen Aktenvermerke gewesen.
Als er vor der 3. Großen Strafkammer seinen Werdegang schilderte, sich an die Zeiten zurückerinnerte, als Wulff und er als siamesische Zwillinge bezeichnet wurden, da hatte Glaeseker Mühe, die Tränen zu unterdrücken. Nein, es habe ihn nie in die erste Reihe gezogen, er habe nie selbst Interviews gegeben, sondern sich als Dienstleister gesehen, "als Arbeiter im Weinberg des Herrn". "Ich habe Christian Wulff als Oppositionsführer, als Ministerpräsident und als Bundespräsident sieben Tage in der Woche als Ratgeber gedient", versichert der Angeklagte.
Glaeseker fühlt sich offenkundig von Wulff im Stich gelassen. Auch dadurch, dass dieser in seiner Zeugenvernehmung den Eindruck erweckt hatte, er habe nichts gewusst von der langjährigen persönlichen Freundschaft zwischen dem Partymanager Schmidt und Glaeseker.
Das versuchte Glaeseker, und nach ihm auch Schmidt in einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung, nachdrücklich zurechtzurücken. Glaeseker will seinen Chef mehrfach über die Reisen in Schmidtsche Feriendomizile ins Bild gesetzt haben, und dreimal sei nach der Trennung von Wulff auch dessen erste Ehefrau Christiane mit von der Partie gewesen, zweimal sogar mit der gemeinsamen Tochter Anna-Lena.