
Partnerschaft auf Augenhöhe Wenn die neue Liebe 26 Jahre älter ist


Mehr Frauen in Beziehung zu deutlich jüngeren Partnerinnen, schön und gut
Foto: Cavan Images / imago images/Cavan ImagesDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Das Bemühen um mehr Gleichberechtigung in allen Bereichen des Lebens ist der ewige Neujahrsvorsatz der Politik. Alle sind dafür. Koalitionsverträge und Wahlprogramme klingen vielversprechend – bevor die Realität dazwischenkommt.
Parität im Kabinett? Probieren wir ein anderes Mal. Irgendwann dann, wenn nicht gerade der dritte Weltkrieg abgewendet werden muss und ein Mann mit Tarnjacke und entschlossenem Blick im Panzer-Turm nun mal das ist, was die Truppe und die besorgte Öffentlichkeit brauchen.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius auf Besuch bei einem Panzerbataillon
Foto: IMAGO/David Inderlied / IMAGO/Kirchner-MediaImmerhin gibt es zu Beginn des neuen Jahres auf einem anderen Schlachtfeld emanzipatorischen Fortschritt zu vermelden: dem Boulevard. Eine Prominente soll mit einer anderen zusammen sein. Interessant ist die Betonung des Altersunterschieds. Eine Boulevard-Zeitung titelte Anfang dieser Woche: » … wieder glücklich: Ihre neue Liebe ist 26 Jahre jünger«. Sollte die Nachricht stimmen, hätte es die Prominente geschafft, in einen Bereich des siebten Himmels vorzudringen, den bislang nur Männer in Begleitung einer halb so alten Frau betreten konnten. Schauspieler, Sportler oder Manager sind dort Stammgäste.
Nun könnte man sagen, dass es bestimmte Bereiche gibt, in denen die Gleichberechtigung der Geschlechter verzichtbar wäre. Mehr Frauen in Beziehung zu deutlich jüngeren Partnerinnen, schön und gut. Noch schöner wären Titelzeilen wie »Parität im Parlament erreicht!«, »Der Gender-Pay-Gap ist Geschichte!« oder »Altersarmut bei Frauen geht zurück!« Das weibliche Promi-Paar mit dem deutlichen Altersunterschied hat die Nachricht zu ihrem Beziehungsstatus außerdem nicht bestätigt. Womöglich sind die beiden schlicht Opfer der sensationslüsternen People-Presse geworden.
Mitleid ist dennoch fehl am Platz. Wenn man es erstrebenswert findet, dass Frauen alles haben können und damit nicht nur einen Doppelnamen oder die Vereinbarkeit von Kind und Karriere meint, dann müsste dieses »Alles« natürlich auch die Schattenseiten von Ruhm, Macht und Prominenz umfassen. Außerdem schwingt in Titelzeilen wie »Die neue ist xy Jahre jünger« ja auch immer Bewunderung mit. Große Altersunterschiede in Beziehungen wirken häufig wie eine seltsame Art der Machtdemonstration. Das Bild von Frau Schröder-Kim (52 Jahre alt), die betend am Fenster eines Moskauer Hotels steht, während ihr Mann Gerhard Schröder (78 Jahre alt) im Kreml Frieden für die Ukraine verhandelt, hat jedenfalls das Klischee des naiven Mäuschens an der Seite des potenten Machers nicht widerlegt.
Dabei sind Partnerschaften mit großem Altersunterschied sicherlich auch auf Augenhöhe möglich. Das Boulevard-Blatt hätte jedenfalls problemlos auch die andere Prominente zur Protagonistin ihrer Geschichte machen und titeln können: »Ihre Neue ist 26 Jahre älter!«
Aber für so viel emanzipatorischen Fortschritt ist das neue Jahr vermutlich noch nicht alt genug.
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