Tote "Gorch Fock"-Kadettin Eltern scheitern mit Entschädigungsklage

Tote "Gorch Fock"-Kadettin: Eltern scheitern mit Entschädigungsklage
Foto: Henning Kaiser/ dpaHamburg - In der Nacht vom 3. auf den 4. September 2008 ging die junge Kadettin Jenny Böken über Bord des Segelschulschiffs "Gorch Fock" - unter bis heute ungeklärten Umständen. Die Eltern der Toten verklagten die Bundesrepublik auf 40.000 Euro Entschädigung. Das Verwaltungsgericht Aachen hat die Klage nun in erster Instanz abgewiesen.
Bökens Eltern hatten sich bei ihrer Geldforderung in dem Prozess auf eine Vorschrift im Soldatenversorgungsgesetz gestützt. Danach steht Hinterbliebenen eine Entschädigung zu, wenn ein Soldat bei der Dienstausübung unter besonderer Lebensgefahr stirbt. Eine besondere Lebensgefahr habe aber auf der "Gorch Fock" nicht vorgelegen, sagte der Vorsitzende Richter Markus Lehmler in der mündlichen Urteilsbegründung.
Es sei nicht wahrscheinlich, bei diesem Dienst zu sterben, begründete Lehmler das Urteil. Der Richter kritisierte jedoch auch die Kieler Staatsanwaltschaft scharf: "Es gab Fragen, die uns zum Nachdenken gebracht haben. Es hat uns gewundert, dass diesen Fragen nicht nachgegangen wurde", sagte Lehmler.
"Wir sind enttäuscht", sagte Jennys Vater Uwe Böken. Die Eltern wollen prüfen, ob sie Rechtsmittel einlegen. Es gehe ihnen bei der Entschädigungsklage nicht um Geld. "Wir wollen in erster Linie Klarheit haben", sagte Böken. "Wir werden nicht Ruhe geben, bis wir wissen, was passiert ist."
Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach (CDU), zeigte Verständnis für die Eltern: "Ich kann nachvollziehen, dass die Eltern das Gefühl haben, dass dort nicht mit der notwendigen Intensität ermittelt wurde. Es gibt zu viele offene Fragen."
Jenny Bökens Eltern hoffen auf neue Zeugin
Erst kürzlich hatte sich nach rund sechs Jahren ein ehemaliges Besatzungsmitglied gemeldet und schwere Vorwürfe gegen den damaligen Schiffsarzt erhoben. Entgegen seiner Aussage habe dieser sehr wohl von Bökens Schlafproblemen gewusst, sagte die Zeugin.
Böken war immer wieder im Dienst eingeschlafen, zahlreiche Aussagen und eine Beurteilung der Bundeswehr-Marineschule Mürwik belegen das. Dennoch war die Sanitätsoffizieranwärterin an jenem Abend für den Posten "Ausguck" eingeteilt, dort, wo es am heftigsten schaukelt, ohne jegliche Sicherung.
"Diese Zeugin ist unglaublich wertvoll für uns. Endlich hat jemand sein Schweigen gebrochen", sagte Rainer Dietz, der Anwalt der Familie. Die Eltern von Jenny Böken führen seit Jahren zahlreiche juristische Verfahren, um Klarheit über die Todesumstände ihrer Tochter zu erfahren. Ihrer Einschätzung nach könne ihre Tochter nicht ertrunken sein, denn laut Obduktionsergebnis hatte sie kein Wasser in der Lunge. Zudem gebe es keine Erklärung dafür, dass sie keine Stiefel anhatte, als sie gefunden wurde.
Vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wollen Jennys Eltern zudem erreichen, dass gegen den Schiffsarzt sowie den ehemaligen Kommandanten doch noch wegen fahrlässiger Tötung ermittelt wird.