GroKo Kanzlerin holt Kontrahenten Spahn ins Kabinett

CDU-Chefin Merkel macht Jens Spahn zum Gesundheitsminister. Damit integriert sie ihren schärfsten Kritiker. Ursula von der Leyen soll Verteidigungsministerin bleiben und Julia Klöckner neue Landwirtschaftsministerin werden.
Jens Spahn und Angela Merkel

Jens Spahn und Angela Merkel

Foto: Axel Schmidt/ REUTERS

CDU-Chefin Angela Merkel will ihren Finanzstaatssekretär und Kontrahenten Jens Spahn (CDU) zum neuen Gesundheitsminister machen. Falls die SPD-Mitglieder per Votum für eine neue Große Koalition (GroKo) stimmen, wird die Kanzlerin damit einen ihrer profiliertesten konservativen Kritiker in ihr Kabinett holen. Das berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Vorab hatte die "Bild"-Zeitung  über die Entscheidung berichtet. Offiziell will die Kanzlerin am Sonntag den Führungsgremien der Partei ihre Liste für die Ministerposten der CDU vorlegen.

Jens Spahn bekommt nach sechs Jahren als gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion und zweieinhalb Jahren als parlamentarischer Finanz-Staatssekretär damit einen Posten im Kabinett.

Ihm wurde nachgesagt, im Hintergrund an einem baldigen Ende von Merkels Kanzlerschaft sowie an einer konservativen Wende der CDU zu arbeiten. Vor etwa einem Jahr forderte der 37-Jährige ein Sondergesetz für Muslime. Beim Besuch des Wiener Opernballs suchte er die Nähe zu Österreichs jungkonservativem Kanzler Sebastian Kurz, der für einen harten Flüchtlingskurs steht.

Immer wieder wurde Spahn mit schwulenfeindlichen Kommentaren konfrontiert. Wenige Tage vor Weihnachten heiratete er seinen Lebenspartner, den Journalisten Daniel Funke. Verwurzelt ist Spahn im Münsterland, wo er Abitur machte, einem Kreisverband der Jungen Union vorsaß und zehn Jahre Mitglied in einem Stadtrat war (lesen Sie hierein Porträt über Jens Spahn).

Weitere personelle Erneuerungen in der Regierung

Die Personalentscheidung für Spahn gilt als Zeichen dafür, dass Merkel vor dem Parteitag am Montag ihren Widersachern entgegenkommen will. Die 1001 Delegierten sollen dem Koalitionsvertrag mit der SPD zustimmen und Annegret Kramp-Karrenbauer als Nachfolgerin von Peter Tauber zur Generalsekretärin wählen.

Vor allem ausgewiesene Konservative und der Parteinachwuchs hatten von Merkel nach dem schlechtesten Ergebnis bei einer Bundestagswahl seit 1949 eine personelle Erneuerung und Verjüngung von Regierung und Partei gefordert.

Nach Informationen der "Bild am Sonntag" soll die bisherige Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz Staatsministerin für Integration im Kanzleramt werden. Sie ist Chefin der Frauen-Union und gilt als Merkel-Anhängerin. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen soll im Amt bleiben. Aus CDU-Kreisen verlautet zudem, dass der bisherige Gesundheitsminister Hermann Gröhe kein Ministeramt mehr bekommen solle.

Nach Informationen der dpa wird es in der CDU für möglich gehalten, dass Merkel Gröhe als Nachfolger von Altmaier zum neuen Kanzleramtschef macht. Der bisherige Staatsminister im Kanzleramt, Helge Braun, könnte demnach neuer Minister für Bildung und Forschung werden. Altmaier gilt seit Längerem als gesetzt für das Amt des Wirtschaftsministers.

Reaktion auf Parteitag mit Spannung erwartet

In der CDU wurde nach dpa-Informationen zudem davon ausgegangen, dass Merkel die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner zur Chefin des Agrarressorts macht. Dort kennt sich die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende aus: Von 2009 bis 2011 war sie Parlamentarische Staatssekretärin in dem Bundesministerium, das damals auch den Verbraucherschutz umfasste.

Vor allem junge Abgeordnete wie Junge-Union-Chef Paul Ziemak forderten, die Namen unbedingt vor dem Sonderparteitag am Montag zu erfahren. Mit Spannung wird erwartet, wie die Delegierten auf Merkels Personaltableau reagieren werden. Intern war etwa kritisiert worden, dass die Kanzlerin der SPD in den Koalitionsverhandlungen das wichtige Finanzressort überlassen musste.

Bei der Wahl Kramp-Karrenbauers zur neuen Generalsekretärin wurde als Zeichen der Geschlossenheit mit einem guten Ergebnis von über 90 Prozent gerechnet. Dagegen könnte die Zustimmung für den Koalitionsvertrag geringer ausfallen - als Art Ventil des Unmuts gegenüber Merkels Verhandlungsführung in den Gesprächen mit den Sozialdemokraten.

Ob es tatsächlich zu einer Großen Koalition im Bund kommt, wird der Ausgang des SPD-Mitgliederentscheids zeigen. Bei den Sozialdemokraten gibt es gegen einen Eintritt in eine weitere Große Koalition große Vorbehalte.

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cop/dpa
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