Große Koalition Merkel bekräftigt Nein zu gesetzlichem Mindestlohn

Ein flächendeckender Mindestlohn vernichtet nach Ansicht der Kanzlerin Arbeitsplätze. Einen Tag vor dem Treffen der Koalitionsspitzen im Kanzleramt wies Merkel eine Krise in der Zusammenarbeit mit der SPD indes zurück - "heftige Wortwechsel" seien in jeder Koalition normal.

Berlin - Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn wäre die falsche Antwort, weil man dabei die Unterschiede von Branchen und Region nicht berücksichtigen könnte und Arbeitsplätze vernichten würde, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) der "Bild am Sonntag". "Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir wollen."

Morgen treffen sich die Koalitionsspitzen im Kanzleramt, um unter anderem über den Mindestlohn zu beraten. Während im Vorfeld des Treffens eine Einigung zur Reform der Erbschaftsteuer erzielt wurde, gibt es weiter Streit über die Themen Mindestlohn und Einrichtung zusätzlicher Krippenplätze. Merkel zeigte sich dennoch optimistisch, dass eine Einigung möglich ist. "Wo ein Wille ist, ist ein Weg, sich auf das Machbare zu verständigen", sagte sie. Die CDU-Vorsitzende sprach sich dafür aus, bei Bedarf das Entsendegesetz auf weitere Branchen auszuweiten. Derzeit gilt diese Maßnahme gegen Lohndumping aus dem Ausland nur für das Baugewerbe und Gebäudereiniger.

Zudem forderte die Kanzlerin ein klares Verbot sittenwidriger Löhne. "Die unübersichtliche Rechtsprechung muss klar und verständlich für jedermann festgeschrieben werden." Die Kanzlerin will den Arbeitsminister zudem damit beauftragen, regelmäßig Bericht über die Entwicklung im Niedriglohnsektor zu erstatten. "Der Bericht wird zeigen, wo es keine schützende Tarifbindung mehr gibt und wo es gemeinsam mit den Tarifparteien Handlungsbedarf gibt. Verständnis äußerte Merkel für die Forderungen der Gewerkschaften nach Lohnerhöhungen . "Dass die Beschäftigten auch ihren Anteil am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Betriebe haben wollen, kann ich gut verstehen", sagte sie der "Bild am Sonntag".

Spitzenpolitiker von CDU und CSU drangen auf einen schnellen Abschluss der Mindestlohndebatte. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer forderte, das Thema zu den Akten zu legen, falls man sich morgen im Koalitionsausschuss nicht einigt. Die SPD setzt trotzdem weiter auf ein Entgegenkommen des Koalitionspartners. Wer Vollzeit arbeite, müsse davon leben können und Lohn über Sozialhilfeniveau erhalten, sagte Parteichef Kurt Beck. "Wenn wir den Grundsatz aufgeben, dann geben wir uns selber auf in Deutschland."

Meinungsverschiedenheiten in der Großen Koalition räumte Merkel zwar ein, bestritt aber eine Krise in der Zusammenarbeit mit der SPD. "Meinungsverschiedenheiten über einzelne Sachthemen sind in jeder Koalition normal, es gibt auch mal etwas heftigere Wortwechsel", so Merkel. Daneben gebe es aber auch "gute und intensive Arbeitsgespräche aller entscheidenden Akteure" und "eine sehr konstruktive Atmosphäre am Kabinettstisch", betonte die Kanzlerin. Für Wahlkampf sei in zwei Jahren wieder "ausreichend Raum".

anr/ffr/AP/AFP

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