Großer Zapfenstreich Wulff will eine Zugabe

Großer Zapfenstreich: Christian Wulff wird mit höchsten militärischen Ehren entlassen
Foto: Maurizio Gambarini/ dpaBerlin - Ex-Bundespräsident Christian Wulff verabschiedet sich mit einem Lied aus dem Märchen "Der Zauberer von Oz" in den Ruhestand: "Over the Rainbow" ist eines der vier Stücke, die sich Wulff für den Großen Zapfenstreich am Donnerstagabend vor dem Schloss Bellevue aussuchte. Außerdem wählte der frühere niedersächsische Ministerpräsident nach Angaben des Präsidialamtes den "Alexandermarsch" (den Divisionsmarsch der 1. Panzerdivision in Hannover), das Kirchenlied "Da berühren sich Himmel und Erde" sowie die "Ode an die Freude" von Ludwig van Beethoven.
Normalerweise darf sich ein Politiker drei Lieder zum Zapfenstreich aussuchen. Der in der Truppe sehr beliebte frühere Verteidigungsminister Peter Struck hatte allerdings ebenfalls vier Stücke ausgewählt: die Märsche der drei Waffengattungen und "Wann wir schreiten Seit an Seit", ein prominentes Lied der Arbeiterbewegung.
Das Lied "Over the Rainbow" stammt aus der Verfilmung des "Zauberers von Oz" in den dreißiger Jahren - damals gesungen von Judy Garland. Das Stück erzählt von einem Paradies irgendwo jenseits des Regenbogens, wo wie in den Schlafliedern kleiner Kinder "der Himmel blau ist und die Träume, die du zu träumen wagst, tatsächlich wahr werden". Weiter heißt es im Text: "Irgendwann werde ich die Wolken weit hinter mir lassen und an einem Ort aufwachen, wo der Ärger wie Zitronenbonbons schmilzt". Am Ende wünscht sich der Sänger, wie ein kleiner Vogel auf die andere Seite des Regenbogens fliegen zu können: "Wenn glückliche Bluebirds auf die andere Seite des Regenbogens fliegen können, warum nur, warum kann ich das nicht?" Zuletzt war der Hawaiianer Israel Kamakawiwo'ole posthum mit dem Lied bekannt geworden.
Zum Zapfenstreich erwartet das Bundespräsidialamt rund 200 Gäste, darunter Kanzlerin Angela Merkel, den amtierenden Bundespräsidenten Horst Seehofer, Verteidigungsminister Thomas de Maizière sowie weitere Vertreter der Verfassungsorgane, des Diplomatischen Korps und der Bundeswehr. Auch Familienangehörige und Wegbegleiter Wulffs sollen kommen.
Die Fraktionschefs von Union und FDP, Volker Kauder und Rainer Brüderle, sind nach Angaben aus Koalitionskreisen dagegen nicht eingeladen. Auch CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat keine Einladung erhalten. Aus Kreisen des Protokolls hieß es dazu, dies habe mit dem engen Einladungskreis zu tun. Allerdings sei das Präsidium des Bundestages eingeladen worden. Die genaue Gästeliste soll nicht veröffentlicht werden.
Verzicht auf Zapfenstreich gefordert
Am Vortag war bekannt geworden, dass alle vier noch lebenden Vorgänger Wulffs - Walter Scheel, Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Horst Köhler - sich gegen eine Teilnahme entschieden haben. Wulff steht auch nach seinem Rücktritt weiter in der Kritik, weil er weder auf seinen Ehrensold von knapp 200.000 Euro im Jahr noch auf zusätzliche Privilegien wie Fahrer und Mitarbeiter verzichten will, die weitere rund 280.000 Euro pro Jahr kosten.
Der Große Zapfenstreich ist die höchste Form der militärischen Ehrerweisung. Die Bezeichnung Zapfenstreich geht auf die Zeit der Landsknechte zurück, als damit abends das Signal zur Nachtruhe gegeben wurde. Auch heute noch findet die musikalische Zeremonie in der Dunkelheit umrahmt von Fackelträgern statt.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat an Wulff appelliert, auf den umstrittenen Zapfenstreich zu verzichten. "Wenn alle lebenden Altbundespräsidenten eine Teilnahme an der Zeremonie ablehnen, kann ich Christian Wulff nur raten, nicht auf einem Zapfenstreich zu bestehen", sagte Steinmeier der "Rheinischen Post".
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin und stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft rief Wulff dazu auf, auf Ehrensold und Zapfenstreich zu verzichten. Damit könne er vieles von dem wiedergutmachen, "was er bisher angerichtet hat", sagte Kraft der "Leipziger Volkszeitung". Ähnlich hatten sich bereits andere Oppositionspolitiker geäußert.
Auch innerhalb der Koalition gibt es Unmut über die Zeremonie. In einem Offenen Brief an de Maizière forderte der bayerische FDP-Abgeordnete Erwin Lotter eine Verschiebung des militärischen Zeremoniells. Lotter war derjenige, der vor wenigen Wochen als erster Bundestagsabgeordneter der Koalition Wulff zum Rücktritt aufgefordert hatte. Er plädiert nun dafür, die Entscheidung über die Form der Verabschiedung "auf einen Zeitpunkt nach Abschluss der Ermittlungen" gegen Wulff zu vertagen.
Der CDU-Politiker war am 17. Februar nach nur anderthalb Jahren im Amt zurückgetreten. Gegen Wulff laufen Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsannahme in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident.