Schnelles Internet Grüne wollen Dobrindt mit Breitband-Check blamieren

Die Bundesregierung will ganz Deutschland bis 2018 mit schnellem Internet ausstatten. Das schafft Digitalminister Dobrindt niemals rechtzeitig, behaupten die Grünen im Bundestag - und wollen ihn mit einem Praxistest bloßstellen.
Breitband-Test auf der Grünen-Fraktionsseite: "Viele Leute werden erstaunt sein"

Breitband-Test auf der Grünen-Fraktionsseite: "Viele Leute werden erstaunt sein"

Wenn zu Weihnachten Scharen von Großstädtern zu ihren Eltern aufs Land fahren, dürfte vielen wieder klar werden: Schnelles Internet ist noch immer ein Luxusprodukt für Bewohner des urbanen Raumes. In der Provinz hingegen laden Streams oft ruckelig, bauen sich Websites langsamer auf. Wie komfortabel der Abstecher ins Netz ist, hängt in Deutschland stark davon ab, wo man wohnt.

Genau damit wollten mehrere Bundesregierungen immer wieder Schluss machen, trotzdem gibt es schnelles Internet nach wie vor nicht überall. Digitalminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich selbst ein Ultimatum gestellt: Bis zum Jahr 2018, verspricht er, soll sich jeder Bürger mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) im Internet bewegen können. Soviel braucht man, damit mehrere Personen pro Haushalt entspannt parallel streamen, surfen, runterladen können. Auch für viele Unternehmen ist schnelles Internet enorm wichtig.

Aber ist dieses Ziel zu halten? Laut D21-Digital-Index 2015  hat sich in Sachen Breitband seit dem Start des Großen Koalition kaum etwas getan. Die Studie, für die rund 33.000 Menschen befragt wurden, bescheinigt Deutschlands Breitband-Standard nur einen minimalen Fortschritt. So hätten vor zwei Jahren 58,3 Prozent der Nutzer auf schnelleres Internet zugegriffen - inzwischen seien es 60,2 Prozent.

Die Bundesregierung arbeitet mit Zahlen, die ein positiveres Bild vermitteln: Laut Verkehrsministerium  sind derzeit immerhin 68,7 Prozent aller Internetanschlüsse breitbandfähig. Dobrindts Haus stützt sich auf den sogenannten Breitbandatlas , der Angaben der Provider darstellt. Hier geht es also um die generelle Verfügbarkeit von Breitband. Bei der D21-Statistik steht hingegen die tatsächliche Nutzung im Vordergrund.

Doch ob man nun die eine oder die andere Studie als Grundlage nimmt: Bis zum Hundert-Prozent-Ziel ist es noch ein weiter Weg.

Grüne: "Absurd, dass Unterschiede so groß sind"

Die Grünen-Fraktion im Bundestag will nun nach eigenen Angaben den Beweis antreten, dass Deutschlands Breitband-Realität eine traurige ist. Auf der Homepage der Bundestagsfraktion kann seit Donnerstag jeder Bürger die tatsächliche Geschwindigkeit seines Internetanschlusses testen (hier wird der Breitband-Check angeboten )

"Viele Leute werden erstaunt sein, wie langsam ihre Verbindung ist", sagt die Grünen-Abgeordnete Tabea Rößner. "Es ist absurd, dass die Unterschiede noch immer so groß sind. Im Bundestag können wir teilweise mit 90 Mbit/s ins Netz gehen, aber schnelles Internet sollte allen Menschen zur Verfügung stehen, nicht nur in der Großstadt".

Ähnliche Tests gibt es vereinzelt im Netz, aber der Grünen-Check ist auf den ersten Blick nutzerfreundlicher. So ermöglicht er zum Beispiel den direkten Vergleich mit den Durchschnittswerten aller anderen User. Je mehr Menschen mitmachten, desto aussagekräftiger werde der Check, hoffen die Grünen. Die Daten würden "stark anonymisiert gespeichert", die Zwischenstände seien für jeden transparent einsehbar.

Womöglich steckt hinter der Aktion auch der Wunsch, endlich wieder bei einem Thema gegen die Bundesregierung punkten zu wollen. Bei Kernthemen wie Flüchtlings- und Asylpolitik gelang es den Grünen zuletzt nicht, sich auf klare Aussagen zu einigen.

Milliarden fließen in den Netzausbau

Im Verkehrsministerium bleibt man entspannt: "Wir halten an unserem Ziel fest, und wir schaffen das auch", sagt ein Sprecher. Dafür nimmt die Bundesregierung Geld in die Hand:

Das alles überzeugt die Grünen nicht. "Die Maßnahmen kommen zu spät. Wir gehen davon aus, dass das Ziel für 2018 nicht mehr zu halten ist", sagt Rößner. Die Bundesregierung setze zudem auf veraltete Technologien wie Kupferkabel, kritisiert die Grünen-Politikerin weiter. "Bundesminister Dobrindt gibt viel Geld aus, aber er versenkt es an falscher Stelle, anstatt schlau zu investieren".

Deutschland brauche stattdessen schnellere Glasfaser-Leitungen, "sonst werden im internationalen Vergleich noch mehr abgehängt". Woher das Geld kommen soll, dafür haben die Grünen folgenden Vorschlag parat: Der Bund müsse seine restlichen Telekom-Aktien im Wert von etwa zehn Milliarden Euro verkaufen.


Zusammengefasst: Am Freitag verabschiedet der Bundestag unter anderem den Haushaltsplan für Alexander Dobrindts Digitalministerium, viel Geld ist für den Ausbau von Breitbandverbindungen eingeplant. Die Opposition glaubt trotzdem nicht daran, dass alle Bürger zeitnah mit schnellem Internet ausgestattet werden, wie es die Bundesregierung verspricht - und hat ein Tool entwickeln lassen, mit dem jeder die Geschwindigkeit seiner Internetverbindung checken lassen kann.

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