Höhere Regelsätze Grüne wollen Hartz IV grundlegend verändern

Weil Hartz-IV-Empfänger der gesellschaftlichen Mitte gegenüber deutlich benachteiligt seien, hat die Fraktion neue Regelsätze ausrechnen lassen - die bis zu 170 Euro monatlich mehr vorsehen.
Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt fordert laut "SZ" einen kurzfristigen Aufschlag auf die Grundsicherung von 100 Euro

Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt fordert laut "SZ" einen kurzfristigen Aufschlag auf die Grundsicherung von 100 Euro

Foto: Kay Nietfeld / DPA

Am Dienstag will die Grünenfraktion eine Alternative zu Hartz IV vorstellen. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" . Dazu habe die Fraktion ein Gutachten in Auftrag gegeben, in dem neue Regelsätze für Erwachsene und Kinder ausgerechnet werden, heißt es in der "SZ", der das Gutachten vorliegt.

Das Gutachten folge der bekannten Kritik, dass die Grundsicherungssätze wegen der Berechnungsmethode zu niedrig ausfielen. Daher hätten Grundsicherungsempfänger gegenüber der gesellschaftlichen Mitte einen gravierenden Rückstand, was zum Beispiel die soziokulturelle Teilhabe betreffe. Ausgangspunkt einer neuen, alternativen Regelsatzberechnung soll dem Gutachten zufolge die Festlegung eines Existenzminimums ein.

Die jetzige Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze erfolgt auf Basis einer Referenzgruppe, der auch die ärmeren Bevölkerungsschichten angehören, Grundsicherungsempfänger werden aus dieser Gruppe nicht komplett herausgerechnet. Zum anderen würden die Ausgaben dieser Referenzgruppe noch um diverse Posten gekürzt. Daher fehle es "an einem Bezug zur gesellschaftlichen Normalität", so eine der Studien-Autorinnen. Im Ergebnis hätten Grundsicherungsempfänger gegenüber der gesellschaftlichen Mitte einen Nachteil zwischen 70 bis zu 80 Prozent.

"Jetzt müssen die Weichen dafür gestellt werden, dass die Coronakrise nicht zu einer Gerechtigkeits- und Armutskrise wird"

Katrin Göring-Eckardt

Die Regelsätze, an den sich die Grünen orientieren, lägen deutlich über den aktuellen, berichtet die "SZ": "Statt 432 Euro bekäme ein allein lebender Erwachsener 603 Euro im Monat. Kinder unter sechs Jahren kämen auf 306 statt 250 Euro, für Sechs- bis Vierzehnjährige wären es 378 statt 308 Euro, für Jugendliche über 14 Jahren 444 Euro statt 328 Euro." Zu den potenziellen Gesamtkosten dieser Reform stehe jedoch nichts im Gutachten.

"Jetzt müssen die Weichen dafür gestellt werden, dass die Coronakrise nicht zu einer Gerechtigkeits- und Armutskrise wird", zitiert die "SZ" Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Sie fordere einen kurzfristigen Aufschlag auf die Grundsicherung von 100 Euro für Erwachsene und 60 Euro für Kinder. Im Herbst müsse die Regierung ein neues Gesetz zur Ermittlung der Regelsätze vorlegen. "Wir fordern, dass sie dabei endlich Schluss macht mit der Kleinrechnerei und einen deutlichen Schritt in Richtung existenzsichernde Regelsätze geht."

evh
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