EU-Haushalt Oettinger will Europas Grenzschutz massiv ausbauen

Mehr Geld für den Süden, weniger für Osteuropa: Nach dem Brexit muss EU-Kommissar Oettinger Milliarden umschichten. Mehr Personal soll es nach SPIEGEL-Informationen für den Grenzschutz geben.
Foto: Christian Charisius/ dpa

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger plant, die Europäische Grenzschutztruppe Frontex auf mehr als 5000 Mann aufzustocken. Bisher beschäftigt Frontex rund 1600 Grenzschützer.

Das geht aus den Plänen zum Siebenjahresbudget der EU hervor, die Oettinger am Mittwoch in Brüssel vorstellen will. In dem Haushaltsentwurf für 2021 bis 2027 seien entsprechende Mittel für Personal und Ausstattung von Frontex eingeplant, sagte Oettinger dem SPIEGEL: "Mein Ziel ist es, dass die Kontrollen an den Binnengrenzen etwa zwischen Österreich und Deutschland möglichst schnell wieder verschwinden können und dass das Reisen sowie der Warenverkehr im Schengenraum nicht auf ewig erschwert wird." (Diese Meldung stammt aus dem SPIEGEL. Den neuen SPIEGEL finden Sie hier.)

Mehrere Schengenländer, darunter Deutschland, hatten Kontrollen an den Binnengrenzen mit dem Argument wieder eingeführt, die EU-Außengrenzen etwa zwischen Griechenland und der Türkei seien nicht ausreichend geschützt. Die ausgebaute Frontextruppe soll laut Oettinger möglichst innerhalb der ersten drei Jahre nach Beschluss des neuen Finanzrahmens einsatzbereit sein.

Politiker aus Deutschland aber auch vielen anderen EU-Mitgliedstaaten hatten beim Schutz der EU-Außengrenzen immer wieder ein stärkeres Engagement der EU gefordert.

Die Sicherung der Außengrenzen und Migrationsfragen gehören zu den wichtigsten Neuerungen in Oettingers mehr als eine Billion Euro umfassendem Siebenjahres-Plan, für sie sind eigene Kapitel vorgesehen. Wie genau die Kriterien für die Mittelvergabe für von der Migration besonders belastete Kommunen oder Regionen aussehen, soll erst in den nächsten Wochen geklärt werden.

Insgesamt plant Oettinger, die Ausgaben um bis zu 18 Prozent zu erhöhen. Dafür sollen die EU-Staaten ihre Beiträge von bisher einem Prozent der Wirtschaftsleistung auf "1,1X"-Prozent steigern, wie es heißt. Kürzungen stehen vor allem bei Agrar- und Strukturhilfen an, die bislang etwa 75 Prozent der Ausgaben ausmachen. Die Einschnitte sind auch deswegen unvermeidlich, weil die Europäer beim ersten Post-Brexit-Haushaltsrahmen ohne den Beitrag der Briten auskommen müssen und somit im Jahr 12 bis 14 Milliarden Euro fehlen.

Günther Oettinger

Günther Oettinger

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THIERRY CHARLIER/ AFP

Generell geht es Oettinger und der Kommission darum, das Geld zielgerichteter für Projekte einzusetzen, bei denen ein sogenannter europäischer Mehrwert sichtbar wird. Der Grenzschutz und die Aufstockung von Frontex sind da nur das sichtbarste Beispiel. So soll die Vergabe von EU-Fördermitteln nicht mehr nur - wie bislang - weitgehend vom Bruttoinlandsprodukt pro Kopf eines Landes abhängen, sondern verstärkt von weiteren Faktoren, etwa der Rechtsstaatlichkeit.

Zudem spielt künftig verstärkt eine Rolle, ob bestimmte Regionen durch die Aufnahme von Flüchtlingen besonders belastet sind. Dies hatte unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor dem EU-Gipfel Ende Februar gefordert.

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Weniger Geld für Osteuropa

Im Ergebnis dürfte das dazu führen, dass weniger EU-Geld als bisher in die osteuropäischen Länder fließt und mehr in Länder im Süden, die von der Migration aber auch den Folgen der Eurokrise besonders betroffen sind. Das ist von der Mehrzahl der EU-Mitglieder, darunter Deutschland, durchaus beabsichtigt. Im Visier haben sie vor allem Länder wie Polen oder Ungarn, die sich wenig um europäische Werte scheren oder bei der Flüchtlingskrise wenig solidarisch gezeigt haben.

Da der Haushaltsrahmen am Ende von allen EU-Mitgliedern einstimmig beschlossen werden muss, droht nun erst mal monatelanger, wenn nicht jahrelanger, Streit. Auch das EU-Parlament muss zustimmen.

Neue Vorschläge will Oettinger auch zur Frage der sogenannten EU-Eigenmittel unterbreiten. Bislang finanziert sich die EU weitgehend aus den Beiträgen der Mitgliedsländer. Geht es nach dem Haushaltskommissar, soll die EU künftig neue Einnahmequellen bekommen. Angedacht ist beispielsweise, die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel künftig dem EU-Haushalt und nicht mehr den nationalen Budgets zuzuschlagen. Daneben will Oettinger Pläne für eine Steuer auf nicht recycelten Plastikverpackungsmüll vorstellen.

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