Hamburger Partnerwahl Schwarze Avancen, grüne Körbe

Ole von Beusts Brautwerbung "Schwarz küsst Grün" stößt auf wenig Gegenliebe: "Bloß nicht", heißt es an der grünen Basis. Dann schon eher mit der Linken kuscheln. Die Damen der Frauen-Union können sich einen politischen Seitensprung durchaus vorstellen.

Hamburg - Sie gehören zu denen, die möglicherweise das Rennen um das Hamburger Rathaus entscheiden: Die sieben Grünen von der Stadtteilgruppe Alstertal, vier Frauen, drei Männer. Das macht sie so begehrt bei den hansestädtischen Christdemokraten, auch wenn die Mitglieder der Grün-Alternativen Liste (GAL) aus Hamburgs Nordosten keinen Hehl aus ihrer Abneigung machen.

"Wir würden unsere Seele verlieren", wettert Barbara Kretzer, stellvertretende Kreisvorsitzende in Wandsbek, gegen eine Koalition mit der CDU. Lieber würde sie mit der Linken koalieren. Dennis Halenza, 23-jähriger Student, widerspricht: Nein zur Linken, aber auch Nein zur CDU. Sofort fallen den sieben Lokalpolitikern Beispiele aus ihrem Mikrokosmos ein, bei denen es mit der CDU nicht geklappt hat: Tempo 30, Altlastcontainer. Wie sollte es dann Hamburg-weit funktionieren?

Andererseits - mit wem geht es denn überhaupt? Die Linke wolle nicht in die Regierung, sagt Kretzer, auch die SPD sei "nicht das Gelbe vom Ei", und mit der CDU gebe es "höchstens auf Bundesebene Übereinstimmungen". Wobei gleichzeitig vieles auch gar nicht passt: das Menschenbild der CDU, ihr Demokratieverständnis, ihr Familienbegriff. Die sieben Grüne schaukeln sich gegenseitig hoch.

Nichts zu holen für Ole von Beust im Alstertal, aber in Altona, wo CDU und die Grün-Alternative Liste seit 2004 auf Bezirksebene koalieren, sollte die Partnerwahl umso leichter fallen. Doch bei der "Bürgersprechstunde" in der Eckkneipe "Kaderschmiede" sieht es für Schwarz-Grün nicht besser aus. Sechs Grüne warten auf Bürger, und zufällig kommt eine Frau herein - Hartz IV, radikal links, eine "vom Rand der Gesellschaft". Sie orakelt über die "Feuerspirale der Gewalt", die von der CDU ausgehe. Die Grünen malmen ihre Kiefer. Dabei teilen sie die Abneigung. Nur gepflegter.

Anna Jonas, Listenplatz 17, würde die CDU höchstens "als Mehrheitsbeschaffer" nutzen. Und ihr dann grüne Inhalte diktieren. Das ist selbstbewusst - und irgendwie auch größenwahnsinnig, bei derzeit 11 Prozent für die GAL. Ereiferten sich die rustikalen Grünen in Poppenbüttel über die CDU im Kiez, wettert man im lässigen Altona gegen die CDU auf Landesebene. Die Elbvertiefung, das Prestigeprojekt der Hamburger CDU? "Niemals mit uns", skandiert Gudrun Köncke, seit 2004 im Abgeordnetenhaus. Einzig der verkehrspolitische Sprecher der GAL Altona, Winfried Sdun, widersteht der CDU-Schelte: Auf die Christdemokraten sei doch "mehr Verlass" als auf die SPD.

Aber Köncke hält dagegen: Sich zur modernen Großstadtpartei aufspielen wollen und darum "nach den Grünen zu schielen" - und deren Inhalte zu kapern. So sehe es bei der CDU aus. War es nicht eine GAL-Idee, das Motto "Toleranz, Technik und Talente", um Hamburg für junge Kreative attraktiver zu machen? "Abgegriffen" habe es die CDU.

Genau in diese Kerbe zielt die CDU-Abgeordnete Karen Koop beim Neujahrsempfang der Hamburger Frauen-Union. Ja, die CDU könne sich tatsächlich einiges von den Grünen abschauen. Die Übereinstimmungen seien zahllos. Beim Klimaschutz und der Integration beispielsweise, ausgerechnet jenen Themen also, bei denen die Grünen in Alstertal und Altona zum verbalen Amoklauf übergingen. Man kann sich Koop mit einer Handtasche vorstellen, aus der ein grünes Schoßhündchen hervorlinst: "Wir fühlen uns", sagt sie, "den Grünen eben näher als der SPD." Auch Axel Gedaschko, CDU-Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, scheint sich für die neue Farbenlehre zu begeistern: "Kaum eine Stadt ist so grün wie Hamburg!", und rund 50 Damen, großteils jenseits der 50, jubeln ihm zu. Aber meinen sie jetzt Flora und Fauna oder die GAL?

"Ich bin Gegner", so einfach klingt die Abneigung der wirtschaftspolitischen Sprecherin der CDU im Hamburger Abgeordnetenhaus, Barbara Ahrons. Zu sehr verliere die CDU ihr Gesicht, wo sie, wie in Altona, bereits mit der GAL koaliert. Die Politik würde "in Richtung GAL abdriften", sagt sie, sichtlich gequält. "Fruchtbringend" sei Schwarz-Grün, widerspricht da Hiltrud Modest. "Bildung, Umwelt, Inneres" - die Widersprüche zwischen den Parteien findet sie "reizvoll".

Brautschau mit ungewissen Aussichten. Doch in Blankenese, Hamburgs schickem Elbvorort, soll es schon heute manch schwarz-grüne Ehe geben - sagt der Grüne Winfried Sdun. "Der Mann wählt CDU, die Frau kauft Bio."

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