Hamburger Taiba-Moschee geschlossen Hassprediger ohne Heimat

Hamburger Taiba-Moschee geschlossen: Hassprediger ohne Heimat
Foto: Bodo Marks/ dpaHamburg - Schon der Name dieser Moschee ist eine große Übertreibung: Masdschid Taiba bedeutet "schöne Moschee". Dabei ist das Gebetshaus alles andere als schön. Es befindet sich in einem schmucklosen Gebäude am Steindamm, der Eingang liegt neben einem Fitnessstudio. Um zu den Gebetsräumen zu gelangen, muss man hinein in ein schlecht beleuchtetes Treppenhaus und eine Steintreppe hochsteigen. Der Teppich auf dem Fußboden des Gebetsraums ist abgewetzt, im Winter läuft Kondenswasser die Scheiben hinunter, weil die Fenster schlecht isoliert sind.
Trotzdem strömten zum Freitagsgebet jede Woche bis zu 250 Muslime in die Moschee, Marokkaner, Bosnier, Russen, auch viele Deutsche. Unter ihnen waren auch ältere Besucher, die meisten aber waren junge Männer. Viele von ihnen waren zum Islam konvertiert oder hatten sich nach jahrelanger Abwendung der Religion neu zugewandt - und zwar oft in radikaler Form.
Am frühen Montagmorgen schritt die Hamburger Polizei ein: Gegen 6 Uhr durchsuchten Beamte und Zivilfahnder nach Angaben der Innenbehörde die Räume der Taiba-Moschee, den dazugehörigen arabisch-deutschen Trägerverein sowie Wohnungen von Vereinsmitgliedern. Die Moschee im Stadtteil St. Georg wurde mit sofortiger Wirkung geschlossen, der Verein verboten, Vermögen und Unterlagen des Vereins beschlagnahmt.
"Dem Spuk ein Ende bereitet"
Bis zuletzt sei die Moschee ein "Hauptanziehungspunkt der dschihadistischen Szene" gewesen, jetzt habe man "dem Spuk endlich ein Ende" gesetzt, begründete Hamburgs Innensenator (CDU) am Montag die Aktion.
Dem Taiba-Verein wird vorgeworfen, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstoßen zu haben. In Predigten, Schulungen, Seminaren und im Internet habe die Organisation über Jahre "eine demokratiefeindliche Ideologie verbreitet", sagte Ahlhaus.
In der Tat nahm die Moschee für sich in Anspruch, den ursprünglichen und damit einzig wahren Islam zu vertreten, unverfälscht von den Verführungen der Moderne. Deshalb hatten viele Besucher auch gar nichts dagegen, als Islamisten und Fundamentalisten beschimpft zu werden. Schließlich würden hier doch die Fundamente des Islam gelehrt, machten sie stets geltend.
Terror-Sympathisanten unter den regelmäßigen Besuchern
Viele von ihnen sind der Überzeugung, dass die meisten islamischen Länder von Tyrannen beherrscht werden. Einzig ein Kalifat, wie es auch die Taliban vor dem Krieg in Afghanistan errichtet hatten, sei die wahre islamische Form der Regierung. Der "islamische Widerstand" in Afghanistan - auch gegen deutsche Soldaten - wurde von nicht wenigen Besuchern gutgeheißen.
Unter Muslimen in ganz Deutschland ist die Moschee bekannt und auch berüchtigt. Schon seit Monaten ermittelt auch die Bundesanwaltschaft gegen eine Gruppe junger Männer in der Moschee wegen der Bildung und der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland.
Jedem Muslim musste klar sein, dass er von den Behörden genau beobachtet würde, sobald er die Moschee betrat. Für den Hamburger Verfassungsschutz war die Moschee deshalb gar nicht so unpraktisch: Hier hatte man praktisch alle Islamisten der Stadt auf einem Fleck versammelt. Auch deshalb war Manfred Murck, Vizechef des Hamburger Verfassungsschutzes am Montag bei der Pressekonferenz nicht restlos begeistert vom Verbot des Moscheevereins.
Eine Moschee mit düsterer Vorgeschichte
Die Moschee stand schon unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 unter besonderer Beobachtung der Verfassungsschützer, weil einige der Todespiloten, unter anderem Mohammed Atta, hier zu Gast waren.
Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU)
Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Aufmerksamkeit der Ermittler: Ihren Erkenntnissen zufolge reiste von dort aus eine Gruppe von zehn Hamburger Dschihadisten ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet - offenbar um sich in Trainingscamps von Extremisten ausbilden zu lassen. Einer von ihnen, der Iraner Shahab D., schloss sich dort der an und rief unter dem Namen Abu Askar in einem Video deutsche Muslime zu bewaffnetem Kampf auf.
Das Verbotsverfahren gegen den Taiba-Verein zog sich über Monate hin. Am 30. Juli erteilte das Hamburger Oberverwaltungsgericht einen entsprechenden Bescheid, er wurde der Innenbehörde am 3. August zugestellt. Die Moschee sei nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein "symbolischer Ort für Dschihadisten" gewesen, sagte Manfred Murck am Montag. Sie habe zudem bis zuletzt "immer wieder als Radikalisierungszentrum gedient".
Gut vernetzte Dschihadisten-Szene
Dem Verfassungsschutz zufolge gibt es in Hamburg rund 45 Dschihadisten. Die Szene sei gut vernetzt und pflege unter anderem Kontakte zu Glaubensbrüdern in Frankfurt, Berlin, Bonn und Bielefeld. Bei den radikalen Islamisten in der Hansestadt sei ein deutlicher Wille zu spüren, einen Beitrag zum bewaffneten Dschihad zu leisten. "Man möchte schon Held werden", sagte Murck. Es gebe derzeit aber keine konkreten Hinweise für Anschlagspläne.
Der Taiba-Verein hat den Behördenangaben zufolge zwischen 20 und 30 Mitglieder, zu den Freitagsgebeten der Moschee kamen demnach zwischen 200 und 250 Gläubige. Die Freitagsgebete wurden zumindest gelegentlich von Mamoun Darkazanli gesprochen. Er ist schon lange im Visier von Verfassungsschützern. Der deutsch-syrische Kaufmann wird dem Dunstkreis der Todespiloten vom 11. September 2001 zugerechnet. Gegen ihn wurde nach den Anschlägen in New York und Washington ermittelt. Es ergab sich aber kein ausreichender Tatverdacht dafür, dass er in Deutschland Unterstützung für das Terrornetzwerk al-Qaida geleistet hatte. Die EU führt Darkazanli auf ihrer Terrorliste. Er darf kein Konto eröffnen und keine Firma betreiben. Lothar Bergmann, Abteilungsleiter für Öffentliche Sicherheit in der Hamburger Innenbehörde, nannte Darkazanli am Montag "einen Hassprediger".
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