Politische Debatte nach Anschlag von Hanau "AfD-Funktionäre haben im öffentlichen Dienst nichts zu suchen"

Nach dem Anschlag von Hanau gerät die AfD wegen ihrer Polemik zunehmend unter Druck. Politiker mehrerer Parteien stellen offen in Frage, ob AfD-Funktionäre im Staatsdienst tätig sein sollten.
Anti-AfD-Schild vor Brandenburger Tor am 20. Februar bei Mahnwache für Hanau

Anti-AfD-Schild vor Brandenburger Tor am 20. Februar bei Mahnwache für Hanau

Foto: Sonja Wurtscheid/ dpa

Nach dem mutmaßlich rassistisch motivierten Anschlag in Hanau fordern Politiker von CDU, SPD und FDP weitergehende Konsequenzen - etwa keine AfD-Funktionäre im Staatsdienst zu dulden. "AfD-Funktionäre haben im öffentlichen Dienst nichts zu suchen", sagte der Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Ralf Stegner dem "Handelsblatt". Wer der Partei angehöre, identifiziere sich mit einer völkischen, nationalistischen, rechtsextremen Politik, die mit ihrer rassistischen Hetze "maßgebliche Mitverantwortung für den Rechtsterrorismus in Deutschland" trage, sagte Stegner.

"Mit dieser demokratiefeindlichen Grundhaltung kann man nicht gleichzeitig im öffentlichen Dienst und damit in einem besonderen Treue- und Loyalitätsverhältnis für einen Staat tätig sein, zu dessen Grundwerten die Menschenwürde, Meinungs- und Religionsfreiheit, Pressefreiheit und das Gleichheitsgebot, Rechtsstaatsgebot und das Gewaltmonopol des Staates gehören."

Ein 43-Jähriger hatte am Mittwochabend im hessischen Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Der Sportschütze tötete auch seine 72 Jahre alte Mutter und dann sich selbst. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Täter eine rassistische Gesinnung und war psychisch krank.

Die Bluttat hat zunächst nichts mit der AfD zu tun. Beobachtern zufolge hat die Partei aber dafür gesorgt, dass rechtsextreme und völkische Gedanken wieder salonfähig geworden sind. Lesen Sie hier den aktuellen SPIEGEL-Leitartikel "Das Staatsversagen" .

DER SPIEGEL 9/2020

Deutscher Winter

Wenn aus rechtem Hass Terror wird

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So häufen sich die (vermutlich) rassistisch motvierten Taten in Deutschland mit teilweise tödlichem Ausgang: Hanau, der Anschlagsversuch auf eine Synagoge in Halle, der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.

Wenige Tage vor dem Anschlag in Hanau hob der Generalbundesanwalt eine mutmaßlich rechtsterroristische Bande aus. Darunter war auch Thorsten W., dessen beruflicher Hintergrund heikel ist. Er war bis zu seiner Festnahme als Verwaltungsmitarbeiter im Polizeipräsidium Hamm beschäftigt, zuletzt im Verkehrskommissariat. Er soll sich bereit erklärt haben, der rechtsextremen Truppe 5000 Euro zu geben, wenn nötig auch mehr. Mehr dazu lesen Sie in der SPIEGEL-Titelgeschichte .

Bekenntnis zur Demokratie

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg sagte nach dem Anschlag von Hanau dem "Handelsblatt" , gerade vom öffentlichen Dienst erwarte man ein klares Bekenntnis zur Demokratie hierzulande. Ein Mitschwimmen bei der AfD gehe da nach seiner Meinung nicht.

Ähnlich äußerte sich der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle. "Man kann nicht im Öffentlichen Dienst sein und gleichzeitig die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen."

"Das Problem ist, dass die AfD keine Grenze zieht"

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der Zeitung, in der AfD seien auch Menschen, die 30 Jahre in der CDU waren. Das seien nicht plötzlich alle Nazis. "Aber gerade diese Mitglieder sollten erkennen: Das Problem ist, dass die AfD keine Grenze zieht. Sie ist offen ins Rechtsextreme", sagte er.

yes/dpa
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