Streit in der Union Ex-Minister Friedrich zerpflückt Merkels Wirtschaftspolitik

Unions-Fraktionsvize Friedrich (CSU): "Am Ende ist es ein reiner Zufall, wo der Bürger sein Kreuz macht"
Foto: TOBIAS SCHWARZ/ REUTERSHamburg/Berlin - Der stellvertretende Chef der Unionsbundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich (CSU), hat Kanzlerin Angela Merkel für ihre Wirtschaftspolitik in der Großen Koalition scharf angegriffen. "Wenn wir immer nur in der Mitte zusammen mit SPD und Grünen um Wähler werben, ist es am Ende reiner Zufall, wo der Bürger sein Kreuz macht. Die Union braucht endlich wieder ein klares Profil", sagte Friedrich dem SPIEGEL. Stattdessen versuche Merkel, "im Mainstream der stimmungsabhängigen Meinungsumfragen mitzuschwimmen". (Lesen Sie das ganze Interview hier im aktuellen SPIEGEL).
Eine Kurskorrektur forderte Friedrich vor allem in der Wirtschaftspolitik. "Schutz des Eigentums statt staatlicher Eingriffe zum Beispiel durch Mietpreisvorgaben oder Frauenquoten. Wertschätzung von Leistung statt Anrechnung von Arbeitslosenzeiten auf die Rente mit 63 zulasten der Beitragszahler. Schluss mit Kostenbelastungen für unsere Mittelständler, angefangen von der Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz bis hin zu sinnloser Bürokratie, die in der neu eingeführten staatlichen Mindestlohnüberwachung gipfelt", zählte der Christsoziale auf.
Der Ruf nach mehr wirtschaftspolitischen Profil der Union in der Großen Koalition wird schon seit einiger Zeit immer lauter. Wichtige Projekte wie die Rente mit 63, der Mindestlohn und die Frauenquote gelten den Unions-Orthodoxen als Zumutung.
Bereits im Sommer hatte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs im SPIEGEL deshalb mehr Führungsstärke der Kanzlerin eingefordert. "Helmut Kohl hat sich 1983 hingestellt und den Nato-Doppelbeschluss durchgesetzt, obwohl das unpopulär war. Diesen Mut vermisse ich heute in der Politik, manches Mal auch bei der Kanzlerin."
Friedrich, der wie Fuchs ebenfalls dem obersten Führungsgremium der Unionsfraktion im Bundestag angehört, stößt nun in dieselbe Kerbe, allerdings noch heftiger. Er gibt der Regierungschefin und ihrem Mitte-Kurs im SPIEGEL auch eine Mitschuld für das Erstarken der Protestbewegung Pegida und insbesondere der Konkurrenzpartei AfD.
Friedrich war 2011 bis Mitte Dezember 2013 Bundesinnenminister. Danach war er im Kabinett von Kanzlerin Merkel von Mitte Dezember vergangenen Jahres Bundesagrarminister - allerdings musste er nach nur zwei Monaten im Februar im Zuge der Edathy-Affäre zurücktreten. Friedrich kümmert sich jetzt als Fraktionsvize vor allem um die Europa- und Wirtschaftspolitik.