Hartz-IV-Korrekturen Von der Leyen attackiert SPD

Arbeitsministerin von der Leyen: "So kann moderne Arbeitsmarktpolitik nicht aussehen"
Foto: Federico Gambarini/ dpaBerlin - Für die SPD soll das Papier den Weg in eine erfolgreiche Zukunft ebnen. Mit ihren Vorschlägen zu Korrekturen bei Hartz IV wollen die geschwächten Sozialdemokraten enttäuschte Wähler zurückholen. Doch kaum sind die Pläne auf dem Tisch, hagelt es aus der Bundesregierung Kritik. Bundesarbeitsministerin nannte das SPD-Papier enttäuschend.
"So kann eine moderne Arbeitsmarktpolitik nicht aussehen, die Antwort auf die Zukunft geben soll", sagte die CDU-Politikerin im ARD-"Morgenmagazin". Die Politik müsse aufzeigen, wie die Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit herauskämen und nicht, wie sie möglichst komfortabel dort drin blieben, forderte von der Leyen. Die Vermittlung müsse schneller, effizienter und genauer sein.
"Der differenzierte Blick ist das entscheidende für eine moderne Arbeitsmarktpolitik und nicht der Blick zurück", hielt die Ministerin der vor. Deren Konzept enthalte Vorschläge, die heute schon Gesetz seien. Etwa dass diejenigen, die sich weiterbilden, länger Arbeitslosengeld beziehen können. Auch der CSU-Sozialexperte Max Straubinger kritisierte im Deutschlandradio Kultur, einige der Vorschläge seien bereits umgesetzt. So gebe es schon den Beschluss, das Schonvermögen bei älteren Arbeitslosen von 250 Euro je Lebensjahr auf 750 Euro anzuheben.
Linkspartei fordert personellen Wechsel
Die Linkspartei forderte von der SPD nicht nur inhaltliche Änderungen, sondern auch personelle Konsequenzen. Eine veränderte Politik mit den Verantwortlichen für die Hartz-IV-Reform wie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier oder dem früheren Generalsekretär Olaf Scholz sei nicht glaubwürdig, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, der "Berliner Zeitung" vom Dienstag.
Scholz sei "genau der Mann, der 2004 als Generalsekretär mich und andere WASG-Gründer aus der SPD geworfen hat, gerade wegen unserer Kritik an den Hartz-Gesetzen", kritisierte Ernst. Jetzt aber gebe er den Kritikern nachträglich Recht.
Einige Ideen der SPD stoßen nicht nur bei den anderen Parteien auf Widerstand, sondern auch bei den Sozialdemokraten selbst. So lehnt der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Garrelt Duin, den Plan ab, künftig komplett auf die Vermögensprüfung bei Hartz-IV-Empfängern zu verzichten. "Ein vollständiger Wegfall der Vermögensprüfung widerspricht dem Grundsatz, dass nur der die Solidarität der Steuerzahler genießen kann, der dieser Hilfe auch tatsächlich bedarf", sagte Duin der "Rheinischen Post".
Mehr als deutlich fiel die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu diesem Vorschlag aus: "Das wäre der absolute Irrsinn", sagte Merkel nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion. Denn wenn auf eine Vermögensprüfung verzichtet werde, könnten "Besitzer von sieben, acht Häusern Hartz IV beantragen".
Auch das Erwerbslosen Forum Deutschland kritisierte, dass ohne Vermögensprüfung auch Leute wie Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann theoretisch beantragen könnten. Die Vorschläge seien eine "reine Showveranstaltung", die den Bedürftigen nicht helfen würden. "Die SPD bewegt sich abermals nicht und hält an Hartz IV fest", erklärte das Erwerbslosen Forum.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubertus Heil dagegen verteidigte den Vorschlag. "Tatsache ist, dass viele Menschen, die Arbeitslosengeld II bekommen, in der Regel gar keine Riesenvermögen haben", sagte er im Bayerischen Rundfunk. "Lasst die Überprüferei und lasst den Leuten ihre Lebensleistung."
Wohlfahrtsverband lobt Modell des "sozialen Arbeitsmarkts"
Für das Konzept eines "sozialen Arbeitsmarkts" bekam die SPD Lob vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Dessen Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider begrüßte die Idee, 200.000 Beschäftigungsverhältnisse im gemeinnützigen Bereich zu schaffen und dafür drei Milliarden Euro aus Steuermitteln einzusetzen.
"Ich finde das sehr mutig, und ich finde es auch sehr vernünftig", sagte er bei WDR 2. Bestimmte Gruppen hätten kaum Chance auf eine Vollbeschäftigung. Auch für diese Menschen müsse man etwas tun, konstatierte Schneider.
Sieben Jahre nach Verkündung der Reform-"Agenda 2010" hatte die SPD-Führung am Montag ein Konzept vorgelegt, um die Hartz-Reformen teilweise rückgängig zu machen. Das Papier sieht etwa vor, das zwölf Monate länger als bisher zu zahlen, wenn Erwerbssuchende sich beruflich weiterqualifizieren.
Beim Übergang vom Arbeitslosengeld I zum Arbeitslosengeld II soll es für Menschen, die vorher gearbeitet haben, mehr Geld geben. Leih- und Zeitarbeit sollen zeitlich befristet und ein Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt werden.