Hausmitteilung China, Jina Mahsa Amini, Naturgipfel, SPIEGEL CHRONIK
Titel
Hunderte Male ist Chinakorrespondent Christoph Giesen (o.) diese Straße im Pekinger Diplomatenviertel entlanggegangen, um seinen Sohn vom Kindergarten abzuholen. Am vergangenen Sonntag erlebte er dort etwas, das er sich nie hätte träumen lassen: eine Demonstration, die friedlich, aber inbrünstig die chinesische Führung herausforderte.
»Tausende Chinesinnen und Chinesen im ganzen Land haben den Mut gefasst, gegen die brutalen Folgen der Null-Covid-Politik zu protestieren«, sagt Giesen. Sein Kollege Georg Fahrion sprach für die Titelgeschichte in Shanghai mit jungen Leuten, die ebenfalls gegen die Lockdowns auf die Straße gegangen waren. »Einige von ihnen haben erst im Nachhinein begriffen, was da eigentlich passierte«, sagt Fahrion, »für ihre Generation waren es schließlich die ersten Proteste.«
China: Mit einer rabiaten Null-Covid-Politik hat sich Peking in eine Sackgasse manövriert. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten fordern Protestierende in Chinas Städten offen den Rücktritt ihrer Regierung. Wie werden die Kommunistische Partei und ihr allmächtiger Anführer Xi Jinping darauf reagieren?
Jina Mahsa Amini
Am 13. September verhaftete die Sittenpolizei in Teheran eine junge Frau, weil sie angeblich »unislamisch« gekleidet war. Wenige Tage später starb sie. Der Tod von Jina Mahsa Amini löste die größten Proteste gegen das islamistische Regime seit Jahrzehnten aus.
Doch wer war die Frau, die zum Gesicht des Widerstands wurde? Dieser Frage ging der SPIEGEL in einer wochenlangen Recherche nach. Reporterin Dialika Neufeld konnte Aminis Cousin Diako Aili in Norwegen treffen und auch mit Aminis Tante Aliya Aili sprechen, die Amini noch im Sommer in ihrer kurdischen Heimatstadt Saghes besucht hatte. In Kooperation mit der »Deutschen Welle Farsi« gelang es außerdem, Aminis Vater und Großvater zu befragen, die in Iran leben.

Die Erinnerungen ihrer Angehörigen und die Spuren, die Amini in den sozialen Netzwerken hinterließ, zeichnen das Bild einer Frau, die gern tanzte, reiste, sich für Mode begeisterte – und kurz davor stand, sich ihren Traum vom Studium zu erfüllen. Aminis Tante zeigte Neufeld am Ende des Gesprächs ein Foto der großen Solidaritätsdemonstration Ende Oktober in Berlin: »Sie wirkte überwältigt vom Tod ihrer Nichte«, so Neufeld, »aber auch von dem Beben, das er in Iran und der Welt ausgelöst hat.«
Jina Mahsa Amini: Wer war die Frau, die zum Gesicht des iranischen Widerstands wurde?
Naturgipfel
Der Fall ging um die Welt: Anfang Juni wurden im Amazonas-Regenwald Brasiliens der britische Journalist Dom Philipps und der Indigenenforscher Bruno Pereira ermordet, mutmaßlich, weil sie sich für den Schutz des Regenwalds eingesetzt hatten. Redakteur Philip Bethge (r.) recherchierte zur selben Zeit im nahen Peru. Auch dort rücken Holzfäller, Goldwäscher und Drogenhändler auf die letzten intakten Waldgebiete vor, bisweilen mit Gewalt. »Die Reise führte in ein Naturparadies, aber die Vorsicht fuhr immer mit«, sagt Bethge, der von Hauke Hoops von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt begleitet wurde.

Anlass für die Recherche war der Uno-Naturgipfel, der am 7. Dezember im kanadischen Montreal beginnt. Große Hoffnungen ruhen auf dem Treffen, das für den Naturschutz ähnlich bedeutsam ist wie die Klimakonferenzen für den Schutz der Atmosphäre. Der SPIEGEL begleitet die Verhandlungen mit einer dreiteiligen Serie. In Teil eins geht Bethge in diesem Heft der Frage nach, wie große Wildnisgebiete gerettet werden können.
Wer stoppt das Artensterben? Der Mensch zerstört die biologische Vielfalt der Welt. Der Uno-Naturgipfel in Kanada soll diese Ökokrise lindern. Experten fordern, ein Drittel der Erde unter Schutz zu stellen. Kann das gelingen?
SPIEGEL CHRONIK 2022
Bei der SPIEGEL CHRONIK erledigte dieses Mal noch mehr als sonst die Weltgeschichte die Heftplanung: Energie- und Klimakrise, Inflation und Pandemie, Chaos in Großbritannien und Aufstand in Iran, der Tod der Queen und vor allem Russlands Überfall auf die Ukraine. Die Redakteure Malte Müller-Michaelis und Konstantin von Hammerstein mussten sich bei der Heftkonzeption deshalb nicht lange fragen, wie sie die 180 Seiten füllen. Die SPIEGEL CHRONIK 2022 erscheint am 6. Dezember.