
SPD-Justizminister Maas: Mal wieder ein Saarländer
SPD-Hoffnungsträger Maas Kanzlerkandidat der Reserve
Die SPD und die Saarländer - das ist so eine Sache. Oskar Lafontaine tut seit Jahren alles dafür, damit seine alte Partei nicht wieder auf die Beine kommt. Weder im Bund noch im Saarland. Darunter hat vor allem Heiko Maas gelitten, einst von Lafontaine gefördert: Dreimal wollte er saarländischer Ministerpräsident in der Nach-Oskar-Ära werden, dreimal scheiterte er.
Maas war als Versager abgestempelt. Dann kam ein Anruf aus Berlin.
Zwei Jahre später gilt der Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz als Aushängeschild der SPD. Politische Karrieren nehmen mitunter eigenartige Wege. Maas, 49, ist vom blassen Landespolitiker zum Hoffnungsträger der Sozialdemokraten geworden. Die Kanzlerin schätzt ihn, der politische Gegner respektiert ihn, der eigene Parteichef kriegt sich gar nicht mehr ein vor Lob.
Wer Maas noch aus dem Saarland kennt, zweifelt mitunter, ob es sich dabei um den gleichen Mann handelt. "Er ist in Saarbrücken nicht durch große Themen aufgefallen", sagt Grünen-Chefin Simone Peter, die gemeinsam mit Maas Landespolitik machte.
Über den neuen Maas schrieb die "FAS" hingegen: "Es gibt praktisch keine Nachrichtensendung ohne ihn." Das "Handelsblatt" nennt ihn den "Umtriebigen". Ein Thema nach dem anderen besetzt der Minister oder produziert gleich Gesetze dazu, darunter in der eigenen Partei besonders populäre wie Frauenquote, Mietpreisbremse oder Maklerrecht. Zuletzt legte sich Maas öffentlichkeitswirksam mit Facebook an.
In der Flüchtlingskrise steht er als Justizminister ebenfalls im Fokus, den Regierungskompromiss der vergangenen Woche bereitete Maas gemeinsam mit einer Handvoll Koalitionspolitiker vor. Auch hier scheut er keinen Konflikt: Nach dem Lawinen-Vergleich von Finanzminister Wolfgang Schäuble warf Maas dem Kabinettskollegen verbale Brandstiftung vor.
Maas hat mit Pegida sein Thema gefunden
Und natürlich Pegida. So früh und energisch wie kein anderer SPD-Spitzenpolitiker äußerte sich Maas im vergangenen Spätherbst zu den Islamkritikern. Seitdem ist er einer der Lieblingsfeinde der Bewegung: Zuletzt verglich Pegida-Anführer Lutz Bachmann den Sozialdemokraten mit Hitlers Chef-Propagandisten Joseph Goebbels und erzeugte damit neue Schlagzeilen für Maas. Ohne Pegida wäre Maas heute wohl nicht unter den bekanntesten Ministern der Bundesregierung. Und nicht so beliebt in der SPD.
Maas ist ein drahtiger Mann von nur 1,75 Meter. Feine Züge, elegante Brille, schmal geschnittene Anzüge. Wer ihn trifft, erlebt einen sanften, nachdenklichen Menschen. Man könnte sich den Sozialdemokraten gut als Fechter vorstellen, doch er macht Triathlon : Laufen, Radfahren, Schwimmen. Das erfordert besonders viel Disziplin im politischen Betrieb, Minister-Terminkalender sind voll - und der Minister hat auch eine Frau und zwei Söhne, die nahe Berlin leben.
Aber er brauche das, sagt Maas. Vielleicht wäre er sonst gar nicht mehr in der Politik. "Die Fähigkeit, immer wieder aufzustehen und Rückschläge wegzustecken, lernt man auf jeden Fall beim Sport", sagte er in einem "Bunte"-Interview. Offenbar hat Maas etwas gelernt aus den zahlreichen politischen Rückschlägen.
Nett war er schon immer. Aber klare Kante, das kannte man vom alten Heiko Maas kaum. Neulich saß er bei Günther Jauch neben dem Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke, einem besonders populistischen und aggressiven Vertreter dieser Partei. Maas blieb ruhig, ließ sich nicht provozieren. Aber dass er die Höckes und Co. "widerlich" findet, das blieb nach der Sendung hängen. Und auch der Rauswurf von Generalbundesanwalt Harald Range im Sommer, der sich in der Landesverratsaffäre um "netzpolitik.org" gegen den Minister gestellt hatte, zeigte die neue Seite des Saarländers.
Der "Anti-Alpha-Politiker" kommt gut an
"Maas zum Justizminister gemacht zu haben, war eine der besten Entscheidungen Gabriels", heißt es aus dem Umfeld des SPD-Chefs. Man wird wenige Sozialdemokraten finden, die das anders sehen. Maas genießt Sympathien wie kaum ein Spitzen-Genosse. Die "Zeit" nannte ihn einen "Anti-Alpha-Politiker" - vielleicht gerade deshalb. Mit Sigmar Gabriel hat die SPD bereits einen Zampano und reibt sich ständig an ihm, umso besser kommt einer wie Maas an. Auch in der Bevölkerung.
Wenn man den Saarländer auf seine Ambitionen anspricht, sagt er: "Ich freue mich, dass mich die SPD im Saarland gerade wieder zum Landesvorsitzenden gewählt hat." Und ansonsten gelte: "Meine Arbeit als Minister gibt mir sehr viel Raum. Rechtspolitik ist für mich auch Gesellschaftspolitik." Maas weiß, wie in der Partei über ihn geredet wird. Manche sehen ihn ja sogar schon als möglichen Kanzlerkandidaten. Zuletzt wurde gemunkelt, der Parteichef wolle Maas zu einem seiner Stellvertreter wählen lassen. Daraus wird erst mal nichts.
Und dabei ist man dann bei der entscheidenden Frage: Hat Maas das Zeug für die ganz große Karriere? Dafür reicht es nicht, beliebt in der Partei zu sein. Man muss sich auch mal gegen jemanden durchsetzen. Beispielsweise als SPD-Vize. Man braucht starke Netzwerke wie Arbeitsministerin und Ex-Generalsekretärin Andrea Nahles. Und am besten auch Erfahrungen in Partei, Fraktion und Regierung wie Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz.
Ansonsten käme Maas für die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl für jede Funktion innerhalb der SPD in Frage. Die Rechnung bei den Genossen geht ja so: Gabriel tritt 2017 als Kanzlerkandidat an - aber sollte er dabei krachend scheitern, dürften andere ran. Nahles, Scholz und auch Maas wären dann im Spiel.
Wenn er den Mumm dazu hat. Bei der letzten SPD-Machtprobe hat Maas nachgegeben: Als Vizekanzler Gabriel beim Thema Vorratsdatenspeicherung aus Koalitionsräson den Justizminister zum Umfallen nötigte, purzelte dieser bereitwillig - und besorgte seinem Vorsitzenden sogar noch die nötige Mehrheit in der parteiinternen Abstimmung.
Danach setzte sich Maas aufs Rad und fuhr 90 Kilometer, "um den Stress und Ärger loszuwerden". Mal sehen, was er aus dieser Episode gelernt hat. Von seinem Förderer Lafontaine hat sich Maas auch irgendwann emanzipiert.