Trotz "Tornados" über Syrien
Koalitionspolitiker sehen keine höhere Terrorgefahr
Deutschland zieht in den Kampf gegen den "Islamischen Staat" - steigt dadurch das Terrorrisiko im Land? Politiker von CDU und SPD beschwichtigen, skeptisch äußert sich die Linkspartei.
Inspektion eines "Tornados": Alle Vorkehrungen sind getroffen
Foto: RUBEN SPRICH/ REUTERS
Die Sorge vor einem Terroranschlag in Deutschland ist bereits groß - wächst die Gefahr nun noch durch die deutsche Beteiligung am Anti-Terror-Kampf? CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte beschwichtigt: Durch den Einsatz deutscher "Tornados" im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) werde die Gefahr nicht steigen. "Ganz im Gegenteil, es geht darum, die Strukturen anzugehen, von wo aus der Einsatz für solche Terrorangriffe kommt", sagte Otte im RBB-Inforadio. Vielmehr führe Passivität zu einem höheren Risiko.
Gefahren für die eingesetzten Bundeswehrsoldaten seien bedacht. "Es gelten Vorsichtsmaßnahmen, es ist ein feinabgestimmter Einsatz, alle Vorkehrungen sind getroffen", sagte Otte.
Die Bundesregierung hatte am Donnerstag bekannt gegeben, dass sie für den Kampf gegen den IS unter anderem Aufklärungsflugzeuge und eine Fregatte zur Verfügung stellen wird.
Die Deutschen sind einer Umfrage zufolge uneinig in der Frage einer Beteiligung Deutschlands an Militäreinsätzen gegen den IS. Dafür sprechen sich laut ZDF-"Politbarometer" 47 Prozent der Befragten aus, dagegen sind 46 Prozent. Drei Viertel (74 Prozent) der Deutschen fürchten demnach, dass es in nächster Zeit auch in Deutschland zu Anschlägen kommt. Die Umfrage hatte allerdings bereits vor der offiziellen Bekanntgabe der Bundeswehrbeteiligung stattgefunden. Die Forschungsgruppe Wahlen befragte von Dienstag bis Donnerstag 1246 Wahlberechtigte.
"Ein Sieg der Diplomatie"
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen rechtfertigte das deutsche Engagement. Es sei die bittere Erfahrung der vergangenen Monate, "dass, wenn wir weiter untereinander nicht einig sind, dass dann nur der IS davon profitiert", sagte sie am Donnerstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Es sei "ein Sieg der Diplomatie", dass nun alle zusammen am Verhandlungstisch säßen, fügte die Ministerin hinzu.
Auf die Frage, ob Deutschland jetzt erst recht Ziel terroristischer Anschläge werden könnte, antwortete sie: "Die bittere Wahrheit ist, dass der IS unmissverständlich ja bereits klar gemacht hat, dass auch Deutschland in seinem Fadenkreuz steht." Deshalb dürfe sich Deutschland "auch keiner Illusion hingeben".
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sieht ebenfalls keine zusätzliche Terrorgefahr. "Wir sind völlig unabhängig von diesem militärischen Beitrag im Konflikt mit dem 'Islamischen Staat' gefährdet. Deshalb hat dies keinen Einfluss auf die Gefährdungslage", sagte er. Deutschland sei schon heute im Fadenkreuz von Terroristen.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, warf der Bundesregierung vor, nur zögerlich auf die IS-Existenz reagiert zu haben: Ein deutsches "diplomatisches Engagement hätte schon vor Jahren und nicht erst nach den Anschlägen von Paris beginnen müssen", sagte er den "Stuttgarter Nachrichten".
Kritik von der Linkspartei
Kritik an dem geplanten Militäreinsatz kam von der Linkspartei, die von einem Tabubruch sprach. "Dass Deutschland jetzt seinerseits in diese militärische Eskalation einsteigen will, wird den Konflikt nicht eindämmen und die Dynamik in der Entwicklung des militanten Islamismus nicht stoppen", hieß es. "Im Gegenteil, Deutschland rückt dadurch stärker in den Fokus dieser Gewalttäter."
Auch der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter sieht dieses Risiko. "Die Gefahr ist natürlich, dass der IS uns zeigen wird, dass ihm das nicht gefällt." Die Entscheidung für den Einsatz bedeute daher, dass mehr für die innere Sicherheit getan werden müsse.