»Geschmacklos und völlig unangemessen« Massive Kritik an Hessen-SPD wegen Lübcke-Tweet

Das Haus von Walter Lübcke nach dem Mord
Foto: Swen Pförtner / dpaEin Beitrag der hessischen SPD in den sozialen Medien hat für Empörung gesorgt. Mit Blick auf den Landtagsuntersuchungsausschuss zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hatte die SPD am Donnerstag unter dem Titel »Mehr als fünfzehn Jahre des innenpolitischen Versagens« eine schwarz-weiße Collage mit den Fotos hessischer CDU-Politiker verbreitet. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Mario Czaja, kritisierte auf Twitter: »Die Aktion macht nicht nur uns betroffen und traurig. Diesen Stil haben Walter Lübcke und seine Familienangehörigen nicht verdient.«
Die Aktion macht nicht nur uns betroffen und traurig. Diesen Stil haben Walter Lübcke und seine Familienangehörigen nicht verdient.#Fassungslos pic.twitter.com/Wi70Td46Wc
— Mario Czaja (@MarioCzaja) January 6, 2023
Am Freitagabend war der umstrittene Beitrag auf dem Twitteraccount der Hessen-SPD nicht mehr verfügbar.
Mehrere Bundestagsabgeordnete der Union äußerten sich empört. Dies sei der »dreckigste Wahlkampf, den Demokraten je gemacht haben«, schrieb etwa CDU-Bundesvorstandsmitglied Serap Güler. Aber auch außerhalb der CDU gab es Kritik: Konstantin von Notz, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag, sprach von einer »völligen politischen Entgleisung«.
Das ist in Aufmachung , Inhalt und Form eine völlige politische Entgleisung. Kritische Aufarbeitung ist wichtig und zwingend, aber so stumpfe WahlkampfPolemik verbietet sich, wenn ein Kollege von Nazis ermordet wurde. Löschen und in aller Form entschuldigen wäre gut. https://t.co/NIe75Ls6ey
— Konstantin v. Notz (@KonstantinNotz) January 6, 2023
In ihrem Posting hatte die Hessen-SPD gefragt: »Hätte der Mord an Dr. Walter Lübcke verhindert werden können? Die verantwortlichen Innenminister Bouffier, Rhein und Beuth waren offensichtlich mit der politischen Führung des LfV überfordert.« LfV steht für Landesamt für Verfassungsschutz. Die Collage zeigt unter anderem den früheren hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier, den amtierenden Regierungschef Boris Rhein und Hessens Innenminister Peter Beuth (alle CDU).
Der Obmann der hessischen CDU-Landtagsfraktion im Lübcke-Untersuchungsausschuss, Holger Bellino, nannte den Social-Media-Post »geschmacklos und völlig unangemessen«.
Die hessische SPD-Fraktion wies die Kritik indes entschieden zurück: »Politik lebt vom Diskurs, Social Media ebenso. Dass die CDU nun aber versucht, ihre Verfehlungen zu unseren zu machen, ist an Absurdität nicht zu überbieten«, sagte der Fraktionsvorsitzende Günter Rudolph. »Das Wahlkampfgetöse der CDU schlägt hier fehl, und jegliche Fehldeutung des Tweets ist unredlich.« In Hessen wird im Herbst der Landtag neu gewählt.
Der CDU-Politiker Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses im Kreis Kassel von dem Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen worden. Der Landtagsuntersuchungsausschuss wurde 2020 eingerichtet, um die Rolle der hessischen Sicherheitsbehörden in dem Mordfall aufzuarbeiten.