Hilfe für Hartz-IV-Familien Von der Leyen will Anträge für Bildungspaket vereinfachen

Noch immer ist das Interesse am Bildungspaket für Kinder von Hartz-IV-Familien gering - nun will Arbeitsministerin von der Leyen das komplizierte Antragsverfahren einfacher gestalten. Wenig Nachfrage gibt es laut einer Zwischenbilanz vor allem bei der Lernförderung.

Berlin - Wegen des noch immer eingeschränkten Interesses am Bildungspaket für Geringverdiener-Familien soll das Antragsverfahren vereinfacht werden. Die Quote der Antragsteller sei in den vergangenen beiden Monaten zwar von knapp zehn Prozent auf 25 bis 30 Prozent der Berechtigten gestiegen, sagte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag in Berlin. Das reiche aber nicht aus.

Die Antragstellung für das Bildungspaket sei eine Hürde, die so niedrig wie möglich gestaltet werden solle, sagte von der Leyen nach einem Treffen mit Vertretern aus Ländern und Kommunen. Nach den Worten der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Manuela Schwesig verständigte sich die Runde darauf, das Angebot durch simplere Antrags- und Bewilligungsverfahren "noch niedrigschwelliger" zu machen.

Von der Leyen mahnte Geduld bei der Umsetzung an: "Wir sind gewissermaßen auf der Langstrecke eines Marathonlaufs." Insbesondere bei Alleinerziehenden und Familien mit Migrationshintergrund solle die Situation wissenschaftlich untersucht werden.

Mittagessen läuft gut, Lernförderung nicht

Etwa 2,5 Millionen Kinder von Hartz-IV-Beziehern und Geringverdienern haben seit Januar Anspruch auf Zuschüsse zum warmen Schul- und Kita-Essen, zu Schulausflügen und zu Vereinsbeiträgen. Auch Nachhilfe soll ihnen ermöglicht werden. "Gut läuft das Mittagessen", sagte von der Leyen. Auch Zuschüsse für Schulausflüge und für Teilhabe am Vereinsleben würden häufig beantragt. "Schwierig ist die Lernförderung, das ist was ganz Neues", sagte die Ministerin. Nach Zahlen des Deutschen Städtetages fragen bisher nur fünf Prozent der Berechtigten die Lernförderung nach. Ein Anstieg werde im neuen Schuljahr erwartet, wenn sich steigender Bedarf für Nachhilfe zeige.

In Kraft getreten war das Paket erst im April. Für die Umsetzung sind vor Ort die Kommunen zuständig, die ohnehin in den Hartz-IV-Jobcentern mitarbeiten. Das Geld kommt vom Bund. Grundsätzlich werden die Leistungen in Ostdeutschland besser angenommen, wie Schwesig hinzufügte. Das liege an der dort besseren Infrastruktur, besonders für Kleinkinder.

Es gebe "nicht nur die Bringschuld des Staates, sondern auch die Holschuld der Eltern", sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Er warnte vor den Konsequenzen eines Misserfolgs beim Bildungspaket: "Die Bildungsverlierer von heute sind die Hartz-IV-Empfänger von morgen."

SPD verlangt mehr Ganztagsschulen

Angesichts der schleppenden Nachfrage nach dem Bildungspaket forderte die SPD mehr Ganztagsschulen. Es sei nur die "zweitbeste Lösung", Familien mit mangelndem Interesse an den Unterstützungsleistungen von Sozialarbeitern ansprechen zu lassen, sagte der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann im ZDF-"Morgenmagazin". Benötigt werde in Deutschland stattdessen der "Rechtsanspruch auf den Besuch einer Ganztagsbildungseinrichtung vom Kindergarten an".

Auch die Grünen verlangten eine Verbesserung der Bildungsinfrastruktur. Die Aufhebung des grundgesetzlichen Kooperationsverbots für Bund und Länder in der Bildungspolitik sei der richtige Weg, erklärte Fraktionschef Jürgen Trittin. "Das Bürokratiemonster mit Stigmatisierungseffekten versagt", erklärte Linken-Parteivize Katja Kipping mit Blick auf das Bildungspaket. Stattdessen müsse es "eine eigenständige Kindergrundsicherung zur Absicherung der Existenz und Teilhabe der Kinder und Jugendlichen" geben.

Die Umsetzung des Bildungspakets war am 1. April in den Städten und Landkreisen gestartet. Es sieht finanzielle Unterstützung für die rund 2,5 Millionen Kinder aus Familien mit geringem Einkommen vor. Zuschüsse gibt es bei Bedarf für warmes Mittagessen in Schulen und Horten, für Nachhilfe, Vereinsbeiträge, Musikunterricht, Ausflüge und zu Fahrtkosten zu weiterführenden Schulen.

ffr/AFP/Reuters
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