Hilfe für Sarkozy Rot-Grün lästert über Merkels Kuschelkurs

Angela Merkel gerät wegen ihrer Wahlkampfhilfe für Nicolas Sarkozy in die Kritik. Die Opposition wirft der Kanzlerin vor, den deutsch-französischen Beziehungen zu schaden. SPD-Chef Gabriel nennt das gemeinsame TV-Interview der Politiker "peinlich".
Merkel, Sarkozy: "Wir gehören zu einer Parteifamilie"

Merkel, Sarkozy: "Wir gehören zu einer Parteifamilie"

Foto: DESK PHOTO-FRANCE/ AFP

Berlin - Der Fraktionschef der Grünen gibt sich empört. Dass Kanzlerin Angela Merkel so offensiv für Nicolas Sarkozy trommle, "schadet den deutsch-französischen Beziehungen", warnt Jürgen Trittin den "Ruhr Nachrichten". Merkel verletze die gebotene Neutralität, wenn sie an der Seite des französischen Präsidenten Interviews gebe, zugleich aber dem sozialistischen Herausforderer François Hollande ein Treffen verweigere.

Merkel und Sarkozy hatten am Montag erstmals ein gemeinsames Interview gegeben. Für ZDF und France 2 saßen sie einträchtig in einem prunkvollen Saal des Elysée-Palastes. Auf die Frage, warum sie Sarkozy unterstütze, antwortete die Kanzlerin: "Wir gehören zu einer Parteifamilie." Fragen nach einem Treffen mit Hollande ließ sie ins Leere laufen: "Wir haben heute wichtigere Probleme zu lösen."

Trittin kritisierte dies am Dienstag scharf. Die deutsch-französische Freundschaft sei ein Eckpfeiler deutscher Politik. "Es kann aber nicht sein, dass Regierungstreffen für Wahlkampfhilfe unter konservativen Politikern zweckentfremdet werden", sagte Trittin. "Die deutsch-französische Achse sollte auch dann noch funktionieren, wenn ab Mai nicht mehr Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast regiert."

Etwas gelassener und eher spöttisch reagierte die Spitze der Sozialdemokraten auf das Wahlkampfduo Merkel-Sarkozy. SPD-Chef Sigmar Gabriel bezeichnete das gemeinsame Interview der Regierungschefs als "eher peinlich". Er glaube nicht, dass das Interview dem französischen Präsidenten im Wahlkampf geholfen habe, kommentierte Gabriel auf seiner Facebook-Seite. Statt Antworten auf die Schuldenkrise hätten die beiden nur "parteipolitische Schmeicheleien serviert".

Gabriels Stellvertreterin Hannelore Kraft sagte, der Schulterschluss mit Merkel könne sich für Sarkozy noch als kontraproduktiv herausstellen. Der gemeinsame Wahlkampf werde eher den Sozialisten helfen. Sie freue sich, dass Sarkozy die Arbeitsmarktreformen des SPD-Altkanzlers Gerhard Schröder als vorbildlich erklärt habe.

Kraft kündigte außerdem an, die SPD werde nun ihrerseits Wahlkampf für Hollande machen. Das sei in der "Familie der europäischen Sozialdemokratie immer eine Selbstverständlichkeit" gewesen, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin der "Rheinischen Post". Hollande liegt in Umfragen seit Monaten deutlich vor Sarkozy.

Einigung bei Unternehmenssteuern?

Laut "Süddeutscher Zeitung" haben die deutsche und die französische Regierung sich auf eine einheitlichere Besteuerung von Unternehmen verständigt. Ziel sei es, den Bürokratieaufwand und die damit verbundenen Kosten der Betriebe zu senken, Doppelbesteuerungen wie auch doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa zu erhöhen.

Zu den Optionen zählt laut "SZ" eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes in Frankreich von heute 33,3 Prozent auf das durchschnittliche deutsche Niveau von 29,5 Prozent, das aus Körperschaftsteuer plus Gewerbesteuer besteht. In Deutschland wiederum könnten die konzerninterne Gewinn- und Verlustverrechnung sowie die Bereitstellung von Kapital zwischen verschiedenen Gesellschaften einer Unternehmensgruppe steuerlich erleichtert werden.

cte/dapd/AFP
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