Hofberichterstattung Vorwürfe gegen Glos' PR-Agentur auch in Berlin

Anzeigen gegen Berichterstattung? Der Werber des Wirtschaftsministers entschuldigt sich - weist die Vorwürfe aber zurück. Doch auch die Berliner IHK wirft den Glos-Leuten jetzt zweifelhafte PR-Arbeit vor. Der Minister kündigte eine Prüfung an, die Opposition schimpft: "Politische Korruption".

Der Auftragnehmer nimmt seinen Auftraggeber in Schutz. "Es ist ein Fehler passiert", räumte Jan Flaskamp, Mitinhaber der Berliner PR-Agentur Flaskamp AG ein. Das Geschäftsgebaren seiner Firma - und des Bundeswirtschaftsministeriums - hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" angeprangert. Demnach seien Anzeigen im Wert von bis zu 40.000 Euro für die Mitarbeit bei einer Polit-Kampagne des Ministeriums geboten worden. Laut Flaskamp wäre der Betrag "deutlich geringer" gewesen.

Hofberichterstattung gegen Anzeigen also? Einer seiner Mitarbeiter habe zwei unterschiedliche Vorgänge - Pressearbeit und Anzeigenschaltung - mit einem Vertreter der Zeitung zusammen besprochen, obwohl sie hätten getrennt werden müssen, sagte Flaskamp. "Das war nicht mit unserem Auftraggeber abgestimmt. Dafür möchten wir uns entschuldigen." Sein Auftraggeber, Bundeswirtschaftsminister Glos (CSU), war nach der Veröffentlichung der Vorwürfe im "Kölner Stadt-Anzeiger" in die Kritik geraten. "Von mir ist ein solches Vorgehen nicht gedeckt. Ich lasse den Vorgang prüfen", sagte Glos der Zeitung "Bild am Sonntag".

Die Agentur wies den Vorwurf zurück, das Anzeigengeschäft von einer Berichterstattung abhängig gemacht zu haben. "Es gab weder im Umfang noch vom Inhalt her irgendeine Vorgabe für die Berichterstattung", sagte Flaskamp. "Die Anzeige wäre auch geschaltet worden, wenn die Zeitung nicht über die Veranstaltung berichtet hätte." Die Anzeige werde immer in der größten Zeitung des Veranstaltungsorts geschaltet - deshalb habe ohnehin kein Weg am "Stadt-Anzeiger" vorbeigeführt.

Es handelt sich bei der Zeitung um die auflagenstärkere von nur zwei regionalen Abonnements-Tageszeitungen in Köln, beide erscheinen im Verlag DuMont Schauberg. Dieser verlegt außerdem die Boulevardzeitung "Express", deren einzige örtliche Konkurrenz die Regionalausgabe der "Bild" ist.

Vorwürfe auch aus Berlin

Inzwischen wirft auch die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) der Agentur des Bundeswirtschaftsministeriums vor, in der Hauptstadt ähnlich wie in Köln zweifelhafte PR-Arbeit betrieben zu haben. "In Berlin sollte nach der gleichen Methode eine Veranstaltung durchgeführt werden", sagte IHK-Sprecher Holger Lunau am Sonntag.

Die Kammern des jeweiligen Veranstaltungsortes sind bei der "Dialogtour" zur Mittelstandspolitik des Ministeriums als Kooperationspartner vorgesehen. Auch in Berlin habe die Agentur Flaskamp bei der geplanten Veranstaltung mit nur einer Zeitung zusammenarbeiten wollen, sagte Lunau der Nachrichtenagentur dpa. Die ursprünglich für September geplante Veranstaltung sei daraufhin abgesagt worden.

"Die IHK hat die Finanzierung als dubios angesehen und sich geweigert, nur mit einer Zeitung zusammenzuarbeiten", sagte er. Daraufhin habe die Firma Flaskamp damit gedroht, die bereits komplett vorbereitete Veranstaltung aus organisatorischen Gründen abzusagen, ergänzte Lunau gegenüber der Nachrichtenagentur ddp. Die Berliner IHK wolle sich deswegen nun an das Bundeswirtschaftsministerium wenden.

"Dann ist die Bananen-Republik nicht mehr weit"

Politiker von SPD, FDP und Grünen sowie der Deutsche Journalisten-Verband übten scharfe Kritik. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte von engen Vorgaben der Agentur berichtet: Moderation der Veranstaltung durch den Chefredakteur oder Leiter des Wirtschaftsressorts, Vor- und Nachberichterstattung, außerdem Besuch eines Ministeriumsvertreters in der Redaktion mit Berichterstattung, zusätzlich eine Telefonaktion mit Berichterstattung - jeweils zu veröffentlichen nicht im Lokal-, sondern im sogenannten Mantelteil.

Abschließend hieß es im Angebot laut der Zeitung: "Anhand des beigefügten Beispiels (siehe "Dialogtour des BMWi") können Sie die möglichen Gegenfinanzierungen erkennen (Anzeigen)." Solche Veranstaltungen haben unter anderem bereits in Potsdam stattgefunden.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, sprach von einem "unglaublichen Vorgang" und forderte, den Vorgang im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zu erörtern. "Man kann sich nicht Berichterstattung erkaufen durch Anzeigen. Dann ist die Bananen-Republik nicht mehr weit", sagte er. Der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), sprach von "einem Missbrauch von Steuergeldern und einem Verstoß gegen die Bundeshaushaltsordnung". Er werde das Ministerium um einen Bericht bitten. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sprach von "politischer Korruption".

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands, Michael Konken, hatte dem Ministerium vorgeworfen, "Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen" und dies einen "unzulässigen Eingriff" genannt.

stx/AFP/AP/ddp/dpa/Reuters

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