Holocaust-Leugner Höchststrafe für Zündel nach bizarrem Prozess
Mannheim - Ernst Zündel nahm das Urteil regungslos auf. Seine bohrenden Blicke haben über den langen Verhandlungsmarathon hinweg ihre Kraft verloren. Der "Märtyrer des deutschen Reichs", wie er von seinen Geistesgenossen gern genannt wird, sah ziemlich gerupft aus. In seiner Starrsinnigkeit wirkte er heute mehr denn je alt und müde.
Richter Ulrich Meinerzhagen folgte in seiner Begründung weitgehend der Argumentation der Staatsanwaltschaft. "Sie sind ein rassistischer Agitator, ein Hetzer und ein Brandstifter", schleuderte er dem 67-Jährigen in der Urteilsbegründung entgegen. Meinerzhagen zitierte nochmals sichtlich angewidert Passagen aus Zündels Schriften mit antisemitischen und rassistischen Inhalten, die er über seine Homepage "Zundelsite" und in sogenannten Germania-Rundbriefen verbreitet hatte. Darin wetterte er gegen Israel als "Zufluchtsort geistigen Weltgangstertums", leugnete die Existenz von Gaskammern und den Massenmord an Juden in deutschen Vernichtungslagern.
Nun muss Zündel hinter Gitter. Zwei Jahre saß er bereits in Untersuchungshaft, nachdem er im März 2005 von den kanadischen Behörden an Deutschland ausgeliefert wurde. Drei muss er jetzt noch absitzen.
Es war ein Prozess, den Staatsanwalt Andreas Grossmann über weite Strecken als "bizarr" erlebte: Mit "Heil Hitler" unterschriebene Beschwerden gegen die Kammer, skurrile Zeugenladungen wie die des iranischen Ministerpräsidenten Machmud Ahmadinedschad; dann die von der Verteidigung entbundene Anwältin Sylvia Stolz, die sich unter "lang lebe das Deutsche Reich"-Rufen und dem Applaus einer unbelehrbaren, aus allen Landesteilen angereisten Anhängerschaft, von Polizeibeamten aus dem Saal tragen ließ.
All dies sind nur kleine Ausschnitte aus einem Verfahren, dessen Choreografie im Wesentlichen von den Rechten geschrieben wurde. Das Ziel: Maximale Aufmerksamkeit. Um Zündels Freiheit ging es dabei nie.
Es gab Verhandlungstage, an denen Prozessbeobachter wegen Brechreiz den Saal verließen. Dann erging sich Zündels Hauptverteidiger, der unverbesserliche Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger, endlos in unerträglichen Details über Gaskammern und die Verbrennung von Toten in Massengräbern.
Er tat dies, wie er sagte, um nachzuweisen, "dass niemals Millionen von Juden in den Konzentrationlagern hätten umkommen können allenfalls ein paar tausend". Eine abstoßende, wirre Leichen-Mathematik, die im Gerichtsaal nicht einmal auf das Kompliment der Gegenwehr traf. Nur noch auf fassungsloses Kopfschütteln.
Wer den Ausführungen des 50-jährigen Anwalts, der im vergangenen Jahr auf dem NPD-Bundesparteitag in den Parteivorstand gewählt wurde, dennoch etwas Aufmerksamkeit schenkte, begriff schnell: Die Wirkung seiner Rhetorik ist nicht zu unterschätzen.
Reden ist eine Gabe und der mehrfach wegen Volksverhetzung und Körperverletzung verurteilte Rieger besitzt sie durchaus. Sechs Stunden hat er vergangene Woche plädiert und es machte ihm sichtlich Freude, sich dabei verbal, wie schon während der gesamten Prozessdauer, am Rande der Legalität entlang zu hangeln.
Richter Meinerzhagen hatte in den vergangenen Monaten mehrmals die Fassung verloren und den Verteidiger barsch zurechtgewiesen. Doch blieb ihm bis auf wenige Ausnahmen keine Handhabe gegen Rieger, der seine Ausflüge in die Geschichtsumdeutung geschickt als Zitate getarnt unters Volk brachte: mal von angeblichen Wissenschaftlern, mal von Zündel selbst. Bei der Urteilsverkündung glänzte er durch Abwesenheit.
Ob dieses makabre Spiel mit dem heutigen Urteil sein Ende gefunden hat, ist offen. Rieger jedenfalls kündigte schon im Vorfeld an, ein anderes Urteil als einen Freispruch nicht zu akzeptieren und in die Revision zu gehen.
Aus seiner Sicht macht das Sinn. Der Prozess gegen Ernst Zündel stellt deswegen erneut die Frage, ob die Strafbarkeit der Leugnung des Holcaust, ein Sondermerkmal deutscher Rechtsprechung, nicht genau das hervorbringt, was sie eigentlich verhindern soll: Eine Plattform für die Neonazis.