Kurswechsel CSU stemmt sich gegen CDU-Wende bei Homo-Ehe

Kuss zweier Männer: "Die Union ist nicht lernfähig"
Foto: Jose Jacome/ dpaBerlin - Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Adoptionsrecht für homosexuelle Lebenspartner hat einen Zwist zwischen CSU und CDU ausgelöst: Während die CDU ihren Widerstand gegen die Gleichstellung der Homo-Ehe im Steuerrecht aufgibt, mehrt sich in der CSU der Protest gegen den Kurswechsel der Schwesterpartei.
Es gebe keinen Grund für einen "Schnellschuss", sagte die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt am Samstag. "Ehe und Familie haben für uns einen besonderen Rang. Von zentraler Bedeutung ist für uns deshalb, dass Ehe und Familie auch weiterhin privilegiert werden."
Landtagsfraktionschef Georg Schmid und die stellvertretende Parteivorsitzende Barbara Stamm äußerten sich am Samstag ähnlich. "Dass Ehe und Familie gestärkt werden, ist unser Grundkonzept", sagte Schmid in München. "Es geht darum, dass wir Ehe und Familie stärken wollen, auch darüber hinaus - selbst wenn wir entsprechenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu folgen haben."
Anerkennung der offenen Gesellschaft?
Am Samstag hatten sich mehrere CDU-Spitzenpolitiker dafür ausgesprochen, möglichst rasch eine Reform zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe in Angriff zu nehmen. Dabei soll neben Änderungen beim Adoptionsrecht auch die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften geprüft werden.
Seitens der Grünen und der FDP gab es Zustimmung für den Kurswechsel der CDU. Sowohl die Opposition als auch der Koalitionspartner FDP fordern seit langem eine Gleichbehandlung. "Mit diesem Schritt erkennt die Union endlich unsere offene und tolerante Gesellschaft an", teilte FDP-Chef Philipp Rösler mit. "Wir sind bereit, schnell zu handeln." Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, lobte die Ankündigungen der CDU-Politiker. "Wenn die Union ernsthaft ihre Diskriminierungspolitik gegenüber homosexuellen Lebenspartnerschaften beenden will, sind wir zur Zusammenarbeit jederzeit bereit."
Kritik kam dagegen aus der SPD: Generalsekretärin Andrea Nahles warf der Union eine 180-Grad-Wende vor. "Die Union ist nicht lernfähig, sondern wird von veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen und Karlsruhe zu ein bisschen Anerkennung der Realität gezwungen", sagte sie. Ihr Parteifreund Thomas Oppermann zweifelte, dass es die Union ernst meine. "Ich bin skeptisch, ob der Kursschwenk der Union bei den Lebenspartnerschaften tatsächlich kommt", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
Rasche Handlung gefordert
Dabei hatte die CDU am Samstag angekündigt, bald handeln zu wollen: Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, sagte der "Süddeutschen Zeitung", angesichts der klaren Tendenzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse möglichst rasch gehandelt und die erforderliche verfassungsrechtliche Gleichstellung umgesetzt werden.
Finanzminister Wolfgang Schäuble und Fraktionschef Volker Kauder (beide CDU) betonten, die Regierung werde auch prüfen, ob eine Neuregelung für gleichgeschlechtliche Paare beim Ehegattensplitting nötig sei. "Das Ganze ist kein gesetzgeberisches Hexenwerk. Wenn wir uns gleich in der kommenden Woche zusammensetzen, dann bekommen wir das auch alles vor der Sommerpause in Ruhe hin", sagte der CDU-Parteivize Thomas Strobl dem "Tagesspiegel".
Dem widersprach aber umgehend CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt: Es bestehe kein Grund für eine Kehrtwende bei der Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft." Nun müssten in aller Ruhe die Konsequenzen aus den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts gezogen werden.
Die CDU reagiert auf zunehmenden Druck auch aus den eigenen Reihen, nach etlichen Urteilen des Verfassungsgerichts für eine Gleichstellung zu sorgen. Dies betrifft vor allem das Steuer- und das Adoptionsrecht. Erst vor wenigen Tagen hatte das Gericht in Karlsruhe eine Neuregelung bei Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare bis Mitte 2014 angemahnt.