Horst Seehofers Bilanz "Ich bin ordentlich von Parteifreunden demontiert worden"

Markus Söder und Horst Seehofer beim Starkbieranstich
Foto: Matthias Balk/ dpaDer Abschied von Horst Seehofer aus München naht. Doch vorher zieht der scheidende bayerische Ministerpräsident noch eine bittere Bilanz der vergangenen Monate - und wirft seinen CSU-Kollegen mangelnde Anerkennung seiner Verdienste vor. "Ich bin ordentlich von Parteifreunden demontiert worden, lebe aber trotzdem noch und hab keine Neigung, da zurückzuschlagen", sagte Seehofer der "Süddeutschen Zeitung" .
Er sehe sich seit dem schlechten CSU-Ergebnis bei der Bundestagswahl "etlichen Bösartigkeiten" ausgesetzt. In der Politik gebe es keine Dankbarkeit, resümierte Seehofer. "Sie können eine Partei retten, Sie können sie nach oben führen, aber Sie werden nicht erleben, dass letzten Endes dafür Dankbarkeit herrscht." Auch seine sinkenden persönlichen Zustimmungswerte führte er auf die Querschüsse von Parteikollegen zurück.
Angesichts seines bevorstehenden Abschieds als bayerischer Ministerpräsident zog Seehofer einen historischen Vergleich: "Ich habe immer noch die Bilder als junger Mensch vor Augen, wie die Amerikaner aus Saigon abgerückt sind. In letzter Sekunde. Ich will ja nicht mit dem Hubschrauber aus der Staatskanzlei abfliegen. Alles mit Stil."
Nach massivem Druck aus der Partei hatte sich Seehofer im Dezember bereit erklärt, das Amt des Ministerpräsidenten spätestens bis Ende März an seinen Erzrivalen Markus Söder abzugeben. Der 68-jährige Seehofer will nun als Innen- und Heimatminister nach Berlin wechseln, wenn die SPD-Mitglieder einer Neuauflage der Großen Koalition zustimmen.
Merkel stutzt Seehofers Ministerium zurecht
In seinem geplanten Superministerium muss Seehofer allerdings auf zusätzliche Kompetenzen aus dem Agrarministerium verzichten und wird als Heimatminister nicht für die Entwicklung des ländlichen Raums zuständig sein. Nach SPIEGEL-Informationen lehnte es Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem vertraulichen Treffen am Donnerstag in Berlin ab, die entsprechende Abteilung aus dem Landwirtschaftsministerium herauszulösen und in das neue Ministerium für Inneres, Bau und Heimat zu integrieren.
Zu seiner Zukunft als Bundesminister in Berlin sagte Seehofer der "SZ": "Ich fühle mich fit und ich bin hoch motiviert." Zwischenzeitlich hatte der CSU-Chef selbst Spekulationen angeheizt, er könnte wegen des Streits um den Zuschnitt des Bundesinnenministeriums womöglich doch nicht in eine neue Bundesregierung eintreten.
Auch nach seinem Wechsel nach Berlin will Seehofer CSU-Chef bleiben. Dass er das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten ausgerechnet an Söder abgeben müsse, schmerze ihn aber "überhaupt nicht", beteuerte Seehofer in der "SZ". Der Vorschlag, Söder die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im Herbst anzutragen, sei von ihm selbst gekommen - "ohne dass ihn mir jemand abgepresst hat".
Mangels Dankbarkeit seiner Parteifreunde zog Seehofer selbst eine positive Bilanz seiner Regierungszeit in Bayern. "Alles, was ich versprochen habe, ist eingelöst worden. Ausnahmslos." Er spannte auch hier einen großen historischen Bogen: Der Freistaat habe in seiner mehr als tausendjährigen Geschichte "noch nie so blendend" dagestanden wie jetzt. Es gebe für ihn keinen Anlass für Trübsal. Er sei vielmehr dankbar, dass er zehn Jahre als Ministerpräsident an der Spitze des Freistaats stehen durfte.