Flüchtlingspakt Seehofer greift Merkel wegen Türkei-Politik scharf an

Angela Merkel, Horst Seehofer
Foto: Rainer Jensen/ dpaCSU-Chef Seehofer hält es für einen Fehler, Entscheidungen über den EU-Beitritt der Türkei und die Visafreiheit mit dem Flüchtlingspakt zu verknüpfen. Und er wirft Angela Merkel vor, genau diese Konsequenz herbeigeführt zu haben.
Mit dem sogenannten Türkei-Flüchtlingspakt seien "Dinge vermengt" worden, die nichts mit der Flüchtlingspolitik zu tun hätten, kritisiert Seehofer in einem Interview des "Bericht aus Berlin" (Sonntag, 18.30 Uhr, ARD). Konkret nannte er den EU-Beitritt der Türkei und die Visafreiheit. Damit bestehe die Gefahr, in Abhängigkeit zu geraten. Das sei ein Fehler.
Seehofer betonte, dass er Merkel Erfolg bei ihren Gesprächen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wünsche. Er widersprach damit dem Vorwurf, Freude am möglichen Scheitern des EU-Türkei-Abkommens zu empfinden. Es sei generell wichtig, mit allen Staaten zu reden, aber man dürfe sich nicht abhängig "oder gar erpressbar" machen. "Da ist eine Grenze, und ich hoffe, dass die Kanzlerin diese Grenze klar zieht", sagte der CSU-Chef.
Aus der Türkei kämen fast jede Woche "betrübliche" Nachrichten in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit - wie die Aufhebung der Immunität von 138 Abgeordneten und der Umgang mit der Pressefreiheit, erläuterte Seehofer seine Haltung. Das seien Entwicklungen, "bei der die ganze Welt aufschreien müsste". Das dürfe nicht leise begleitet werden, weil der Deal nicht gefährdet werden darf", ein "Besorgtsein" reiche da nicht aus, sagte Seehofer wohl auch in Anspielung auf Merkels Äußerungen zur Entwicklung in der Türkei.
Merkel reist an diesem Sonntag zu einem Kurzbesuch nach Istanbul, um an einem Uno-Nothilfegipfel teilzunehmen. Bei dem Treffen mit Erdogan einen Tag später dürfte es vor allem um die Umsetzung des umstrittenen Flüchtlingspakts gehen. Auch der Beschluss des Parlaments in Ankara, die Immunität vor allem von Abgeordneten der prokurdischen Oppositionspartei HDP aufzuheben, hatte in Berlin und Brüssel für Unruhe gesorgt.