CSU-Chef im Kabinett Seehofer, der Superminister

CSU-Chef Horst Seehofer (am Deutschen Trachtentag 2016 in Geisenhausen)
Foto: Peter Kneffel/ picture alliance / dpaSo viel Eintracht war zuletzt selten in der CSU. Einstimmig segnet der Parteivorstand den Koalitionsvertrag ab, einstimmig folgt am Donnerstag wenig später die Landtagsfraktion. Alle sind zufrieden mit der Ausbeute aus den Verhandlungen mit CDU und SPD: Mit drei Ministern sitzen die Christsozialen künftig in Berlin am Kabinettstisch, darunter Horst Seehofer, als Superinnenminister, zuständig auch für Bauen, Wohnen, und, ganz neu, die deutsche Heimat.
"Passt scho", hatte der CSU-Chef am Mittwoch erklärt. "Passt scho", urteilte sein designierter Nachfolger als bayerischer Ministerpräsident, Markus Söder, am Donnerstag. Heißt so viel wie: Besser geht's nicht.
War was? Noch kurz vor Weihnachten spaltete ein Machtkampf die Partei, beharkten sich Seehofer und Söder, die beiden Erzfeinde, rangen Partei und Fraktion um die Vorherrschaft. Vergessen. Die Pfründe sind vorerst verteilt. Im Vergleich zu CDU und SPD herrscht Ruhe in der CSU. Einem Mitgliedervotum oder einem Parteitag muss sich Seehofer nicht stellen, selbst wenn, hätte er wenig zu befürchten.
Video: Ein Heimatministerium - wofür?
Seehofer sitzt am Donnerstag nach der Vorstandssitzung in der Münchner Parteizentrale und dankt allen, die an den Verhandlungen in Berlin beteiligt waren, was auch auf Söder zeitweise zutrifft. Man habe "eine verschworene Gemeinschaft" gebildet, sagt der Noch-Ministerpräsident.
Künftig wird er Kümmerer und Sheriff gleichzeitig sein, diesen Zuschnitt hat das Bundesministerium, welches Seehofer bei den GroKo-Verhandlungen für sich zimmerte. Die klassischen Kompetenzen des Innenministers werden angereichert mit dem Wohnungs- und Städtebau und dem diffusen Bereich Heimat.
Dabei hatte Seehofer vor nicht allzu langer Zeit ausgeschlossen, noch einmal als Minister unter Angela Merkel zu dienen. Warum also tut er sich das nun noch einmal an, mit 68, und dann noch ein solches kräftezehrendes Riesenressort? "Weil es Spaß macht", sagt er gut gelaunt. "Das ist noch mal eine Mission, und die motiviert mich."
Heimatminister - was ist das eigentlich?
Was genau aber seine Mission als Heimatminister sein soll, ist noch nicht so klar. Es gehe ihm um "gleichwertige Lebensbedingungen in ganz Deutschland", sagt Seehofer. Das ist das Schlagwort, unter welchem der noch amtierende bayerische Heimatminister Söder durch den Freistaat tingelt, Förderbescheide verteilt und in der Provinz Dienststellen eröffnet. Seehofer macht nun bundesweit den Söder, könnte man sagen.
Er habe das Heimatministerium ja seinerzeit für Bayern erfunden, betont der CSU-Chef. Zwar werde in den sozialen Medien über ihn gespottet. Jedoch: "Heimat ist eine wichtige Bezugsgröße", sagt Seehofer, sie umfasse weit mehr als reine Folklore. "Wenn es für Bayern richtig war, dann kann es für Deutschland nicht verkehrt sein."

Horst Seehofer beim Trachtenumzug in München (2017)
Foto: Tobias Hase/ picture alliance / Tobias Hase/d"Ich hätte auch das Finanzministerium genommen", gibt Seehofer freimütig zu. Oder auch das Außenministerium. Oder das Arbeitsministerium, das dem Sozialpolitiker Seehofer wohl gut gestanden hätte. Ein bisschen ist Seehofer also auch Innenminister aus der Not heraus, wie er einräumt. "Das ist oft so in der Politik." Er sei 2008 ja auch "aus der Not" Ministerpräsident geworden.
Nun aber wird man Seehofer bald bei einem interessanten politischen Experiment beobachten können: Der Oberbayer muss auf dem flachen Land für die Union konservative Stammwähler von der AfD zurückholen, Wähler, die sich abgehängt fühlen.
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Eine ähnliche Strategie wird auch Söder fahren, auch er präsentiert sich als Kümmerer und Sheriff. Anfang des Jahres hatte Söder einen Zehn-Punkte-Plan für Bayern vorgestellt: eine Mischung aus Härte bei Abschiebung oder Grenzkontrollen und finanziellen Versprechungen im Sozialen, beim Wohnungsbau und in der Familienpolitik.
Womöglich werden sich die beiden Alphatiere der CSU dabei bisweilen ins Gehege kommen, der Landespolitiker Söder Forderungen an die Bundesregierung und damit an Seehofer stellen. Doch die Probleme scheinen klein im Vergleich zu CDU und SPD.
Insgesamt hat die CSU in Berlin wie in der vergangenen Wahlperiode vier wichtige Posten zu besetzen: drei Ministerien und die Leitung der CSU-Landesgruppe. Zwei der Ämter sind vergeben, die Landesgruppe führt Alexander Dobrindt, das Innenressort geht an Seehofer. Zwei Männer, zwei Oberbayern.
Das ist wichtig bei der CSU. Sie muss nicht nur bei den Geschlechtern einigermaßen die Balance halten, sondern auch den Proporz für die unterschiedlichen Landesteile Bayerns abbilden. Für die beiden verbliebenen Ressorts, das Verkehrs-und das Entwicklungshilfeministerium werden die Fränkin Dorothee Bär, der Niederbayer Andreas Scheuer und der Schwabe Gerd Müller, bisher schon im Kabinett, gehandelt.
Einer der drei wird verzichten müssen. Diese Personalien aber, auch die der Staatssekretäre, will Seehofer erst am 5. März verkünden, nach dem SPD-Mitgliederentscheid über die Große Koalition. Es sei noch nichts entschieden, betont er.
Und dann ist da ja noch die Stabübergabe an Markus Söder. Zwei Plenumstermine sind wahrscheinlich, um dem Machtwechsel im Landtag zu vollziehen, der 14. oder der 22. März. Immer vorausgesetzt, die SPD-Basis stimmt der Koalition zu.
Sonst stünden auch Strategie und Zeitplan der CSU wieder auf dem Prüfstand.