Machtwort an mögliche Nachfolger Seehofers Frustsignal

CSU-Chef Seehofer: "Aber ich wüsste auch, was ich zu tun hätte"
Foto: Tobias Hase/ dpaWenn Horst Seehofer in den vergangenen Monaten etwas lästig war, dann vor allem dies: Personaldebatten in seiner CSU. Jetzt steckt die Partei mal wieder mitten in einer solchen Diskussion - und ausgerechnet Seehofer selbst hat sie ausgelöst.
Er wolle für einen "geordneten Generationenübergang" sorgen, sagte der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident dem SPIEGEL und fügte unmissverständlich hinzu: "Aber ich wüsste auch, was ich zu tun hätte, wenn kein ordentlicher Übergang gewährleistet wäre."
Notfalls trete ich erneut an, das ist die Botschaft von Seehofer, der planmäßig 2018 nicht mehr kandidieren wollte. Sein Vorstoß ist ein mächtiges Signal für die Christsozialen und wohl auch Ausdruck von Seehofers Frust über das seit Wochen anhaltende gegenseitige Belauern seiner möglichen Nachfolger Markus Söder (bayerischer Finanzminister) und Ilse Aigner (bayerische Wirtschaftsministerin). Vor allem aber, darin sind sich viele in der CSU einig, ist Seehofers Vorstoß eine Drohung an Söder, dessen Ehrgeiz in den vergangenen Wochen durch Vorschläge für die Landes- und Bundespolitik immer deutlicher wurde.
Seit Jahren verbindet Seehofer und Söder eine Art Hassliebe. Zuletzt fühlte sich der Parteichef gleich zwei Mal von seinem Finanzminister provoziert: So hatte der Franke den Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU in Berlin in Frage gestellt, indem er von einem "Konjunkturcheck" für kostenträchtige SPD-Pläne gesprochen hatte. Außerdem war Söder mit dem Vorschlag vorgeprescht, für die Flüchtlingshilfe Geld aus dem nicht ausgeschöpften Fluthilfefonds zu nutzen. Seehofer war verärgert. "Das dauernde Reingrätschen erschwert das Geschäft für alle", sagte er zuletzt in der Sitzung des bayerischen Kabinetts. Zu wenig Teamarbeit, zu viel Selbstdarstellung - so lautet ein Vorwurf gegen Söder, der in der Partei immer mal wieder zu hören ist.
"Die Stimmung an der Parteibasis ist klar"
Jetzt also Seehofers Machtwort im SPIEGEL. Die Reaktionen folgten prompt: Peter Ramsauer sprach sich in der "Bild"-Zeitung gegen eine weitere Amtszeit Seehofers aus. "Die Stimmung an der Parteibasis ist klar: Sie will einen Wechsel zur nächsten Wahl, so wie es auch bisher von Seehofer selbst vertreten wurde", sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende.
Ramsauers Anti-Seehofer-Linie ist nicht überraschend: Seitdem er im vergangenen Jahr von Seehofer bei den Berliner Kabinettsplanungen fallen gelassen wurde, gehört der Ex-Bundesverkehrsminister zu den schärfsten Kritikern des CSU-Chefs. Es gibt aber auch Unterstützung für den Parteivorsitzenden und bayerischen Regierungschef: "Horst Seehofer ist ein starker Ministerpräsident. Deshalb wäre auch eine weitere Amtszeit von ihm gut vorstellbar", sagte Hans Reichhart, Vorsitzender der Jungen Union Bayern und Landtagsabgeordneter, SPIEGEL ONLINE.
So mancher in der CSU fürchtet einen offenen Machtkampf zwischen Aigner und Söder, der der Partei schaden und auch am Ansehen Seehofers kratzen würde - schließlich will er seine Amtszeit mit einem sauberen Übergang abschließen. Weil sich aber derzeit kaum ein Christsozialer vorstellen kann, dass sich Aigner und Söder gütlich einigen, ist Seehofers Gedankenspiel, erneut anzutreten, bei manchen CSU-Landtagsabgeordneten schon länger ein Thema. "Auf den Fluren des Landtages ist über ein solches Szenario schon öfter gesprochen worden", sagt ein Parlamentarier.
Jonglieren mit Namen
Ob es dazu kommt, ist völlig offen. Möglicherweise will der CSU-Chef jetzt auch einfach Grenzen ziehen und für Ruhe sorgen. Sicher ist, dass es für Seehofer ein doppeltes Dilemma bei der immer mal wieder schwelenden Nachfolgedebatte gibt, die er eigentlich verhindern wollte.
Erstens: Wirtschaftsministerin Aigner, die Seehofer eigens von Berlin nach München geholt hatte und die mit großen Erwartungen nach Bayern gekommen war, tut sich immer noch schwer mit ihrer neuen Aufgabe. Nicht jeder sieht die Oberbayerin als echtes Gegengewicht zu Söder, der in seinem Job glänzt, in Talkshows wortgewandt auftritt und noch dazu in seiner Fraktion bestens vernetzt ist.
Zweitens: Seit dem Rücktritt von Staatskanzleichefin Christine Haderthauer, die zwischendurch auch als mögliche Kronprinzessin gehandelt wurde, ist eine Machtbalance dahin, die für Seehofer bequem war - er konnte in der Öffentlichkeit mit mehreren Namen jonglieren, wenn es um mögliche Nachfolger ging und so gegen den Eindruck eines Söder-Aigner-Zweikampfes argumentieren.
Söder schweigt bisher beharrlich zu der Kritik Seehofers, die eindeutig ihm galt. "Starke Regierungserklärung zu Energie von Ilse Aigner", twitterte Söder zuletzt - und sieht damit wie der einzig wahre Teamplayer in der CSU aus.