Illegal eingereister Bremer Clanchef Ibrahim Miri blieb nach Abschiebung nur wenige Tage im Libanon

Neue Details zur Rückkehr des Bremer Clanchefs Ibrahim Miri: Nach SPIEGEL-Informationen wurde er nur wenige Tage nach seiner Abschiebung mit einem gefälschten Pass in die Türkei geschleust.
Ibrahim Miri: Verdächtiger bei zahlreichen Straftaten (Archivfoto von 2014)

Ibrahim Miri: Verdächtiger bei zahlreichen Straftaten (Archivfoto von 2014)

Foto: Carmen Jaspersen/ DPA

Es war ein ungewöhnlicher Termin im Bremer Polizeipräsidium. Am Mittwochmorgen besuchte ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aus Nürnberg den Abschiebehäftling Ibrahim Miri in seiner Zelle, wo er in Abschiebehaft genommen wurde. An der Anhörung, die für 8.30 Uhr terminiert war und bis mittags dauerte, nahm sein Rechtsanwalt sowie ein weiterer Mitarbeiter des Bamf Teil, der das Gespräch protokollierte.

Der Clanchef und ehemalige Präsident der Rockergruppe "Mongols MC Bremen" schilderte nach SPIEGEL-Informationen, er habe zwei Tagen nach seiner Ankunft im Libanon erfahren, dass nach ihm gesucht werde. Personen, die einem großen schiitischen Familienverband angehörten, wollten ihn töten, behauptete Miri. Hintergrund sei ein Blutrachekonflikt, der auf eine Tat in Bremen zurückgehe. Darum habe er den Libanon bereits nach wenigen Tagen mithilfe von Schleppern, die ihm einen Pass beschafft hätten, wieder verlassen.

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Von Beirut sei er zunächst nach Adana in die Türkei geflogen, wo Verwandte leben. Etwa drei Monate habe er in Adana verbracht, bevor er - erneut mithilfe von Schleppern - seine Reise nach Deutschland fortgesetzt habe. Zusammen mit Flüchtlingen habe er sich in einem Lkw versteckt, der ihn direkt bis nach Nürnberg gebracht habe. Nach mehreren Tagen sei er dort am 25. Oktober angekommen und dann nach Bremen weitergereist. Er habe sich in Bremen den Behörden gestellt, wobei ihm bewusst gewesen sei, dass er bei seiner Ankunft mit einer Inhaftierung rechnen musste.

Die Abschiebung in den Libanon sei rechtswidrig gewesen, betonte Miri bei seiner Anhörung. Er habe den festen Wunsch, das bisherige soziale Milieu zu verlassen. Als Beleg führte er an, dass er vor seiner Abschiebung eine unbefristete Arbeit als Schlosser angenommen hatte. Dieses Arbeitsverhältnis wolle er unbedingt fortsetzen.

Die Rückkehr des mehrfach vorbestraften Libanesen in die Hansestadt, der vor seiner Abschiebung eine knapp sechsjährige Haftstrafe verbüßt hatte, sorgte bundesweit für Empörung . Erst drei Monate zuvor war die Unterweltgröße in einer geheim geplanten Aktion per Flugzeug in den Libanon abgeschoben worden. Gemäß eines Bescheids der Stadt Bremen hätte Miri Deutschland sieben Jahre lang nicht mehr betreten dürfen.

Am Morgen des 10. Juli hatten Spezialkräfte der Polizei Ibrahim Miri in einer Bremer Wohnung überrascht, mit dem Hubschrauber nach Berlin geflogen und von dort aus nach Beirut verbracht. Vorausgegangen waren der Abschiebung unkonventionelle Bemühungen des Bundespolizeipräsidenten Dieter Romann. Der Beamte nutzte offenbar seine guten Beziehungen zum libanesischen Grenzchef, um ein Passersatzdokument für Ibrahim Miri zu beschaffen und so die Ausweisung erst möglich zu machen.

Unmut in libanesischen Justizkreisen

Die Vorgehensweise sorgte in libanesischen Justizkreisen für Unmut. So brachte der Generalstaatsanwalt in Beirut nach SPIEGEL-Informationen gegenüber dem Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamts (BKA) seine tiefe Verärgerung zum Ausdruck, weil die libanesische Justiz über die Abschiebung aus Deutschland vorab nicht informiert worden sei.

Ibrahim Miri reiste im Jahr 1986 als 13-Jähriger ins Bundesgebiet ein. Schon sein erster Asylantrag wurde abgelehnt. Die Stadt Bremen erteilte 1998 eine Ausreiseverfügung; Oldenburg im Jahr 2006. Dennoch folgte Duldung auf Duldung, allein seit 2002 waren es zwölf. Da Miri bis zur Intervention des Bundespolizeipräsidenten viele Jahre lang kein gültiges Passdokument hatte, war eine Abschiebung nicht möglich.

Ob das Clanmitglied nun doch auf absehbare Zeit wieder im Land sein wird, hängt zunächst von der Entscheidung des Bamf ab, wie Miris jüngster Asylantrag bewertet wird. Kommt die Behörde zum Schluss, es handele sich um einen Folgeantrag, würde er wohl sicher abgelehnt und Miri bliebe in Abschiebehaft. Erneute Bemühungen um eine Rückführung in den Libanon wären die Folge.

Wertet das Bamf Miris Ersuchen dagegen als Erstantrag, wäre der vorbestrafte Kriminelle nach Ansicht von Experten bis zu einer Entscheidung nach spätestens vier Wochen aus der Abschiebehaft zu entlassen. Die Behörde hat angekündigt, zeitnah über Miris Asylantrag zu entscheiden, womöglich noch in dieser Woche.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, Miri wäre sofort aus der Abschiebehaft zu entlassen, sollte das Bamf dessen Asylantrag als Erstantrag bewerten. Tatsächlich müsste dies nach Ansicht von Experten in einem Zeitraum von vier Wochen erfolgen. Wir haben die Angaben korrigiert.

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