Impfpflicht-Chaos Verwirrung um Kurs der Unionsfraktion

Auf die Stimmen von CDU und CSU dürfte es am Donnerstag ankommen, wenn der Bundestag über die Impfpflicht abstimmt – die Ampelkoalition ist in der Frage gespalten. Aber wird die Unionsfraktion bei ihrem Antrag bleiben?
Unionsfraktionschef Merz

Unionsfraktionschef Merz

Foto:

Xander Heinl / photothek / IMAGO

Am Donnerstagvormittag wird es spannend im Bundestag: Wird einer der vorliegenden Anträge zur Impfpflicht eine Mehrheit bekommen? Aktuell sieht es nicht danach aus, weil die Unionsfraktion nun wohl doch bei ihrem eigenen Konzept einer Art Impfpflicht auf Abruf bleiben wird. Am Morgen hatte es so ausgesehen, als ob CDU und CSU zu Gesprächen über eine gemeinsame Lösung mit Vertretern der Ampelfraktionen bereit wären, später wurde dies dementiert. Klar ist: Ohne Stimmen aus der Unionsfraktion wird es zu keiner Mehrheit für den Vorschlag aus den Reihen der Regierungsfraktionen kommen, der die meiste Unterstützung genießt. Dieser sieht eine Impfpflicht ab 60 Jahren vor.

Nach SPIEGEL-Informationen hatte sich am Morgen Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, im Gesundheitsausschuss für neue Gespräche über eine Lösung offen gezeigt, was bei Vertretern der Ampelfraktionen laut Teilnehmern auf Zustimmung gestoßen war. Sorge erklärte allerdings anschließend, er habe sich nicht in dieser Weise geäußert. »An der inhaltlichen Ablehnung der Unionsfraktion am Scheinkompromiss der Ampel hat sich nichts geändert«, so der CDU-Politiker. In ähnlichen Worten hatte sich am Morgen auch schon Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) in einem Radiointerview geäußert.

In einem Schreiben an die Mitglieder der Unionsfraktion vom Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer, Thorsten Frei, das dem SPIEGEL vorliegt, ruft dieser die Abgeordneten von CDU und CSU auf, den eigenen Antrag zu unterstützen und gegen die anderen zu votieren. »Nehmen Sie an allen Abstimmungen teil, stimmen Sie unserem Antrag zu, lehnen Sie die übrigen Vorlagen ab«, heißt es da.

CDU-Mann Frei: Keine Mehrheit wäre nicht das Ende der Gespräche

Frei geht in dem Brief auf die Möglichkeit ein, dass keine der vier am Donnerstag zur Abstimmung stehenden Varianten eine Mehrheit bekommt. Falls dieser Fall eintrete, »ist dies nicht das Ende der Gespräche«, schreibt er. »Wir waren und bleiben gesprächsbereit. Hierfür bleibt die in unserem Antrag formulierte kluge und ausgewogene Position die Grundlage.«

Der CDU-Politiker kritisierte zudem den erst am Dienstagabend bekannt gewordenen Kompromissvorschlag aus den Reihen der Ampelfraktionen. »Quasi über Nacht haben die Befürworter einer Impfpflicht ab 18 und einer Impfpflicht ab 50 hektisch und kurzfristig ihre Vorlagen vereint«, heißt es dazu in Freis Brief. Vertreter der Koalitionsfraktionen versuchten sich auf den letzten Metern »durch hektische, kurzfristige Neupositionierungen und Verfahrenstricks zur bloßen Gesichtswahrung in irgendein Ergebnis zu retten«, monierte er.

Offen ist, in welcher Reihenfolge die Anträge im Bundestag abgestimmt werden. Normalerweise würde zunächst über den weitestgehenden Vorschlag abgestimmt, dann über die weiteren, bis zuletzt die Anträge gegen die Impfpflicht aufgerufen werden – somit würde mit dem Impfpflicht-ab-60-Antrag begonnen. Offenbar gibt es allerdings in Ampelkreisen den Versuch, die Reihenfolge zu verändern und zunächst über den Antrag der Union abstimmen zu lassen.

Zugleich werben führende Vertreter der Ampelfraktionen bei Unionsabgeordneten dafür, auch für den Antrag ab 60 zu stimmen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich überzeugt davon, dass dieser Antrag eine Mehrheit bekommen werde.

flo/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren