Initiative für Verfassungsänderung Deutsch als Sprache soll ins Grundgesetz

Bundestagspräsident Norbert Lammert bekam 46.000 Unterschriften vorgelegt: Eine Initiative plädiert für eine Verfassungsänderung, die die deutsche Sprache im Grundgesetz festschreibt.
Bundestagspräsident Lammert: Deutsche soll ins Grundgesetz übernommen werden

Bundestagspräsident Lammert: Deutsche soll ins Grundgesetz übernommen werden

Foto: Alina Novopashina/ dpa

Norbert Lammert

Berlin - Es ist ein kurzer Satz, an dem sich die Geister scheiden: Die Formel "Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch" soll nach den Vorstellungen einer von Unionspolitikern unterstützten Initiative ins Grundgesetz aufgenommen werden. Bundestagspräsident (CDU) begrüßt das Anliegen. Am Dienstag nahm er im Berliner Reichstag vier Kisten mit insgesamt 46.000 Unterschriften für das Vorhaben in Empfang. Sie waren vom Verein für Deutsche Sprache (VDA) und dem Verein für deutsche Kulturbeziehungen im Ausland (VDA) gesammelt worden. Beide Vereine setzen sich dafür ein, dass sich der Bundestag damit befasst.

Hartmut Koschyk

Der VDA-Vorsitzende, Finanz-Staatssekretär (CSU), verwies darauf, dass 18 der 27 EU-Länder ihre Landessprachen in der jeweiligen Verfassung festgeschrieben hätten. Doch eine deutsche Mehrheit ist zur Zeit nicht in Sicht. Dabei schwelt der Streit um die Grundgesetzänderung seit Jahren. 2006 sollte sie im Zuge der Föderalismusreform zustande kommen, wurde dann aber doch nicht umgesetzt. Ende 2008 beschloss die CDU auf ihrem Stuttgarter Parteitag, in die Verfassung solle besagter Satz aufgenommen werden. Anders als in Österreich und der Schweiz sei die deutsche Sprache in Deutschland nicht in der Verfassung als Landessprache festgelegt, argumentieren die Befürworter.

Erinnerungen an Leitkultur-Debatte werden wach

Mancher Kritiker sieht sich durch das Vorhaben, von dem sich seinerzeit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) distanziert hatte, an die von der Union angezettelte "Leitkultur"-Debatte erinnert. Und Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck hält der Union vor, sie ziehe mit der Initiative nur die "patriotische Karte", um von den tatsächlichen Problemen abzulenken. Er verweist darauf, dass Deutsch als Amtssprache schon jetzt in Gesetzen geregelt sei, die den Umgang mit den Behörden regeln. Eine solche Grundgesetzregelung wäre daher "ohne jegliche Rechtswirkung", wendet der Grünen-Politiker ein.

Lammert räumt ein, dass der Verfassungsänderung durchaus auch praktische Bedeutung zukommen könne. So hätte die vor einigen Jahren noch sehr kontrovers geführte Debatte über Deutsch als verbindliche Sprache auf den Schulhöfen schneller beendet werden können, "wenn es einen Bezugspunkt in der Verfassung gegeben hätte".

Einwände gegen die Idee kommen auch von den in Deutschland lebenden Minderheiten, wie den Sorben, Dänen und Friesen. Sollte Deutsch in der Verfassung aufgewertet werden, müsse das in jedem Fall mit dem Respekt vor den anderen Sprachen einhergehen, kommentierte der Minderheitenrat einst die CDU. Eine Schieflage wird insbesondere deshalb befürchtet, weil es im Grundgesetz bislang noch keinen Artikel gibt, der die Rechte der Minderheiten schützt.

Trotz aller Kritik hätte das Thema Ende vergangenen Jahres fast Eingang in den Koalitionsvertrag von Union und FDP gefunden. Die Kulturpolitiker wollten einen entsprechenden Passus in das Regierungsprogramm aufnehmen. Doch Rechtsexperten wie die spätere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hielten dagegen. Bis jetzt war das Thema vom Tisch. Koschyk hofft, dass jetzt ein parteiübergreifender Antrag für das Vorhaben im Bundestag zustande kommt.

dis/AFP
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