Rechtsextremismus Innenminister wollen neues NPD-Verbotsverfahren

Kommt es zu einem neuen Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD? An diesem Mittwoch tagt die Innenministerkonferenz in Warnemünde, und es zeichnet sich ab, dass die Bundesländer einen neuen Versuch wagen werden. Schon bald wären dann auch Bundesregierung und Bundesrat gefragt.
NPD-Anhänger in Berlin: Neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei

NPD-Anhänger in Berlin: Neues Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme Partei

Foto: dapd

Berlin - NPD-Verbot, zweiter Versuch - derzeit deutet vieles daraufhin, dass die Bundesländer an diesem Mittwoch gemeinsam Kurs auf ein neues Verfahren gegen die rechtsextreme Partei nehmen. Nach Niedersachsen lenkte zuletzt auch Hessen ein und kündigte an, einen Antrag für ein Verbot der rechtsextremen Partei mitzutragen. Einzig das Saarland hielt sich die Entscheidung bis zuletzt offen.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), rechnet fest mit einem NPD-Verbot. Quellen belegten eindeutig den verfassungsfeindlichen Charakter der rechtsextremen Partei, sagte Caffier der "Ostsee-Zeitung". Das Beweismaterial sei "gut und stichfest".

Er sei "sehr optimistisch, dass sich die Innenminister einstimmig für eine Empfehlung aussprechen werden", sagte Caffier der Nachrichtenagentur dapd. Er forderte die Bundesregierung auf, sich dem angestrebten NPD-Verbotsantrag anzuschließen. Bund und Länder sollten hier Geschlossenheit demonstrieren. Dadurch würde deutlich, dass eine verfassungsfeindliche Partei wie die NPD "von niemandem in Deutschland geduldet" werde.

Ähnlich äußerte sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Neben dem Bundesrat sollten auch die beiden anderen Verfassungsorgane, Bundestag und Bundesregierung, den Verbotsantrag stellen, sagte Dobrindt der "Welt". Er sei überzeugt, dass er zum Erfolg führe, fügte der CSU-Politiker hinzu.

Auch die Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU), bewertet die Erfolgsaussichten für einen neuerlichen NPD-Verbotsantrag als gut. "Ich gehe von einem geschlossenen Verhalten der Innenminister und der Ministerpräsidentenkonferenz aus", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung".

"Unsere Demokratie muss sich wehrhaft zeigen"

Ihre nordrhein-westfälische Amtskollegin Hannelore Kraft (SPD) betonte: "Nach zwölfjähriger Debatte über das Verbot sollten wir jetzt den Mut haben, den Schritt zu gehen. Unsere Demokratie muss sich wehrhaft zeigen", sagte Kraft der "Rheinischen Post".

Die Innenminister wollen sich an diesem Mittwoch bei ihrem Treffen in Rostock-Warnemünde auf eine Empfehlung an die Ministerpräsidenten verständigen. Die Länder-Regierungschefs tagen am Donnerstag in Berlin und geben dann ihr Votum ab. Ein Bundesratsbeschluss könnte am 14. Dezember folgen. Auch Bundesregierung und Bundestag sind dann gefragt, sich festzulegen, ob sie sich dem Antrag anschließen.

Hessen galt bislang neben dem Saarland als größter Skeptiker eines Verbotsverfahrens. Das Land will das Verfahren aber nun nicht ausbremsen. "Wir werden uns einem entsprechenden Antrag nicht entgegenstellen", sagte der hessische CDU-Innenminister Boris Rhein am Dienstagabend in Wiesbaden.

Saar-Innenministerin Monika Bachmann (CDU) wollte ihren Beschluss erst am Mittwoch beim Treffen mit ihren Amtskollegen fassen. Ein einstimmiger Beschluss der Ressortchefs liegt damit in greifbarer Nähe.

Innenminister Friedrich ist skeptisch

Der Bund hält sich in der Frage bislang bedeckt. Es ist noch offen, ob Bundestag und Bundesregierung bei dem Ländervorstoß mitziehen. Vor allem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist skeptisch und verweist immer wieder auf die Risiken.

2003 war ein erster Versuch in Karlsruhe gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leute) auch in der NPD-Führung tätig waren. Bund und Länder versichern, dass diese Spitzel inzwischen abgeschaltet sind, also dem Verfassungsschutz keine Informationen mehr liefern. Auch die gesammelten Belege gegen die NPD sollen keine Informationen von V-Leuten beinhalten.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) appellierte an den Bundesinnenminister, einen NPD-Verbotsantrag mit zu beschließen. Schünemann sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Der Ball liegt jetzt auf dem Elfmeterpunkt und ich bin sicher, dass Herr Friedrich den Schuss auch versenkt. Alles andere könnte ich nicht verstehen."

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, bezweifelte die politische Sinnhaftigkeit. Die Bürger hätten die NPD von Wahltag zu Wahltag in die politische Bedeutungslosigkeit zurückgestoßen. "Das ist mehr wert als jedes Verbot", sagte der CSU-Politiker der "Berliner Zeitung".

Das erste NPD-Verbotsverfahren war 2003 gescheitert, weil die Partei bis in die Führungsetagen mit V-Leuten unterwandert war. Damit ein neuer Anlauf nicht erneut scheitert, hatten die Innenminister die V-Leute in den Vorstandsebenen der NPD abgeschaltet. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe sammelte darauf Tausende belastende Belege gegen die Partei, die allesamt aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen sollen.

hen/dpa/AFP/dapd/Reuters
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