Integration Seehofer und Merkel befeuern Leitkultur-Debatte

"Multikulti ist tot": Im Streit um Integration hat CSU-Chef Horst Seehofer mit drastischer Wortwahl nachgelegt. Auch Angela Merkel drängt Zuwanderer zu mehr Integrationsbereitschaft. Wer das christliche Menschenbild nicht akzeptiere, sagte die Kanzlerin, sei "fehl am Platze" in Deutschland.
Bayerns Ministerpräsident Seehofer: "Deutsche Alltagskultur akzeptieren"

Bayerns Ministerpräsident Seehofer: "Deutsche Alltagskultur akzeptieren"

Foto: dapd

Horst Seehofer

Zuwanderungspolitik

Potsdam - CSU-Chef hat bei seinem Auftritt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Potsdam seine umstrittenen Äußerungen zur noch einmal bekräftigt - und ordentlich nachgelegt. Es gebe bei diesem Thema eine Zustimmung aus der Bevölkerung, wie er sie noch nie erlebt habe. Seehofer betonte: "Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein - Multikulti ist tot."

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich moderater - aber auch sie hat die in Deutschland lebenden Ausländer aufgefordert, sich besser in die Gesellschaft zu integrieren. Die Bereitschaft dazu sei bei Menschen aus Einwandererfamilien dringend nötig, sagte Merkel am Freitagabend bei einer CDU-Regionalkonferenz in Berlin. "Die Voraussetzung für die Integration ist, dass man die Sprache hier spricht."

Seehofer betonte bei seiner Rede, einen "Rechtsdrall" der Union strebe er keineswegs an. Er wolle vielmehr "die rechten Spinner verhindern". Man müsse die politischen Verführer von den Parlamenten fernhalten, indem man auf die Sorgen der Bürger eingehe.

Der bayerische Ministerpräsident erklärte, wer in Deutschland leben wolle, der müsse auch bereit sein, die Alltagskultur zu akzeptieren. Außerdem müsse man beim Kampf gegen den Fachkräftemangel zunächst auf die Qualifizierung der Arbeitslosen setzen, bevor man Personal aus dem Ausland rekrutiere. Für hochqualifizierte Fachkräfte gebe es bereits eine Sonderregelung, die sich in der Praxis gut bewährt habe. Auf keinen Fall dürfte Deutschland aber "zum Sozialamt für die ganze Welt werden", so Seehofer.

CDU

CSU

Der CSU-Vorsitzende forderte die Union vor dem Hintergrund ihres Umfragetiefs zu einem "gesunden Patriotismus" auf. Seehofer sagte am Freitagabend vor dem Parteinachwuchs von und , die Bürger müssten wissen, wofür die Unionsparteien stehen. Man dürfe sich nicht "ständig dafür entschuldigen, dass sie eine Liebe zum eigenen Land hat". Es gebe allen Grund, stolz auf Deutschland zu sein.

Der JU-Vorsitzende Philipp Mißfelder (CDU) begrüßte die Zuwanderungsthesen des CSU-Chefs. Aufgabe der CSU sei es, "für die Union insgesamt die Lufthoheit über den Stammtischen zurückzugewinnen". Mißfelder, der am Freitagabend als Vorsitzender der JU bestätigt wurde, mahnte, rechts von der Union dürfe es niemals eine demokratisch legitimierte Kraft geben. Er fügte hinzu: "Und der Garant dafür in Deutschland ist und bleibt die CSU."

Kritik vom Zentralrat der Juden

Vom Zentralrat der Juden in Deutschland erntete Seehofer dagegen scharfe Kritik für seine Äußerungen zur Zuwanderung und Integration in Deutschland. "Da werden alle möglichen Kulturkreise stigmatisiert, diffamiert und über einen Kamm geschert. Das finde ich einerseits verantwortungslos, andererseits schäbig", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer.

Es bereite ihm "Unbehagen und Angst", dass in der aktuellen Debatte über Integration von Migranten und Zuwanderung die Hemmschwelle sinke. Seehofer wolle offenbar mit diesen populistischen Äußerungen Wählerstimmen gewinnen.

Merkel lastete die Schuld an aktuellen Problemen bei der Integration auch den Vorgängerregierungen an. "Die Versäumnisse von 30, 40 Jahren können nicht so schnell aufgeholt werden", sagte sie.

Auch die CDU-Vorsitzende versicherte: "Wir fühlen uns dem christlichen Menschenbild verbunden, das ist das, was uns ausmacht." Wer das nicht akzeptiere, "der ist bei uns fehl am Platz". Gleichzeitig sollten die Deutschen über ihre Werte und die zunehmende Entfremdung von Religion sprechen, um sich über ihr Land und ihre Gesellschaft zu vergewissern.

jok/itz/APD/dpa
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