Integrationsdebatte Merkel nimmt Unternehmer in die Pflicht

Kanzlerin Merkel: Zuwanderern wirklich eine Chance geben
Foto: GEORGES GOBET/ AFPBerlin - Angela Merkel räumte am Samstag in ihrer wöchentlichen Videoansprache mit Blick auf den Integrationsgipfel der Bundesregierung kommende Woche Hindernisse bei der beruflichen Integration von Migranten ein: "Wenn jemand einen Namen hat, der nicht ganz deutsch klingt, dann ist es oft so, dass er bei bestimmten Berufen Schwierigkeiten hat, im Betrieb überhaupt angenommen zu werden." Die "Charta der Vielfalt" fordere Unternehmen auf, Zuwanderer "wirklich schnell zu integrieren, ihnen eine Chance zu geben".
Die CDU-Chefin hatte vor dem Gipfel im Kanzleramt am 3. November für ihren Video-Podcast ein Gespräch mit dem 31-jährigen Berliner Polizisten Erdogan Yildirim geführt. Auch er hatte gefordert, mehr Migranten in Politik und Verwaltung zu integrieren.
Merkel sagte mit Blick auf die Integrationspolitik der kommenden fünf Jahre: "Ich hoffe, dass alle Kinder dann Deutsch sprechen können, wenn sie in die Schule kommen. Und wir wollen es schaffen, dass die Schulabschlüsse von genauso vielen Migranten gemacht werden wie von deutschen Kindern." Heute sei der Anteil der Schulabbrecher unter Kindern mit Zuwanderungshintergrund noch doppelt so hoch. "Das ist zu viel", betonte Merkel.
Auch werde man ungefähr noch fünf Jahre brauchen, um allen, die dafür in Frage kämen, Integrationskurse anzubieten, fügte die Kanzlerin an. Leider gebe es noch zu viele Menschen, die diese Kurse abbrächen. "Wir sollten auch ein bisschen strenger sein, wenn verpflichtende Integrationskurse angeboten werden und nicht wahrgenommen werden." Entsprechende Maßnahmen hat das Kabinett bereits auf den Weg gebracht.
"Eltern sollen sich für das Schicksal ihrer Kinder interessieren"
Diese Woche hatte die Regierung zudem einen Gesetzentwurf gegen Zwangsehen beschlossen. Merkel plädierte ferner für intensive Sprachtests bei jungen Menschen mit Migrationshintergrund. Sie forderte die Eltern auf, sie sollten in der Schule mitziehen, "zum Beispiel auch zu Elternversammlungen gehen, sich für das Schicksal der Kinder interessieren". Sie glaube, das Thema Integration sei "als gesellschaftliches Thema angekommen", sagte die Bundeskanzlerin und betonte: "Und es gibt auch unendlich viele geglückte Integrationsbeispiele."
Merkel sprach sich erneut für die Einstellung von mehr Zuwanderern in den öffentlichen Dienst aus. Menschen mit Migrationshintergrund seien dort wirklich unterrepräsentiert, so die Kanzlerin. "Das muss sich ändern."
Der baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus fordert indes ein härteres Vorgehen des Staates gegen integrationsunwillige Zuwanderer. "Es muss Konsequenzen haben, wenn jemand sich der Integration beharrlich entzieht", sagte Mappus dem "Hamburger Abendblatt". Zuwanderer, die Sozialleistungen erhielten, sich aber nicht integrieren wollten, seien ausdrücklich nicht willkommen.
Auf die Nachfrage, ob er an Abschiebung denke, antwortete der CDU-Politiker: "Ich bin für ein abgestuftes Verfahren. Zunächst könnten staatliche Leistungen gekürzt werden, um Druck auszuüben", sagte Mappus.
Die Religionsfreiheit der Muslime nicht einschränken
Der Ministerpräsident rief dazu auf, dem Fachkräftemangel in Deutschland vor allem mit Ausbildung statt mit Zuwanderung zu begegnen. "Qualifizierte Fachkräfte gewinnen wir in erster Linie durch optimale Aus- und Weiterbildung im Land", betonte er. Die Zuwanderung könne Lücken schließen, allerdings dürfe es keine Zuwanderung in die Sozialsysteme mehr geben.
Die Aussage von Bundespräsident Christian Wulff (CDU), der Islam gehöre zu Deutschland, bewertete Mappus zurückhaltend. "Es leben Millionen Muslime in Deutschland. Wir müssen alles dafür tun, sie zu integrieren, ohne ihre Religionsfreiheit einzuschränken", sagte er. "Unsere Verfassung basiert aber auf dem christlich-jüdischen Menschenbild und nicht auf dem islamischen."
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann forderte seine Partei zu einem konsequenten Kurs in der Integrationspolitik auf: Hierbei handele es sich um ein "entscheidendes Thema" für die Zukunft der CSU, sagte Herrmann am Samstag auf dem CSU-Parteitag in München. Das Aufkommen einer Partei rechts von der CSU müsse verhindert werden.
Herrmann betonte zugleich, das bedeute nicht, mit "Schaum vor dem Mund" zu reden. Die CSU müsse die Bürger aber mit klaren Aussagen begeistern.
Den Delegierten lag ein Leitantrag des CSU-Vorstandes vor, in dem es heißt: "Deutschland ist kein Zuwanderungsland." Auch ein Fachkräftemangel könne "kein Freibrief für ungesteuerte Zuwanderung" sein. Vielmehr müsse für die Qualifizierung von arbeitslosen Arbeitnehmern in Deutschland gesorgt werden. Die Forderung der FDP nach einem Punktesystem für die Zuwanderung von Fachkräften lehnt die CSU-Spitze in ihrem "7-Punkte-Integrationsplan" ausdrücklich ab.