FDP-Chef attackiert Vorgänger Rösler rechnet mit Westerwelle ab

Rösler: "Die FDP hat sich zu lange auf das Thema Steuersenkung reduziert"
Foto: ALEX DOMANSKI/ REUTERSBerlin - Als Guido Westerwelle sich durchsetzte im parteiinternen Machtkampf der FDP, als er an die Spitze drängte und sich den Parteivorsitz sicherte, da lobte Philipp Rösler den neuen starken Mann, zurückhaltend zwar, aber eindeutig: Ein Stück weit ein Zeichen für die Modernisierung der Partei sei Westerwelle, so ließ sich Rösler damals zitieren.
Elf Jahre ist das jetzt her. Rösler war noch Generalsekretär der Liberalen in Niedersachsen; Westerwelle, der Laute, galt als Mann für eine neue Zeit. Einer, der Botschaften zuspitzen und Anhänger mobilisieren konnte.
Mittlerweile ist Westerwelle ein Mann der Vergangenheit, manche sehen ihn als Außenminister auf Abruf. Rösler hat ihn abgelöst an der Parteispitze und als Vizekanzler und müht sich seitdem, Eigenständigkeit und Entscheidungsstärke zu demonstrieren. Jetzt wäre Rösler, der an die Macht stolperte, gern der Mann der Zukunft. Doch dafür glaubt er sich lösen zu müssen vom Vorgänger.
So entschied er sich, Westerwelle an prominenter Stelle zu attackieren. In der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" griff Rösler die Politik von Westerwelle als zu einseitig an: "Die FDP hat sich zu lange auf das Thema Steuersenkung reduziert", sagte er. "Den Liberalismus auf die Formel mehr Netto vom Brutto zu verkürzen, das ist zu wenig."
"Ich habe die Partei neu ausgerichtet"
Die Mehrzahl der FDP-Mitglieder sei erst nach dem Jahr 2000 in die Partei eingetreten - also während der Westerwelle-Jahre. "Sie sind in einer Partei groß geworden, die in der Außendarstellung auf ein Thema gesetzt hat." Das werde der Grundidee der Freiheit nicht gerecht. "Deshalb habe ich die Partei inhaltlich neu ausgerichtet", sagt er.
Rösler hofft, mit einem neuen Begriff wieder Wähler für die Liberalen begeistern zu können, nämlich mit dem Begriff "Wachstum". Der umfasse sowohl Wirtschaftsthemen wie Schuldenabbau und Finanzmarktregulierung als auch Bildung, Kultur und familienpolitische Fragen. "Ich habe an Dreikönig neue Themen vorgegeben, und die Themen werden von der Partei transportiert", sagt Rösler der Zeitung. Auch bei der Wahl von Joachim Gauck zum Bundespräsidenten und bei der Debatte um eine Transfergesellschaft für Schlecker hatte Rösler versucht, Profil zu zeigen.
Rösler steht massiv unter Druck, die Umfragewerte der Liberalen sind katastrophal, in Berlin und im Saarland flog die FDP aus dem Landtag. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein werden wohl, wenn überhaupt, nur die prominenten Spitzenkandidaten Christian Lindner und Wolfgang Kubicki Ähnliches abwenden können.
Ein Jahr nach dem Rückzug Westerwelles von der Parteispitze weiß Rösler, dass jetzt er die Verantwortung dafür trägt. Sollte seine Partei auch bei den nächsten Wahlen an der Fünfprozenthürde scheitern, dürfte aus ihm wohl kein Mann der Zukunft mehr werden.