Irak-Krise Schröder weicht vom Anti-Kriegs-Kurs ab

Ganz so kompromisslos wie noch zu Wahlkampfzeiten ist das deutsche Nein in Sachen Irak-Krieg offenbar nicht mehr. Kanzler Schröder will den USA Überflugrechte und die Nutzung ihrer Militärbasen in Deutschland "selbstverständlich" nicht verweigern. Die US-Regierung hatte Berlin zuvor offiziell um Unterstützung für den Kriegs-Fall gebeten.

Berlin/Prag - Zwar lehnt die Bundesregierung unverändert eine direkte militärische Beteiligung ab. Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte aber am Donnerstagabend in der ZDF-Nachrichtensendung "Heute", es sei selbstverständlich, dass Bewegungsfreiheit und Überflugrechte der Alliierten nicht eingeschränkt werden könnten. Es gehe nicht um eine militärische Beteiligung Deutschlands, sagte Schröder. Er sprach von Fragen, die noch diskutiert werden müssten.

Zuvor hatte Regierungssprecher Bela Anda in Berlin bestätigt, dass der Bundesregierung erstmals seit Beginn der Diskussionen über einen möglichen Angriff auf Irak eine konkrete Anfrage der USA zu einer deutschen Unterstützung der Aktion vorliege. In der Erklärung Andas heißt es: "Die Anfrage wird sorgfältig geprüft auf der klaren Grundlage einer deutschen Nichtbeteiligung an einer möglichen militärischen Aktion in Irak, unserer Bündnisverpflichtungen, rechtlicher Möglichkeiten und Bindungen."

Während des Prager Nato-Gipfels war aus amerikanischen Regierungskreisen bekannt geworden, dass Präsident George W. Bush in aller Stille rund 50 Staaten, darunter Deutschland, kontaktiert habe mit der Bitte um Benennung von Truppen und Material für den Fall eines Waffenganges gegen Irak.

Nato-Diplomaten sagten am Rande des Gipfeltreffens in Prag, die USA hätten Deutschland um Überflugrechte und die Nutzung von Militärbasen gebeten. Sie hätten jedoch nichts angefragt, was das aktive Eingreifen deutscher Truppen erfordern würde.

Bundesaußenminister Joschka Fischer bekräftigte in Prag: "Unsere Haltung ist eindeutig: Wir werden uns nicht beteiligen." Diese Haltung sei wohl durchdacht. Die US-Anfrage, deren Inhalt vertraulich sei, werde aber geprüft. Die Gewährung von Überflugrechten sei ohne jeden Zweifel ein Aspekt, sagte der Minister, ohne nähere Einzelheiten dessen zu nennen, was geprüft werde.

Schröder hatte im Wahlkampf jegliche deutsche Beteiligung an einem militärischen Vorgehen gegen Irak strikt abgelehnt, dies selbst für den Fall, dass der Uno-Sicherheitsrat einen Angriff beschließen sollte.

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