Islamfeindlichkeit in Deutschland Mehr als 900 Angriffe auf Muslime und Moscheen im Jahr 2020

Die Gewalt gegen Musliminnen und Muslime hat in Deutschland weiter zugenommen. Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke vermutet nur »die Spitze des Eisberges«.
Eine Anti-Islam-Demo vor der As-Sahaba-Moschee in Berlin (Archivfoto von 2012)

Eine Anti-Islam-Demo vor der As-Sahaba-Moschee in Berlin (Archivfoto von 2012)

Foto: Tim Brakemeier/ dpa

Jeden Tag mehr als zwei Angriffe, für ein ganzes Jahr: Die Übergriffe gegen Muslime und muslimische Einrichtungen in Deutschland haben im vergangenen Jahr erneut zugenommen. Mindestens 901 islamfeindliche und antimuslimische Straftaten wurden von den Behörden bundesweit registriert, wie laut »Neuer Osnabrücker Zeitung«  (»NOZ«) aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervorgeht.

Das war ein Plus von knapp zwei Prozent im Vergleich zu 2019, als 884 solcher Delikte verzeichnet worden waren. In den meisten Fällen seien die Täter Rechtsextreme gewesen, zitierte die »NOZ« aus den Ministeriumsangaben. Die endgültigen Zahlen für 2020 dürften nach Angaben der Linksfraktion im Bundestag noch höher liegen, weil erfahrungsgemäß in den nächsten Wochen noch Nachmeldungen hinzukommen werden.

Bei den bislang verzeichneten Taten wurden 48 Menschen verletzt, wie die »NOZ« weiter aus den Ministeriumsangaben zitierte. Das waren demnach deutlich mehr als 2019, als 34 Menschen Verletzungen davongetragen hatten, allerdings auch zwei Menschen gestorben waren. Die Behörden registrierten den Angaben zufolge 2020 allein in 77 Fällen Anschläge auf Moscheen oder Schmierereien und Schändungen dieser Gotteshäuser.

Gewaltanstieg trotz Corona-Beschränkungen

Bereits 2019 war ein Anstieg der registrierten Übergriffe gegen Muslime und muslimische Einrichtungen verzeichnet worden. Die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke sagte der »NOZ«: »Wir haben es bei den gemeldeten Straftaten nur mit der Spitze des Eisberges zu tun.« Ein Großteil der Übergriffe werde von den Betroffenen aus Scham oder Scheu vor den Behörden gar nicht erst zur Anzeige gebracht. Jelpke hob auch hervor, dass der erneute Anstieg dieser Straftaten verzeichnet wurde, obwohl es im vergangenen Jahr wegen der Corona-Auflagen weniger Gelegenheit für Straftaten im öffentlichen Raum gegeben habe.

Ende vergangenen Jahres hatte die Bundesregierung gelobt, den Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland zu verstärken. Geplant sind Demokratieprojekte, Forschung zu Rassismus und Islamfeindlichkeit und verstärkter Opferschutz. Für das Vorhaben werden zwischen 2021 und 2024 mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. Falls der Haushaltsausschuss zustimmt, sollen noch weitere 150 Millionen Euro hinzukommen.

mrc/dpa
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