Islamkonferenz Seehofer sucht Frieden

Horst Seehofer
Foto: HANNIBAL HANSCHKE/ REUTERSHorst Seehofer wusste um den Elefanten, der im Raum stehen würde: Also seinen Satz vom Frühjahr, "der Islam gehört nicht zu Deutschland", der viele Muslime vor den Kopf gestoßen hatte.
Gleich zu Beginn seiner Grundsatzrede zum Neustart der Islamkonferenz an diesem Mittwoch, erstmals unter Seehofers Leitung, kam der Bundesinnenminister darauf zu sprechen. Er wiederholte den Satz nicht, stattdessen erzählte er eine Anekdote vom Tag der offenen Tür in seinem Ministerium. Da sei eine muslimische Familie auf ihn zugekommen und habe zu ihm gesagt: "Herr Seehofer, Sie sind doch der Meinung, dass wir hier nicht dazugehören."
Er habe ihnen versucht zu erklären, dass es ihm eigentlich darum gegangen sei, deutlich zu machen, was Deutschland historisch und kulturell geprägt habe. Aber er habe inzwischen gemerkt, wie schwierig es sei, dies differenziert zu vermitteln. Deshalb habe er der Familie gesagt: "Muslime gehören zu Deutschland. Muslime haben selbstverständlich die gleichen Rechte und Pflichten wie alle Bürger dieses Landes. Und daran kann es wohl keinen vernünftigen Zweifel geben."
Horst Seehofer, das ist die Botschaft, versucht Frieden zu schließen mit den etwa fünf Millionen Muslimen in Deutschland. Er nimmt seinen Satz zum Islam nicht zurück, so weit geht er nicht. Aber seine Botschaft an diesem Tag ist eine andere als die des Horst Seehofer vom Frühjahr und vom Sommer, als der CSU-Chef den Islam noch in einem bayerischen Bierzelt zum Wahlkampfthema machte.
"Respekt, Toleranz und Dialog"
Für den Neustart der Deutschen Islamkonferenz hatten ihm seine Beamten allerlei warme Worte aufgeschrieben. Seehofer sprach von "Respekt", "Toleranz" und "Dialog". Und davon, dass die Regierung einen Islam fördern wolle, "der in unserer Gesellschaft verortet ist". Einen Islam, der unabhängig vom Einfluss und der Finanzierung aus dem Ausland sein soll. "Einen Islam in, aus und für Deutschland. Einen Islam der deutschen Muslime."
So versöhnlich Seehofers Worte klingen, so kompliziert ist die Wirklichkeit. Denn natürlich gibt es nicht den einen deutschen Islam, sondern unüberschaubar viele Vorstellungen vom Islam in Deutschland. Es gibt den konservativen Zentralrat der Muslime und den unter türkischem Einfluss stehenden Ditib-Verband. Es gibt Sunniten, Schiiten und Ahmadiyya. Es gibt liberale und säkulare Verbände.
All diese Gruppen hat Seehofer in die Islamkonferenz eingeladen, das Spektrum der Gäste war noch nie so breit. Wie weit diese aber mitunter auseinander liegen, wurde gleich zum Auftakt deutlich. In der Diskussion nach Seehofers Rede gingen liberale und konservative Muslime aufeinander los. Manche nutzten die Runde, um alte Rechnungen zu begleichen.
Völlig unklar blieb auch, wie genau es gelingen soll, die deutschen Moscheegemeinden vom Ausland unabhängig zu machen. Eines der zentralen Themen der Konferenz ist die Ausbildung und Finanzierung der Imame. Das Modell des Ditib-Verbands, der seine Vorbeter aus der Türkei importiert, hat für die Regierung keine Zukunft, so viel steht fest.
Ein Alternativmodell konnte Seehofer allerdings auch nicht vorstellen. Aus dem Publikum meldete sich ein Imam aus Bayern. Er berichtete, dass er die Kanzlerin in einem Brief um finanzielle Unterstützung bei der Imam-Ausbildung gebeten habe. Angela Merkel habe ihn an Seehofer verwiesen. Er solle ihm den Brief auch mal geben, er wolle wissen, ob da ein Befehl der Kanzlerin drinstehe, witzelte Seehofer.
Doch dass der deutsche Staat Imame bezahlt, gilt als ausgeschlossen. Die Rolle der Regierung bei der Islamkonferenz sei eine andere, betonte Seehofer. Er verstehe sich als "Brückenbauer". Und dann eilte er auch schon weiter, zum Innenministertreffen in Magdeburg.