Bürgerentscheid in Bayern Islamgegner verhindern Neubau von Moschee in Kaufbeuren

Gut jeder vierte Einwohner Kaufbeurens hat gegen den Neubau einer Moschee in der bayerischen Stadt gestimmt. Das genügte, um den islamischen Sakralbau per Bürgerentscheid zu verhindern.

In Kaufbeuren haben sich die Wähler im Rahmen eines Bürgerentscheids gegen eine Grundstücksvergabe für eine neue Moschee entschieden.

Am Sonntag wurde mit einer knapp 60-prozentigen Mehrheit das Immobiliengeschäft abgelehnt. Gut 40 Prozent der Wähler stimmten für die Errichtung der Moschee. Die Beteiligung lag nach Mitteilung der Kommune bei 45 Prozent der rund 36.000 Wahlberechtigten.

Bürgermeister Stefan Bosse (CSU) sagte am Sonntagabend, er bedauere die Entscheidung. "Ich verstehe, wenn die Türken verletzt sind, aber die Erklärung liegt außerhalb unserer Stadt - insofern sollten wir wieder Wege zueinander finden", sagte Bosse dem Bayerischen Rundfunk. 

Initiator begründet Ablehnung mit Angst vor dem Islam

Initiator der Bürgerinitiative gegen ein neues islamisches Gotteshaus in Kaufbeuren war der pensionierte Kriminalpolizist Werner Göpel. Bei einer Diskussionsveranstaltung im Juni hatte Göpel die Initiative mit Angst vor "Islamisierung" begründet . Der Islam biete "die Lizenz zum Töten", sagte Göpel laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks. Der Stadtrat von Kaufbeuren hatte der Verpachtung des Grundstücks für einen Moschee-Neubau im November noch mit 24 zu 12 Stimmen zugestimmt.

Die Stadt im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben hatte dem türkischen Verein ein Grundstück in einem neu erschlossenen Gewerbegebiet am nördlichen Stadtrand in Nachbarschaft einer Kläranlage angeboten. Es sollte dem Verein für die Dauer von bis zu 99 Jahren verpachtet werden, aber in städtischem Besitz bleiben. Damit hätte sich die Stadt ein Mitspracherecht bei der Gestaltung der Moschee gesichert.

Die Gegner des Neubaus hatten rund 3250 gültige Unterschriften gegen das Projekt gesammelt, etwa 900 mehr als für einen Bürgerentscheid nötig. Deswegen hatte der Stadtrat der rund 45.000 Einwohner großen Stadt den Bürgerentscheid festgelegt.

Bei dem Entscheid konnten die Kritiker des Gebetshauses auch das sogenannte Quorum von 20 Prozent aller Wahlberechtigten erreichen, das für einen erfolgreichen Bürgerentscheid notwendig ist. Letztlich stimmten fast 27 Prozent der zur Wahl Aufgerufenen gegen die Grundstücksvergabe.

Kritik an dem Projekt gab es insbesondere, weil es sich um einen Kulturverein unter dem Dach der umstrittenen Organisation Ditib handelt. Gegner sehen in der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib) den verlängerten Arm des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Grundsätzlich verhindert haben die Wähler mit dem Urnengang den Neubau einer Moschee allerdings nicht. Der Kulturverein kann nun nach einem privaten Grundstück für das Bauwerk suchen.

Video: Proteste gegen Moscheebau in Leipzig

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cht/dpa
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