Vorschlag von Israels Oberrabbiner Deutsche Ärzte sollen jüdische Beschneider ausbilden

Im Streit über die Beschneidung von Jungen hat sich Israels Oberrabbiner Yona Metzger zu Wort gemeldet: Er schlägt vor, dass deutsche Ärzte künftig jüdische Beschneider ausbilden sollten. Die Beschneidung müsse jedoch auch in Zukunft kurz nach der Geburt und ohne Betäubung vorgenommen werden.
Oberrabbiner Metzger: "Kein Jude hat wegen der Beschneidung ein Trauma erlitten"

Oberrabbiner Metzger: "Kein Jude hat wegen der Beschneidung ein Trauma erlitten"

Foto: Kay Nietfeld/ dpa

Berlin - Geht es nach Yona Metzger, dann gibt es in Deutschland bald einen neuen Ausbildungsberuf: den Mohel. So bezeichnet das Judentum den Fachmann, der die Beschneidung männlicher Säuglinge nach jüdischem Ritus durchführt. Deutsche Ärzte sollen künftig Beschneider ausbilden. Diesen Vorschlag stellte der Oberrabbiner der aschkenasischen Juden in Israel in Berlin vor.

Auf einer Deutschlandreise sucht Metzger derzeit mit deutschen Regierungsvertretern einen Kompromiss im Streit um die Beschneidung von Jungen, der nach einem Urteil des Kölner Landgerichts entbrannt war. Die Richter hatten die Beschneidung von Minderjährigen aus religiösen Gründen als Körperverletzung betrachtet, da sie die körperliche Unversehrtheit des Kindes verletze.

Für Metzger ist die religiöse Beschneidung, hebräisch Brit Mila, nicht verhandelbar. Seit 4000 Jahren würden jüdische Knaben beschnitten, seit 1800 Jahren sei der Brauch jüdische Tradition in Deutschland. "Von uns zu fordern, dieses Gebot zu ändern, heißt, unsere Religion zu verändern." Man könne auch von einem katholischen Pfarrer nicht verlangen, Weihnachten zu verschieben.

In der Tora sei festgelegt, dass neugeborene Jungen an ihrem achten Lebenstag beschnitten werden müssten. Außerdem dürfe der Knabe laut jüdischem Recht nicht betäubt werden - lediglich "ein Tropfen süßer Wein" sei erlaubt, so Metzger. Eine Betäubungsspritze würde dem Kind mehr Schmerz zufügen als der Schnitt ohne Anästhesie. Mediziner dürften den Eingriff nur vornehmen, wenn sie eine religiöse jüdische Ausbildung durchliefen.

"Ich bin sicher, dass wir eine Verständigung finden werden"

Einschätzungen von Ärzten, die davor warnten, dass der Schmerz der Beschneidung bei den Betroffenen ein Trauma auslösen könnte, tat der Rabbiner als absurd ab: "Kein Jude in Israel hat wegen der Beschneidung ein Trauma erlitten." Außerdem habe es bislang keinen einzigen bekannten Todesfall nach einer Zirkumzision gegeben.

Metzger erinnerte daran, dass den Juden in der Sowjetunion die Beschneidung verboten gewesen sei. Deutschland dürfe sich nicht auf eine Stufe mit einem kommunistischen Staat stellen. "Es geht doch nicht, dass der deutsche Staat seinen Bürgern künftig sagt: Wenn du das religiöse Gebot erfüllen willst, musst du für die Beschneidung nach Polen fahren!"

Um die Ängste vor angeblichen Gefahren der Beschneidung zu nehmen, will Metzger zukünftig Beschneider in Deutschland ausbilden lassen. Derzeit gebe es in ganz Europa keine Schule, die diesen Beruf lehrt. Nach den Angaben des Rabbiners sind derzeit in Deutschland zehn Mohel aktiv, die jedoch in Israel ausgebildet worden seien.

Deutsche Ärzte sollten die Beschneider so schulen, dass sie bei Komplikationen erste Hilfe leisten könnten. Parallel dazu würden sie von Rabbinern theologisch ausgebildet. Nach Abschluss der medizinischen und religiösen Ausbildung sollten Rabbiner in Deutschland oder das Oberrabbinat in Israel den Mohel ein offizielles Diplom verleihen.

Erste Gespräche über diesen Kompromissvorschlag mit dem Justizministerium seien vielversprechend verlaufen. Dort habe man verstanden, dass für eine erfolgreiche Integration die freie Religionsausübung für Juden nicht behindert werden dürfe, sagte Metzger: "Ich bin sicher, dass wir eine Verständigung finden werden."

syd
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