
S.P.O.N. - Im Zweifel links Von Limburg nach Lampedusa


Bischofshaus in Limburg: Selten stürzt einer über den Fehler, aber oft über den Umgang damit
Foto: Fredrik Von Erichsen/ dpa
An der Lahn hat der Bischof nen Fimmel
Für Pracht, Prunk und teures Gebimmel
Sein schickes Gemäuer
Wurd' dann ziemlich teuer
Jetzt stinkt er wie Käs' hoch zum Himmel
Pardon. In Limburg und anderswo ist den Katholiken vermutlich nicht nach Scherzen zumute. Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat sich durch seine Bau-Eskapaden in Teufels Küche gebracht. Er hat dem Ruf seines Bistums geschadet, dem Ansehen seiner Kirche in Deutschland, überhaupt dem Ansehen der katholischen Kirche. In der Tat: Ein Bischof sollte mit der Wahrheit sorgsam umgehen und mit dem Geld anderer Leute auch. Vor allem aber wirkt der Luxus von Limburg wie aus der Zeit gefallen, wenn in Rom der erste Papst der Globalisierung den Katholizismus neu erfindet. Und zwar als Kirche der Armen.
Dennoch sollten die Gerechten und die Selbstgerechten ein paar Sachen bedenken, wenn sie in diesen Tagen über den Bischof von Limburg herfallen:
- Erstens, wenn der Bischof stürzt, dann nicht, weil er mit dem Geld so freigiebig war, sondern mit der Wahrheit so geizig.
- Zweitens, die Limburger werden ihm eines Tages dankbar sein, denn nach allem, was man sieht, ist diese bischöfliche Residenz ein ungewöhnliches Beispiel gelungener Architektur.
- Und drittens, die römisch-katholische Kirche wird auch diese Affäre überleben. Ja, für Papst Franziskus und seine Predigt von Fürsorge und Demut kann sie gar zum Fanal werden.
Mitleid. Wenn man das sonderbar greisenhafte Gesicht des Bischofs Tebartz-van Elst sieht, kommt einem das als Erstes in den Sinn. Offenbar ist hier einer überfordert und hat sich und die anderen überfordert. "Alle Kreatur braucht Hilf' von allen", hat Brecht geschrieben. Aber das wird jetzt schwer. Wer kann diesem Bischof noch helfen? Seine Adventskranzhängevorrichtung kostet 100.000 Euro.
Andererseits, was ist der Preis der Exaltation? Nein, es sind nicht die Kosten, die dem Bischof auf die Füße fallen, sondern die Lügen: "Wir sind durch den Bischof in Limburg hinters Licht geführt worden", haben die drei Mitglieder des Vermögensverwaltungsrats gesagt. Da bestätigt sich wieder eine bekannte Lehre aus der Politik, die auch ins Priesterseminar gehört: Selten stürzt einer über den Fehler, aber oft über den Umgang damit.
"Eines der besten deutschen Neubauvorhaben seiner Art"
Die Kosten mögen zu hoch sein. Aber sie sind gut investiert. "Das Diözesane Zentrum ist exzellente Baukunst, eines der besten deutschen Neubauvorhaben seiner Art aus den letzten Jahren", hat Rainer Haubrich in der "Welt" geschrieben und das glaubt man mit Blick auf die Bilder sofort. Ein "Protz-Bischof", wie er auf dem Boulevard beschimpft wird, ist dieser Tebartz-van Elst gerade nicht, sondern ganz im Gegenteil ein geschmackvoller Mann, dem man allerdings ein solches Bauvorhaben nicht anvertrauen sollte. Aber für solche Differenzierung ist nur wenig Raum im Strudel all der Empörung.
Das Keifen der Menge ist übrigens in der Architektur des öffentlichen Raumes kein guter Maßstab. "Wird die Stadt Paris sich wirklich den (...) geschäftstüchtigen Phantastereien einer Maschinenkonstruktion anschließen, um sich für immer zu schänden und zu entehren?", hieß es seinerzeit in einem Manifest gegen den Eiffelturm. Und man sollte auch daran erinnern, dass demokratische Legitimierung und saubere Rechnungslegung gerade bei den großen kirchlichen Bau- und Kunstwerken historisch eher die Ausnahme waren.
Der Mann, dem wir den Neubau des Petersdoms verdanken, hieß im wahren Leben Giuliano della Rovere, war nicht nur Feldherr und Vater von drei Töchtern, sondern auch Papst, Beiname: "der Schreckliche". Ohne ihn gäbe es Michelangelos Fresken in der Sixtinischen Kapelle nicht. Aber wie wollte man das heute bei Günther Jauch erklären?
Hinter dem Streit über das Bauwerk lauert jedoch ein anderer, viel ältererer Konflikt. Hier geht es nicht nur um Mittel und Verantwortlichkeit - sondern um Mitleid und Verantwortung. Welche Rolle spielen die deutschen Bischöfe und die katholische Kirche in Deutschland in der Debatte um die soziale Gerechtigkeit? Deutschland ist ein reiches Land. Aber die katholische Kirche darf keine Kirche der Reichen sein. Das Problem von Limburg beschäftigt die Kirche buchstäblich seit rund tausend Jahren, seit vom Kloster in Cîteaux die erste mächtige Bewegung zur Erneuerung der Kirche ausging: der Konflikt zwischen der Sehnsucht nach dem Einfachen und der Lust an der Repräsentation.
Es ist kein Zufall, sondern geradezu historische Notwendigkeit, dass mit Jorge Mario Bergoglio gleichzeitig in Rom ein neuer Papst eingezogen ist, der sich auf den Heiligen Franziskus von Assisi beruft und dessen erste Reise im Amt ihn nach Lampedusa führte, an den Ort des europäischen Versagens, zu den Schiffbrüchigen einer grausamen Globalisierung. Denn von Limburg nach Lampedusa ist der Weg heute immer noch so weit, wie er es in der Zeit des Heiligen Franziskus von den Hütten in die Paläste war.
Der Argentinier Bergoglio weiß das, und man darf hoffen, dass er den gefallenen Bischof aus Deutschland und seine Glaubensbrüder daran erinnern wird.
