Corona-Impfstoff
Spahn stellt Impfmöglichkeit für alle Deutschen im zweiten Quartal in Aussicht
An der Beschaffung der Impfstoffe in Deutschland und der EU wird derzeit viel Kritik geübt. Nun hat Gesundheitsminister Jens Spahn gesagt, er rechne mit einem Impfangebot für alle Bürger im zweiten Quartal.
Jens Spahn rechnet mit ausreichend Impfstoff für alle Deutschen im zweiten Quartal
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Kay Nietfeld / dpa
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat nach SPIEGEL-Informationen in einer digitalen Unionsfraktionssitzung ein Impfangebot für alle Bürgerinnen und Bürger im zweiten Quartal angekündigt. Zuerst hatte die »Welt« darüber berichtet. Demnach sagte er, es werde ein Impfangebot für alle Interessierten »wohl im zweiten Quartal 2021« geben.
Spahn sprach Teilnehmern zufolge davon, bis Ende des Jahres hätte man 1,5 Millionen Impfdosen von Biontech erhalten, weitere vier Millionen würden es bis Ende Januar sein, insgesamt rechne man mit 60 Millionen Biontech-Impfdosen. Mit der Zulassung des Moderna-Impfstoffs rechne man noch diese Woche, 50 Millionen Impfdosen seien für Deutschland eingeplant – das reiche für alle Interessierten.
Überraschende Ankündigung nach viel Kritik
Spahns Ankündigung ist überraschend, bislang wurde mit einem Impfangebot für die breite Bevölkerung ab dem Sommer gerechnet. Ob Spahn diesen ambitionierten Zeitplan umsetzen kann, ist offen. Wichtig für eine erfolgreiche Impfkampagne ist nicht nur die Zahl der Impfdosen im Land, sondern auch die Verteilung an die Bundesländer und die Logistik vor Ort.
Derzeit kritisieren Politiker und Wissenschaftler die Beschaffungsstrategie der Regierung und der EU für Corona-Impfstoffe. Die Leopoldina-Forscherin Frauke Zipp sprach von einem »groben Versagen der Verantwortlichen«. In Deutschland steht verhältnismäßig wenig Impfstoff zur Verfügung, die Lieferungen in die Bundesländer hatten sich verzögert.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte gesagt, die EU habe zu wenig Impfstoff bestellt und auf die falschen Hersteller gesetzt. Der Wissenschaftler und Biontech-Gründer Uğur Şahin sagte im SPIEGEL, er habe sich über die Impfstoffbeschaffung der EU gewundert.
Sowohl die Regierung als auch die EU-Kommissionhaben sich gegen die Vorwürfe gewehrt. Die Bundesregierung bekräftigte den europäischen Kurs. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte, das Problem sei nicht die »Bestellmenge« gewesen, sondern die »Produktionskapazität« der Impfstoffhersteller. Bislang ist erst ein Impfstoff in der EU zugelassen, der der Mainzer Firma Biontech.
Die Pharmaindustrie verteidigte laut der Nachrichtenagentur dpa das Vorgehen der Regierung. »Die EU und auch die Bundesregierung haben sich nach unserer Kenntnis sehr rechtzeitig mit der Beschaffung von Impfstoffen auseinandergesetzt«, sagte am Montag Hans-Georg Feldmeier, der Vorsitzende des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie. Dabei sei mit allen potenziellen Impfstoffherstellern verhandelt worden.