Joachim Gauck "Ich bin doch kein Anhänger der AfD"

Joachim Gauck in Berlin: "Ich kann so was nicht wählen"
Foto: Paul Zinken/ DPAAltbundespräsident Joachim Gauck hat zu einer kämpferisch-argumentativen Auseinandersetzung mit der AfD aufgerufen. "Ich finde die Typen suspekt und retro. Und ich kann so was nicht wählen, das ist völlig unmöglich", sagte der 79-Jährige am Dienstagabend in Berlin. "Aber das heißt doch nicht, dass ich dann so tue, als würden sie nicht auf der Agenda sein. (...) Sie sind da." Man müsse ja nicht mit jedem oder jeder reden. Aber es gebe auch bei der AfD Menschen, da lohne es sich. "Und wenn du nicht mit denen nett reden kannst, dann musst du mit ihnen heftig streiten."
Wenn man so tue, als sei die AfD nicht da, und wenn man sie keines Argumentes würdige, dann bewege sich in diesem Lager nichts. "Aber wir müssen damit rechnen, dass sich in dem Lager noch eine Menge bewegen kann", sagte Gauck und verwies darauf, dass Mitglieder aus der AfD auch wieder ausgetreten seien.
Gauck stellte in Berlin sein Buch "Toleranz: einfach schwer" vor. Darin plädiert er unter anderem für eine Erweiterung der Toleranz ins rechte Lager hinein. Als er diese These am Wochenende in einem SPIEGEL-Gespräch aufstellte , löste er damit eine Kontroverse aus.
"Ich will doch mit ihnen streiten. Ich bin doch kein Anhänger der AfD geworden", sagte Gauck nun. Die Furcht, mit der Toleranz zu weit zu gehen, wenn man andere politische Auffassungen in den politischen Diskurs einbeziehe, sei nicht nachvollziehbar. "Die Vertreter der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, dieser universellen Werte, müssen sich nicht fürchten, dass ihnen die Argumente ausgehen."
Die Grenzen seien dort, "wo unsere Rechtsordnung und unsere Verfassung mit Füßen getreten werden oder missachtet werden, wo Hass gesät wird und wo Menschen diskriminiert werden", sagte Gauck. Das gelte auch für Zuwanderer mit muslimischer Tradition, die Freiheit - etwa gegenüber Frauen - zulassen müssten. "Die Duldung von Intoleranz im migrantischen Milieu ist keine Toleranz", betonte Gauck. Darauf zu beharren, habe nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun.