
Joachim Herrmanns "Neger"-Äußerung Der arme Schnapper


Joachim Herrmann (CSU), bayerischer Innenminister: Abgrund an Gedankenlosigkeit
Foto: Andreas Gebert/ dpaMuss er jetzt zurücktreten? Ja mei. Das wäre doch etwas viel.
Denn, das spricht für ihn, eigentlich hatte er es ja gut gemeint, der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Und im ersten Anlauf war es ihm auch tatsächlich gelungen, einige vernünftige Sätze aneinander zu reihen, nachdem ihn Frank Plasberg bei "Hart aber fair" gefragt hatte, was er denn dem bayerischen Landsmann antworten würde, der in eine Fernsehkamera spricht: "Die Neger passen nicht zu uns."
Beinahe würdig durchgestanden
Herrmann beklagte eine "Verrohung" und stellt fest: "Ich denke, das ist einfach Unfug. Und wir müssen vor allen Dingen klar sehen: Dort, wo es um die berechtigten Flüchtlinge geht, da müssen wir die aufnehmen, und da geht es eben nicht um Hautfarbe, und da geht es nicht um Religion, sondern da geht es darum, dass solche Menschen, wenn sie wirklich verfolgt sind, hier Asylrecht haben. Und dafür müssen wir einstehen."
Ein klares Bekenntnis zum Recht auf Asyl für Schutzbedürftige, richtige und angemessene Worte. Klar, Herrmann vergisst nie den Hinweis auf den gerne von seiner Partei angeprangerten "Asylmissbrauch", aber er ist nun mal bei der CSU, also geschenkt. Hätte er es nur dabei belassen: Joachim Herrmann hätte die Sendung mit Würde durchgestanden.
Das Schicksal wollte es aber anders. Ulrich Reitz, Chefredakteur des "Focus", ist dann Minuten später nämlich auch noch eine Antwort für den bayerischen Rassisten aus dem Einspieler eingefallen, er verwies auf die bisherigen Integrationsleistungen Deutschlands, das sei doch eine "grandiose Erfolgsstory".
Und in diesem Moment kam Joachim Herrmann so etwas wie ein Gedanke, er wollte Reitz beipflichten, eigentlich war er gar nicht dran, aber dieser Satz musste offenbar dringend raus.
Versehentlich den eigenen Rassismus entlarvt
So kam es, dass Herrmann aus dem Off zu hören ist mit einem Satz, wie ihn sich Gerhard Polt nicht besser hätte ausdenken können für einen depperten Lackl am Biertisch, der etwas vorgeblich Ausländerfreundliches sagen will, dabei aber nur den eigenen Rassismus entlarvt: "Roberto Blanco war immer ein wunderbarer Neger, der den meisten Deutschen wunderbar gefallen hat."
Nun muss man erstens feststellen, dass die Vergangenheitsform völlig unangemessen ist. Roberto Blanco erfreut sich, nach allem, was bekannt ist, bester Gesundheit, und ist, obschon mittlerweile 78 Jahre alt, nach wie vor künstlerisch aktiv und mutmaßlich bei manchen Älteren ungebrochen populär.
Das sollte Herrmann bekannt sein, schließlich ist Blanco Ehrenmitglied der CSU - was im Übrigen erklären könnte, dass der Innenminister ausgerechnet Blancos Namen ungefragt hervorstieß, als ihn der Drang ergriff, etwas zu sagen. Weniger peinlich macht es die Angelegenheit nicht.
Denn zweitens herrscht in zivilisierten Kreisen dieses Landes längst Einigkeit darüber, dass das N-Wort eine Beleidigung für Menschen dunkler Hautfarbe ist und deshalb nicht verwendet werden soll. Allenfalls kann man sich vielleicht noch darüber streiten, ob alte Kinderbücher in Neuauflagen geändert werden sollten, damit sich das Wort nicht weiter verbreitet - oder ob das ein Eingriff in das künstlerische Werk und insofern zu viel des Guten wäre.
Aber im ersten deutschen Fernsehen zu bester Sendezeit hört man es schon lange nicht mehr, dieses Wort. Jedenfalls nicht von jemandem, der ein öffentliches Amt bekleidet. Nicht von jemandem, der im weitesten Sinne als politisch interessiert und gebildet gelten könnte. Nicht von jemandem, der eine halbe Sekunde nachdenkt, bevor er den Mund aufmacht. Nicht von jemandem, der professionell mit Sprache umgeht, der seine Worte wählt und reflektiert, welche Wirkung sie haben.
Nein, von solchen Leuten nicht. Nur von Joachim Herrmann (CSU), dem bayerischen Innenminister.
Gedankenlos, aber nicht böse
Es schmerzt gewiss, diesen Abgrund an Gedankenlosigkeit bei einem Würdenträger bezeugen zu müssen - insbesondere, wenn man dem Freistaat Bayern herzlich zugetan ist. Es schmerzt, seine alberne Entschuldigung hören zu müssen, er gebrauche dieses Wort eigentlich nie. Aber, wie gesagt, böse gemeint hat es Joachim Herrmann (CSU) wohl nicht. Darum von dieser Stelle keine aufgeregte Forderung nach Konsequenzen.
Der arme Schnapper braucht ja auch ein Auskommen. Für eine Anstellung als Schaukelbremser hat es bei Herrmann offenbar nicht gereicht, dann soll er halt unter Seinesgleichen bleiben als Minister im Kabinett Seehofer.
Das ist schon Strafe genug.