Umstrittene Reform Kabinett will Geheimdiensten Zugriff auf Messengernachrichten geben

Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst sollen künftig bei WhatsApp mitlesen dürfen. Der Kabinettsbeschluss muss noch vom Bundestag gebilligt werden.
Das Logo der Messenger-App WhatsApp

Das Logo der Messenger-App WhatsApp 

Foto: Martin Gerten/ DPA

Die Reform war in der Koalition sehr umstritten, nun hat sich die Bundesregierung entschieden, dass Geheimdienste künftig die Kommunikation über WhatsApp und andere verschlüsselte Messenger-Dienste mitlesen dürfen. Das Kabinett entschied am Mittwoch, dass der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst (MAD) künftig nicht nur laufende Gespräche via Messenger überwachen dürfen, sondern auch Botschaften, die per Messenger verschickt werden.

Voraussetzung für die sogenannte Quellen-TKÜ ist allerdings in jedem einzelnen Fall eine entsprechende Anordnung. Die Geheimdienste können also nicht nach eigenem Gutdünken Kommunikation mitlesen und speichern. Um die Kontrolle der Überwachungsmaßnahmen zu verbessern, wird die Zahl der Mitglieder der für ihre Genehmigung zuständigen G10-Kommission des Bundestags erhöht. Außerdem soll der Kommission ein technischer Berater an die Seite gestellt werden. Die Reform muss noch vom Bundestag gebilligt werden.

Geheimdienste auf Stand vor Erfindung des Internets

Befürworter des Entwurfs sagen, damit sei der Inlandsgeheimdienst von seinen Möglichkeiten her bloß wieder auf dem Stand angekommen, auf dem er vor der Erfindung von Internet und Mobilfunk war. Damals genügte es, Festnetztelefone abzuhören.

Ein erster Entwurf war den anderen Ministerien bereits im März 2019 zur Stellungnahme übersandt worden. Damals sah er für die Geheimdienste auch noch die Erlaubnis für "Online-Durchsuchungen" vor. Darunter versteht man den verdeckten Zugriff auf Computer, Smartphones und andere IT-Geräte, deren Daten dann ausgelesen werden können. Dieser Passus wurde auf Druck der SPD gestrichen.

Der nun vom Kabinett gebilligte Entwurf aus dem Bundesinnenministerium sieht außerdem einen erweiterten Austausch von Informationen zwischen dem MAD und den Verfassungsschutzbehörden vor. Auch werden die Hürden für die Beobachtung von Einzelpersonen durch den Verfassungsschutz gesenkt. Damit zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus den rechtsextrem motivierten Terroranschlägen in Halle und Hanau. Beide Anschläge waren von Tätern verübt worden, die nach bisherigen Erkenntnissen keiner Gruppierung angehörten.

mfh/dpa
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