SPIEGEL-Spitzengespräch Kiesewetter gibt Guttenberg und Merkel Schuld an Bundeswehrkrise

Zwei Unionsgrößen sind verantwortlich für den miserablen Zustand der Bundeswehr, sagt CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter im SPIEGEL-Talk. In der Debatte gab es auch Kritik an der fehlenden Geschlechterparität im Kabinett.
Agnieszka Brugger und Roderich Kiesewetter beim SPIEGEL-Spitzengespräch

Agnieszka Brugger und Roderich Kiesewetter beim SPIEGEL-Spitzengespräch

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter gibt dem früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg die Schuld am schlechten Zustand der Bundeswehr – und sieht auch Versäumnisse bei Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

»Der Fehler lag bei zu Guttenberg, Thomas de Maizière hat versucht, die Fehler einzudämmen«, sagte Kiesewetter im SPIEGEL-Spitzengespräch mit Moderator Markus Feldenkirchen über den einstigen CSU-Verteidigungsminister und dessen CDU-Amtsnachfolger. »Guttenberg hat ohne mit der Wimper zu zucken einer Bitte der Kanzlerin entsprochen und knapp zehn Milliarden Euro eingespart, die Wehrpflicht aufgegeben, ohne dass wir eine intensive Debatte gehabt hätten.«

Kiesewetter kritisierte auch Merkel. »Ich glaube, sie hatte kein großes Interesse daran, sich tiefer auseinanderzusetzen. Ihr war es wichtiger, die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zusammenzuhalten«, sagte der CDU-Politiker: »Sie war jemand, die eher über gesellschaftlichen Zusammenhalt nachdachte als über die potenziellen Bedrohungen.«

In dem SPIEGEL-Talk nahm Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse im Gegensatz zu Kiesewetter neben Guttenberg auch dessen Nachfolger de Maizière in die Pflicht. »Beide zusammen waren nicht ganz glücklich«, sagte Domröse. Nun sei die Bundeswehr in einem schlechten Zustand.

Die Aufgabe, die Bundeswehr zu reformieren und bei der Truppe die Zeitenwende zu vollziehen, fällt an den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der auf die Anfang der Woche zurückgetretene Christine Lambrecht folgt. Mit Pistorius bricht Bundeskanzler Olaf Scholz sein Versprechen der Geschlechterparität im Bundeskabinett.

DER SPIEGEL

Das Problem mit der Parität

»Das Kabinett ist nicht paritätisch besetzt«, kritisierte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger in dem SPIEGEL-Talk. Scholz habe sich im vergangenen Jahr schon aus der Geschlechterbilanz rausgerechnet. »Und ich finde es natürlich schon richtig, dass ein Kabinett 2023 paritätisch besetzt ist. Jede Partei hat da ihre eigene Verantwortung. Aber es kann ja nicht sein, dass immer die Grünen die einzigen Streber:innen sind, die dann dieses Versprechen der Parität auch einlösen.«

Brugger ließ in dem Gespräch durchblicken, dass sie sich eine Frau als Nachfolgerin Lambrechts gewünscht hätte. »Es sind tolle Frauen diskutiert worden, wie Eva Högl oder Siemtje Möller, die ich beide sehr, sehr schätze«, sagte Brugger. Sie bejahte die Frage, ob sie Högl oder Möller für eine gute Besetzung als Verteidigungsministerin gehalten hätte. Högl ist derzeit Wehrbeauftrage im Bundestag, Möller ist Parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium.

Kiesewetter bedauert ebenfalls, dass es keine Parität im Kabinett mehr gibt. »Schade, dass es keine Frau ist. Aber ich glaube, dass Herr Pistorius das gut machen wird. Und der Bundeskanzler muss es wiedergutmachen bei den Frauen, sonst bricht er sein Versprechen auf Dauer«, sagte Kiesewetter.

Ex-General Domröse: »Ich glaube, dass wir jetzt eine fürchterlich blutige Frühjahrsoffensive sehen«

Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse rechnet derweil für das Frühjahr mit verheerenden Kriegsentwicklungen in der Ukraine. »Die Ukrainer kämpfen mit westlichen Waffen, aber trotzdem allein gegen eine Weltmacht, die stümperhaft militärisch geführt wird, aber dort so viel nachschieben kann«, sagte Domröse im Gespräch mit Feldenkirchen, Brugger und Kiesewetter. 200.000 Rekruten verstärkten nach der sogenannten Teilmobilisierung das russische Militär. Russland könne bis zu 25 Millionen Menschen mobilisieren. »Und die zu schlagen im Sinne von zu vernichten, halte ich für technisch unmöglich, aus ukrainischer Sicht«, so Domröse.

»Ich glaube, dass wir jetzt eine fürchterlich blutige Frühjahrsoffensive sehen, wo beide Seiten noch einmal versuchen, militärisch einen Durchbruch im Sinne des Erfolges zu haben«, sagte der General a.D. Falls die Ukraine und Russland dann nicht mehr weiterkämen, könnte es aus Domröses Sicht Verhandlungen geben, um einen langjährigen Stellungskrieg zu vermeiden.

Kiesewetter widersprach Domröses Einschätzung im SPIEGEL-Talk. »Ich sehe sehr klar, wie Russland scheitert, wie die Sanktionen wirken«, sagte er. »Ich sehe, dass sie ungeheure Verluste haben und dass Putin die Zeitkarte spielt. Ich glaube, wir müssen geduldig sein und der Ukraine mehr liefern.« Brugger und Domröse sprachen sich dafür aus, der Ukraine Leopard-2-Panzer zu liefern.

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