Katerstimmung nach Parteifeier Bierernster Aufstand gegen Wowereit

Wowereit (SPD): Beim Bier versteht die Basis keinen Spaß
Foto: Armin Weigel/ picture-alliance/ dpaBerlin - Wenn sich die Berliner am Sonnabend zum Landesparteitag trifft, wird um Integration gestritten, über die Strategie für die Wahlen 2011 - und über ein weiteres heikles Thema: die Bierpreise auf Parteifesten.
Ein Antrag der Jusos und eines Kreisverbands kritisiert die "teils exorbitanten Preise" auf dem Sommerfest im September, die Parteibasis fordert für künftige Feiern einen "Grundstock an alkoholfreien Getränken, Bier, Wein und Snacks zu verbilligten Preisen".
Der Berliner Bierstreit mag mickrig wirken, doch er ist symptomatisch: Während der Regierende Bürgermeister die Partei auf Hauptstadt-Chic trimmt, mault die Basis in den Bezirken gegen SPD-Feiern in "Yuppie-Szene-Locations".
Wowereit und Landesparteichef wollen die Partei für die Kreativen Berlins attraktiver machen. Die SPD soll sich cool und angesagt geben. Dazu gehören auch die passenden Orte für Parteifeiern. Zum Sommerfest traf man sich nicht mehr wie früher nahe der Parteizentrale im Arbeiterbezirk Wedding, sondern im "Radialsystem V" - einem alten Pumpwerk an der Spree, direkt an der Grenze der Bezirke Friedrichshain, Kreuzberg und Mitte. Es ist ein angesagter Veranstaltungsort des kreativen .
"Zwei Euro sind in Ordnung - drei sind übertrieben"
Wo sonst expressives Tanztheater aufgeführt wird oder sich Internet-Vordenker austauschen, hielt Klaus Wowereit eine stimmungsvolle Rede über die Rolle der Hauptstadt-Sozialdemokraten. Bundesgeneralsekretärin Andrea Nahles stieß mit dem Altgenossen Wolfgang Thierse an.
"Die Parteiführung wollte wohl ausdrücken: Schaut her, wie cool wir sind", sagt der Berliner Juso-Chef Christian Berg. Doch das sei kräftig in die Hose gegangen.
Denn was sich die Parteigrößen leisteten, wollten Basis-Sozis nicht zahlen. Ein kleines Bier kostete drei Euro, ein Glas Wein mehr als vier Euro. Die Preisklasse des angesagten "Radialsystem V" war nicht die der Parteibasis.
"Zwei Euro sind in Ordnung", sagt Christian Berg, "drei Euro sind übertrieben."
Die Jusos reichen nun zusammen mit Bezirksverband Tempelhof-Schöneberg den Antrag "Gelebte Solidarität auch bei Parteifesten möglich machen" beim Landesparteitag ein. Eine Partei, die sich Solidarität und Gerechtigkeit verpflichtet fühlt, müsse für faire Getränkepreise sorgen, heißt es darin. Die Antragsteller wollen auf keinen Fall als Billigtrinker dastehen. "Freibier ist nicht unsere Definition von Solidarität", schreiben sie.
Es geht um billigeres Bier - und um den Kurs der Partei
In der Tat: Es geht nicht nur ums Bier, sondern um den Kurs der Partei in der Hauptstadt. Parteifeste sollen laut Antrag nur noch an Veranstaltungsorten stattfinden, an denen "humane Verpflegungspreise" verlangt werden. "Yuppie-Szene-Locations" dürften nicht von der SPD finanziert werden, heißt es im Antrag.
Für Juso-Chef Christian Berg hat die Partei genau den falschen Ort ausgesucht: Das Radialsystem ist zwar bei den Kreativen beliebt, liegt aber mitten im Gebiet von "Mediaspree", einem Zusammenschluss von Investoren, der das Spreeufer zubauen und vermarkten will. Für die Berliner Basis ein Feindbild, das die alternative Szene verdrängt. Die Jusos hatten, anders als der Senat unter Wowereit, auch einen erfolgreichen Bürgerentscheid gegen "Mediaspree" unterstützt.
"Mit dem Ort haben wir ein großes Problem", sagt Christian Berg. Die Parteiführung sende falsche Botschaften - an die Basis sowie an die umworbenen Kreativen. Die gewinne man nicht mit Veranstaltungen an exklusiven Orten, die man über hohe Bierpreise subventioniert.
Bei der Parteiführung heißt es nun, man habe einfach einen schönen Ort auf der ehemaligen Grenze gesucht - schließlich wurden im September auch 20 Jahre Zusammenschluss von West- und Ost-SPD gefeiert. Landesgeschäftsführer Rüdiger Scholz lobt immerhin "den guten Vorschlag" der Antragsteller. Er sagt: "Grundsätzlich wollen wir in erster Linie politische Arbeit finanzieren und nicht Speis' und Trank subventionieren."