Streit über Ankauf von Daten-CDs Rot-grüner Steuerdeal verärgert Berlin

Mit dem erneuten Kauf von Steuer-CDs provoziert Nordrhein-Westfalen die Bundesregierung. In den Augen von Finanzminister Schäuble torpediert Rot-Grün bewusst das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz. NRW habe "jedes Maß" verloren, heißt es aus der Union.
Bundesfinanzminister Schäuble: Ärger über Ankauf von Steuer-CDs

Bundesfinanzminister Schäuble: Ärger über Ankauf von Steuer-CDs

Foto: Robert Schlesinger/ dpa

Berlin - Der Kauf von CDs mit den Daten mutmaßlicher Steuersünder durch die Behörden in Nordrhein-Westfalen verärgert die schwarz-gelbe Bundesregierung. "Wir halten nichts von Steuergerechtigkeit nach dem Zufallsprinzip", sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter (CDU). "Wer auf Datendiebstahl setzt, handelt in einer politischen und rechtlichen Grauzone." Der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU) erklärte: "Steuerhinterziehung muss unnachgiebig verfolgt werden. Aber was NRW macht, ist nicht in Ordnung."

Die "Süddeutsche Zeitung" und die "Financial Times Deutschland" hatten berichtet, Steuerfahnder in NRW hätten erneut Datenträger mit Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher erworben. Unter anderem soll es sich um Daten der Schweizer Großbank UBS handeln. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bestätigte den konkreten Fall nicht, er hat sich aber grundsätzlich zum Ankauf von Daten über Steuerbetrüger bekannt. Das Land hatte zuletzt mehrfach aus anonymen Quellen Schweizer Bankdaten angekauft.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat dieses Vorgehen bereits in der Vergangenheit kritisiert. In seinen Augen torpediert die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf damit bewusst das geplante Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz. "Nur mit dem Steuerabkommen ist es möglich, Steueransprüche in der Schweiz gleichmäßig und nachhaltig durchzusetzen", sagte Staatssekretär Kampeter jetzt. Ohne das Abkommen würden Jahr für Jahr Steueransprüche in Milliardenhöhe verjähren. "Das nutzt nur den Steuerhinterziehern", warnte der CDU-Mann. Unionsfinanzexperte Flosbach warf NRW-Finanzminister Walter-Borjans vor, er habe "jedes Maß und auch jeden Respekt vor den föderalen Beratungsabläufen verloren".

Niedersachsens Finanzminister wirft SPD Profilierungssucht vor

Das Abkommen, das den jahrelangen Streit um Steuerhinterziehung über Konten in der Schweiz beenden soll, steckt derzeit in der Sackgasse. Eigentlich soll von Anfang 2013 an auf alle Kapitalerträge deutscher Kunden bei Schweizer Banken eine Steuer fällig werden, die so hoch ist wie die Abgabe in Deutschland. Auch altes Schwarzgeld soll einmalig besteuert werden. Das Schweizer Parlament hat das Abkommen am 30. Mai gebilligt, in Deutschland blockiert die Opposition die Pläne im Bundesrat. Dort haben Union und FDP keine Mehrheit.

FDP-Generalsekretär Patrick Döring unterstellte der rot-grünen NRW-Regierung in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", ihr Verhalten gründe sich auf "populistische Parteitaktik". Auch Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) warf der SPD vor, ihr gehe es allein um parteipolitische Profilierung. "Sie will sich zum Anwalt der ehrlichen Steuerzahler aufspielen", sagte Möllring. "Doch genau das ist sie nicht: Die SPD verhindert, dass wir die Steuerflucht dauerhaft stoppen." Statt neue Steuer-CDs zu kaufen, solle NRW dem Steuerabkommen zustimmen, forderte der Minister. "Dann würden wir endlich an alle Vermögen rankommen, nicht nur an einige wenige."

Die Sozialdemokraten beklagen dagegen, die Vereinbarung biete noch immer zu viele Schlupflöcher und gehe zu nachsichtig mit Steuersündern um. Anzeichen, dass sich die Fronten aufweichen und das Abkommen in der Länderkammer noch eine Mehrheit finden könnte, gibt es derzeit nicht. Der neuerliche CD-Deal in NRW ist vielmehr ein Signal, dass die SPD entschlossen ist, das Abkommen endgültig scheitern zu lassen.

"Der Bundesfinanzminister muss das schlechte Steuerabkommen mit der Schweiz endlich in den Papierkorb werfen", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. Der Ankauf von Steuer-CDs sei "sehr viel wirksamer als ein lausig ausgehandeltes Steuerabkommen mit der Schweiz, das voller Schlupflöcher ist". Der SPD-Finanzexperte forderte Schäuble auf, die NRW-Steuerverwaltung nicht im Regen stehen zu lassen: "Wolfgang Schäuble darf nicht wie ein bockiges Kind den Ankauf von Steuer-CDs ablehnen, nur weil dadurch die großen Mängel seines Steuerabkommens deutlich werden."

CDU-Finanzexperte Flosbach verteidigte das Steuerabkommen: "Das Steuerabkommen würde dazu führen, dass künftig jeder deutsche Anleger mit Vermögen in der Schweiz Steuern abführen muss", sagte Flosbach. Auch die bereits bestehenden Privatvermögen in der Schweiz würden erfasst. "Der rechtlich fragwürdige Ankauf von Steuer-CDs würde überflüssig."

Möglichen Steuersündern drohen nun jedenfalls einmal mehr unruhige Wochen. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat zusammen mit der Steuerfahndung Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung eingeleitet. Grundlage sollen die Daten von einer Steuer-CD sein.

Mit Material von dapd, dpa und Reuters
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