Kieler Steuerdeal Kommunalaufsicht rüffelt Oberbürgermeisterin Gaschke

Oberbürgermeisterin Gaschke: Die Journalistin will im Amt bleiben
Foto: Carsten Rehder/ dpaKiel - Für Kiels Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke wird es immer enger. Die Kommunalaufsicht im Landesinnenministerium hat Gaschkes umstrittenen Steuerdeal mit dem Augenarzt Detlef Uthoff als durchweg rechtswidrig bewertet. Dies teilte Minister Andreas Breitner am Mittwoch mit. Damit wächst der Druck auf die Sozialdemokratin Gaschke noch mehr. Die ehemalige "Zeit"-Redakteurin ist mit vehementen Rücktrittsforderungen konfrontiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie, das Innenministerium führt ein Disziplinarverfahren.
Gaschke wollte das Ergebnis der Kommunalaufsicht vorerst nicht kommentieren. "Es laufen mehrere Verfahren gegen mich, darunter ein strafrechtliches, deshalb werde ich mich jetzt nicht dazu äußern", sagte sie der dpa. Die 46-Jährige ist seit November vorigen Jahres im Amt und will es nach bisherigem Stand auch bleiben.
Der Steuerdeal sieht vor, dass der Augenarzt für Immobiliengeschäfte 4,1 Millionen Euro Gewerbesteuern zahlt und dafür 3,7 Millionen an Zinsen und Säumniszuschlägen erlassen bekommt. Schon dass Gaschke den Vergleich per Eilentscheidung an der Ratsversammlung vorbei schloss, war laut Kommunalaufsicht rechtswidrig. Nun bestätigte sie dies auch noch inhaltlich. Außerdem hielt die Behörde der Stadt vor, sie habe die konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des steuersäumigen Augenarztes nicht ermittelt. Zudem wertet die Kommunalaufsicht den Verzicht auf die Zinsen und Zuschläge als europarechtlich unzulässige Beihilfe.
Stsatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Gaschke wegen des Anfangsverdachts der Untreue in besonders schwerem Fall und gegen Kämmerer Wolfgang Röttgers wegen Verdachts der Beihilfe. die ehemalige Journalistin hatte ihre Entscheidung mit der wirtschaftlichen Situation des Schuldners begründet: Die Gesamtforderung führe zur Insolvenz des Klinikunternehmens. In diesem Fall, so die Befürchtung der Stadt, könnte sie den größten Teil ihrer Forderungen abschreiben.
Die Stadt Kiel müsse den Erlass zugunsten Uthoffs zurücknehmen, forderte nun der Innenminister. "Der Ball liegt bei der Landeshauptstadt." Diese will das Ergebnis sorgfältig prüfen. SPD-Landeschef Ralf Stegner sprach von einer "glasklaren Entscheidung". "Die entsprechenden Konsequenzen daraus muss die Verwaltungsspitze der Landeshauptstadt Kiel ziehen."
Am Donnerstag nächster Woche befasst sich die Ratsversammlung mit einem Antrag, der Gaschke zum Rücktritt auffordert. Dafür könnte es eine Mehrheit geben, weil auch die Grünen - mit dem SSW Kooperationspartner der SPD im Rathaus - für einen Amtsverzicht sind. Auch Gaschkes Rückhalt in der SPD ist geschwunden, weil sie sich im Zusammenhang mit ihrem Steuerdeal mit Ministerpräsident Torsten Albig und dem Innenminister angelegt hatte.
Uthoff, 71, Betreiber der Kieler Augenklinik Bellevue, Mitglied der New Yorker Akademie der Wissenschaften und Chef einer Big Band, gilt als eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Landeshauptstadt. Während er mit seiner noblen Klinik erfolgreich war, geriet er als Spekulant mit einem großen Immobilienpaket in eine Schieflage. Uthoff gilt unverändert als einer der wohlhabenden Männer Kiels, die Familie soll über eine Villa in Kampen auf Sylt verfügen. Unklar bleibt jedoch, wem Vermögensteile in einem schwer durchschaubaren Firmengeflecht um ihn, seine Frau Anke und eine Mitarbeiterin der Klinik zuzuordnen sind.