Umweltpolitik Klimapaket und Klimaschutzgesetz vom Bundeskabinett angenommen

Gerade am Klimaschutzgesetz gab es bis zuletzt Kritik. Nun hat das Kabinett sowohl das Gesetz als auch das Klimapaket verabschiedet. Beides will das Umweltministerium in Kürze vorstellen.
Verkehr in Düsseldorf: Bis 2050 will Deutschland weitgehend klimaneutral werden

Verkehr in Düsseldorf: Bis 2050 will Deutschland weitgehend klimaneutral werden

Foto: Martin Gerten/ DPA

Bis zuletzt gab es um die Klimapolitik der Großen Koalition große Aufregung. Jetzt hat das Bundeskabinett ihr umstrittenes Klimapaket verabschiedet.

Dabei geht es zum einen um konkrete Vorhaben, mit denen Deutschland seine Klimaziele für das Jahr 2030 erreichen will - das sogenannte Klimaschutzprogramm.

Zum anderen legt die Regierung mit dem am Mittwoch ebenfalls verabschiedeten Klimaschutzgesetz fest, wie die Maßnahmen zur Einsparung von Treibhausgasen in einzelnen Wirtschaftssektoren umgesetzt und überwacht werden sollen.

Das Gesetz regelt zum Beispiel, dass einzelne Minister für die Erreichung jährlicher Klimaschutzziele in ihrem Bereich verantwortlich sind. Insbesondere um das Gesetz wurde bis zuletzt gerungen. Der Bundestag muss ihm noch zustimmen.

Deutschland will seinen Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent reduzieren im Vergleich zu 1990. Bis Mitte des Jahrhunderts soll die Bundesrepublik weitgehend klimaneutral werden, also unter dem Strich keine klimaschädlichen Treibhausgase mehr ausstoßen.

Kritik am Klimaschutzgesetz

Das Klimaschutzgesetz wurde zuletzt kritisiert, weil es im Vergleich zu einem Entwurf aus dem Februar in einigen Punkten abgeschwächt worden ist.

Vor allem die Kontrollmechanismen gerieten in die Kritik. Laut dem Entwurf aus dem Februar hätte das Parlament Verschiebungen von CO2-Einsparungen zwischen einzelnen Sektoren absegnen sollen. Nun findet sich dieser Kontrollmechanismus nicht mehr im Klimaschutzgesetz. Zudem wurden Befugnisse für den sogenannten Klimarat - ein von der Regierung eingesetztes Kontrollgremium - beschnitten.

Im finalen Entwurf des Klimaschutzgesetzes klingt zudem die Formulierung zum Klimaziel bis 2050 weicher als bisher: Treibhausneutralität soll bis zu diesem Jahr "verfolgt" werden, heißt es nun. Im Februar-Entwurf hatte man dieses Ziel noch "erreichen" wollen.

Umweltministerin Svenja Schulze nannte die neue Formulierung gegenüber dem ZDF  "eine Spur verbindlicher als vorher". Sie ergänzte: "Das erste Mal sagt eine Regierung in einem Gesetz, dass wir Mitte des Jahrhunderts treibhausneutral werden wollen."

Auf einer Pressekonferenz führte Schulze dieses Argument aus. "Sie finden weltweit kein Land, dass in dieser Form festgeschrieben hat, wie der Weg zur Treibhausgasneutralität führt."

Andere Länder haben allerdings schon deutlich vor Deutschland andere Wege gefunden, ihre Klimabilanz zu verbessern. Großbritannien etwa hatte Ende Juni ein Gesetz zur CO2-Neutralität bis 2050 verabschiedet . In Neuseeland wird ein entsprechendes Gesetz schon im Parlament verhandelt . Schottland will gar schon bis 2045  CO2-neutral sein.

Das Klimaschutzgesetz war auch in der Kritik, weil es, anders als im Februar-Entwurf, kein CO2-Einsparziel mehr für das Jahr 2040 enthielt.

Im finalen Entwurf des Klimapakets wurde daraufhin noch folgende Formulierung ergänzt: "Im Jahr 2025 legt die Bundesregierung für weitere Zeiträume nach dem Jahr 2030 jährlich absinkende Emissionsmengen durch Rechtsverordnungen fest". Die CO2-Ziele für nach 2030 müssen vom Bundestag abgesegnet werden.

Schulze sagte, das 2040er-Ziel sei "zu Recht" aus dem Klimaschutzgesetz gestrichen worden. Denn es wäre für die aktuellen Klimaschutzpläne zu wenig ambitioniert gewesen.

Nach dem Klimapaket ist vor weiteren Klimagesetzen

Auch im nun abgesegneten Klimapaket sind noch nicht alle Maßnahmen komplett ausgearbeitet , mit denen Deutschaland seine Treibhausemissionen senken will. So wird es zum Beispiel vorerst keine genauen Vorgaben enthalten, wie stark die KfZ-Steuer für Neuwagen mit hohem Spritverbrauch angehoben wird.

Ein Sprecher des Umweltministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP dazu, es sei nie vorgesehen gewesen, dass solche Details im Klimaprogramm festgelegt werden, "sondern erst in den Gesetzen, die darauf aufbauen".

Tatsächlich aber fanden sich in einem früheren Entwurf des Klimapakets von Ende September noch konkrete Summen zur Anhebung der KfZ-Steuer. Zwei Euro pro Gramm CO2 sollten ab 95 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer draufgeschlagen werden, ab 115 Gramm pro Kilometer sogar 3,50 Euro. Damit hätte sich die Kfz-Steuer eines heutigen VW Golfs auf 400 Euro verdoppelt.

Im finalen Entwurf werden nun keine konkreten Zahlen mehr genannt. Für Neuzulassungen ab dem 1. Januar 2021 werde die Steuer für Neuwagen oberhalb von 95 Gramm CO2 "in zwei Emissionsstufen erhöht", heißt es nun.

Die geplanten Ausbaumengen für die Windenergie an Land fallen im finalen Klimapaket ebenfalls geringer aus als zwischenzeitlich angepeilt. In einem früheren Entwurf hieß es noch, dass künftig jedes Jahr zusätzlich Windräder mit einer Kapazität von einem Gigawatt gebaut werden sollen, um bis 2030 eine installierte Leistung von 80 Gigawatt zu erreichen. Im finalen Entwurf des Klimapakets wird nun eine installierte Leistung von 67 bis 71 Gigawatt bis 2030 angepeilt.

Lisa Badum, die klimapolitische Sprecherin der Grünen, kritisierte zudem, dass die Lenkungswirkung des Klimapaketes insgesamt noch unklar sei. Klimaschutzprogramm und Klimaschutzgesetz enthielten zwar sehr viele Maßnahmen, sagte sie dem SPIEGEL. Doch deren Wirkung sei im Zusammenspiel "noch nicht systematisch geprüft worden".

aev/ssu/gt/dpa
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