Podcast "Stimmenfang" Wütende Jugend, ratlose Politik
Politikverdrossenheit war gestern. Heute geht die Jugend auf die Straße. In der neuen Podcast-Episode fragen wir: Woher kommt die neue Politisierung? Und wie gehen die Adressaten der Wut, also die Politiker, damit um?
Im "Stimmenfang"-Studio erklärt unser Kollege Stefan Kuzmany, warum es Parteien gerade am Gespür für die Themen der jungen Menschen fehlt. Und auf einer Fridays-for-Future-Demonstration erzählt uns ein 15-Jähriger, warum Parteiarbeit für viele Jugendliche nicht attraktiv ist.
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Yasemin Yüksel: [00:00:01] Willkommen zu "Stimmenfang", dem Politik-Podcast von SPIEGEL ONLINE. Ich bin Yasemin Yüksel.
Yasemin Yüksel: [00:00:09] ANZEIGE: "Stimmenfang" wird Ihnen heute wieder von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe e.V., der VLH präsentiert. Mit einer Million Mitgliedern und rund 3.000 Beratungsstellen bundesweit ist die VLH Marktführer und damit Deutschlands größter Lohnsteuerhilfevereine, der Ihnen wichtige Steuervorteile sichert. Unsere Hörer sparen sich jetzt die Aufnahmegebühr. Dafür das Stichwort "Podcast" beim Beratungstermin angeben. Zu gewinnen gibt es auch etwas: 2.019 Euro für einen Extrawunsch. Einfach auf www.dankeVLH.de klicken und mitmachen.
Demonstranten: [00:00:42] Ich bin dafür, dass wir vielleicht nochmal sagen: Warum sind wir hier? Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut. Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.
Yasemin Yüksel: [00:00:58] So klingt in Deutschland im Augenblick die Wut der Jugend. Tausende Schüler fordern bei den "Fridays for Future"-Demonstrationen mehr Klimaschutz. Die Schüler sind sauer auf die Erwachsenen, auf Politiker, auf politische Entscheider, die in ihren Augen nicht genug gegen die Folgen des Klimawandels tun.
Demonstranten: [00:01:14] Der Weltklimarat sagt, dass wir höchstens noch zwölf Jahre haben, bevor der Klimawandel unumkehrbar ist. In zwölf Jahren bin ich 27. Peter Altmaier ist da lange kein Politiker mehr. Und wir sind der Vorschlaghammer in der Welt der Erwachsenen und in der Politik der Erwachsenen, sodass wir was bewegen können. Wir können was bewegen.
Yasemin Yüksel: [00:01:35] Nicht nur bei den "Fridays for Future"-Demonstrationen, auch bei den jüngsten europaweiten Protesten gegen den sogenannten Uploadfilter sehen wir: Ziemlich viele Menschen in Deutschland, nicht nur die Jugend, mischen sich ein und tragen ihr politisches Engagement raus auf die Straße.
Demonstranten: [00:01:48] Stoppt die Zensur! Stoppt die Zensur! Stoppt die Zensur! Ja zum Urheberrecht, aber nein zu Artikel 13.
Yasemin Yüksel: [00:01:58] Nach Politikverdrossenheit klingt das eher nicht. Und für diese Episode von "Stimmenfang" wollen wir rausfinden: Woher kommt diese momentane Politisierung? Wie gehen die Adressaten der Unzufriedenheit, nämlich die Politiker, damit um? Und wie gut verträgt sich eigentlich die parlamentarische Demokratie mit so vielen Menschen, die auf der Straße Wandel fordern, aber dafür nicht unbedingt in Parteien eintreten. Um diese Fragen geht es heute und hier ist mein Kollege Jonas Schönfelder. Hallo Jonas, schön, dass du da bist.
Jonas Schönfelder: [00:02:28] Hallo Yasemin.
Yasemin Yüksel: [00:02:29] Jonas, du warst kürzlich auf einer "Fridays for Future"-Demo hier in Berlin. Erzähl mal, was hast du erlebt?
Jonas Schönfelder: [00:02:35] Genau, die Demonstration hat auf dem Invalidenplatz stattgefunden in Berlin. Das ist ein größerer Platz vor dem Wirtschaftsministerium.
Demonstranten: [00:02:42] Ich merke schon, jetzt seid ihr richtig in Stimmung. Am Anfang gab es noch ein bisschen Hemmungen da hinten.
Jonas Schönfelder: [00:02:47] Und als ich ankam waren schon - ich würde mal schätzen - 100 Schülerinnen und Schüler vor Ort. Es gab eine Band, die Musik gespielt hat. Die Schüler haben das anscheinend größtenteils selber organisiert. Die ganzen Mikrofondurchsagen und so weiter haben die Schüler gemacht und es war sehr bunt. Natürlich viele Schilder, viele Transparente, die man jetzt auch schon alle aus den Medien kennt.
Yasemin Yüksel: [00:03:20] Wir nennen das jetzt auch oft einfach Schülerdemos. Was sind da für Leute? Sind das ausschließlich Teenager oder auch sehr junge Leute? Kannst du mal erzählen, wen du da getroffen hast?
Jonas Schönfelder: [00:03:29] Der überwiegende Teil der Leute dort sind würde ich sagen Teenager die so in die Mittel- oder Oberstufe gehen wahrscheinlich. Es gab auch ein paar Kinder, die dann noch in die Grundschule gehen. Von denen haben auch ein paar Leute dann kurz gesprochen.
Demonstranten: [00:03:50] Also ich finde. Es ist auch so: Wir haben halt nur eine Erde und nicht zwei. Deswegen müssen wir jetzt schon aufpassen und ich hoffe, dass unsere Demonstration auch irgendwas hilft.
Jonas Schönfelder: [00:04:03] Es gab so Zeitpunkte, an denen dann jeder - also quasi Open Mic - wo jeder was sagen konnte, der wollte und da haben sich dann auch so ein paar Schüler vorne hingestellt und eine kurze Ansprache gemacht und gesagt, dass sie sich freuen, da zu sein.
Yasemin Yüksel: [00:04:15] Du hast auf der Demo mit den Schülerinnen und Schülern ja auch über unsere Frage gesprochen. Also ihr engagiert euch, aber würdet ihr eigentlich auch in eine Partei, in eine Jugendorganisation einer Partei gehen? Und ich kann mich erinnern, als du zurückkamst hast du von einem ich glaube 15-Jährigen gesprochen, mit dem es auch um diese Themen Parteiarbeit ging. Und er hat dich irgendwie beeindruckt. Worum ging es da?
Jonas Schönfelder: [00:04:34] Genau, das war Linus Steinmetz, ein 15-jähriger Schüler aus Göttingen, der für die Demonstration angereist ist. Wie ich im Nachhinein gelernt habe, gehört er auch zu der Gruppe von Schülern, die kürzlich bei der Kohlekommission waren und da ihr Anliegen vorgetragen haben. Der hat mir erzählt, warum er sich da engagiert und das fand ich erst einmal beeindruckend, weil es - also als 15-Jähriger weiß ich nicht, ob ich so auf diese Art und Weise mich geäußert hätte oder einfach auch schon die Gedanken hatte, in eine Partei einzutreten. Das fand ich bemerkenswert.
Jonas Schönfelder: [00:05:04] Hast du schonmal überlegt, selbst in einer Partei mitzumachen?
Linus Steinmetz: [00:05:07] Grundsätzlich finde ich parteipolitisches Engagement gut. Ich glaube nur, dass für viele dieser Menschen politische Parteien eben nicht so sexy sind und nicht attraktiv genug. Und gerade so politische Machtkämpfe und Wahlkämpfe ein Format sind, mit dem sich Jugendliche nicht mehr wirklich identifizieren können. Und da müssen zum einen entweder Parteien etwas ändern oder das System als solches muss interaktiver für Jugendliche gestaltet werden.
Jonas Schönfelder: [00:05:30] Aber Gesetze werden ja in Parlamenten gemacht, wo Parteien sitzen. Hast eine Idee, wie man das ändern könnte oder wie man vielleicht auch junge Menschen mehr für Parteien gewinnen könnte?
Linus Steinmetz: [00:05:38] Ich persönlich bin grundsätzlich ein absoluter Befürworter des Parlamentarismus. Aber was wir sehen ist zum einen: Ich selber bin 15 Jahre alt. Ich werde in drei Jahren theoretisch wählen dürfen. Die erste Bundestagswahl, wo ich wählen darf, da werde ich 21 sein. Zu diesem Zeitpunkt werde ich schon sieben Jahre politisch aktiv gewesen sein. Das ist ein Umstand, der zum einen diesen Parlamentarismus total unattraktiv macht. Auf der anderen Seite sehen wir auch ein total hierarchisches System, dass überhaupt oder in ganz, ganz kleinen Teilen nur digital organisiert ist. Und das sind zwei Sachen, die Jugendliche überhaupt nicht ansprechen.
Jonas Schönfelder: [00:06:12] Wobei man ja - Bei den Grünen gibt es keine Altersbegrenzung, bei der SPD glaube ich kann man ab 14 eintreten. Es ist ja durchaus möglich, sich da zu beteiligen.
Linus Steinmetz: [00:06:19] Ja, ich denke auch. Und ich denke, dass gerade auch momentan die Jugendverbände versuchen, uns irgendwie einzubinden. Auf dem letzten großen Streik in Berlin haben zum Beispiel Ricarda Lang und Kevin Kühnert geredet und haben versucht klarzumachen, dass sie hinter uns als Bewegung stehen. Aber dann wirkt es tatsächlich ein bisschen aus dieser Lebenswelt von Jugendlichen teilweise gerissen und zur selben Zeit merkt man auch, dass man sehr lange parteipolitisch aktiv sein muss und dass man sehr konsequent dabeibleiben muss, wenn man etwas bewegen will. Und das letztendlich viel Macht dann doch bei älteren und erfahrerenen Parteifunktionären liegt. Und das System ist einfach nicht funktional momentan.
Jonas Schönfelder: [00:06:56] Also würdest du sagen, langwierige Prozesse schrecken ab?
Linus Steinmetz: [00:07:00] Ja, grundsätzlich schon. Ich glaube, natürlich sind solche langwierigen Prozesse irgendwo ein Sachzwang. Und daran kann man nicht unglaublich viel verändern, aber diese Transparenz und das Image von Parteien kann man ändern. Und wenn sich momentan Menschen an dem Aufbau und an der Organisationsstruktur von "Fridays for Future" ein Beispiel nehmen, dann wäre damit schon ein erster Schritt getan.
Yasemin Yüksel: [00:07:22] Da kommt also einiges an Kritik zusammen in dem Gespräch, das du mit dem Linus hattest. Parteien seien zu langsam, zu bürokratisch, auch irgendwie zu hierarchisch organisiert. Mit diesen Vorwürfen bin ich zu Ria Schröder gegangen. Ria Schröder ist die Vorsitzende der Jungen Liberalen. Hallo, Yüksel ist mein Name. Ich habe um 13 Uhr einen Termin mit der Ria Schröder von den Jungen Liberalen. Ria Schröder ist selbst 27 und seit einem knappen Jahr JuLi-Vorsitzende und sie hatte vor ein paar Wochen, als es hier in Deutschland losging mit diesen "Fridays for Future"-Demonstrationen in einer Pressemitteilung gefordert: "Klimaschützer ab in die Parteien.".
Ria Schröder: [00:07:58] Erstmal: Ich finde das großartig, dass so viele junge Leute auf die Straße gehen, weil ihnen ein Thema und zwar der Klimaschutz extrem wichtig ist. Aber ich finde eben auch, dass diese Power, die auch in diesen Demonstrationen steckt, dass die jetzt kanalisiert werden muss. Das sind genau die jungen Leute, die wir in den Parteien brauchen. Die auch einfordern, dass Politik für junge Menschen gemacht wird. Deswegen war sozusagen auch mein Aufruf: Demonstrationen auf der Straße sind das Eine am demokratischen Prozess, aber wenn sich dann etwas verändern soll, dann müssen wir auch konkret arbeiten und das müssen wir den Parteien machen.
Yasemin Yüksel: [00:08:30] Ich habe Ria Schröder auch von deinem Gesprächspartner, diesem Linus erzählt, der kurz zusammengefasst eigentlich sagt: Naja, Parteiarbeit, das zieht mich jetzt nicht gerade magisch an. Der, wie viele andere, aber sagt, projektbezogen bin ich absolut bereit und voll dafür, auf die Straße zu gehen. Was glauben Sie, woran könnte das liegen, dass Menschen sagen: Ja, wir engagieren uns, wir sind auf eine Art durchaus sehr politisch, wir gehen auf die Straße. Wir sind aber nicht unbedingt parteipolitisch. Woran könnte das liegen?
Ria Schröder: [00:08:53] Das hat verschiedene Gründe aus meiner Sicht. Zum Einen ist es so, das erlebe ich ganz häufig, dass viele junge Leute sagen: Ja, ich finde ganz viel gut, was die Partei sagt, aber nicht alles. Und das ist auch eine wichtige Botschaft, die ich immer bei Podiumsdiskussionen an Schulen mitbringe. Zu sagen, ich stimme auch nicht mit der FDP 100 Prozent überein, sondern ich bin in die Partei gegangen, weil ich dafür sorgen wollte, dass die Partei noch mehr so tickt wie ich das gut finde. Und es ist immer ein Kompromiss.
Yasemin Yüksel: [00:09:22] Die JuLis, also die Jungen Liberalen, die haben beispielsweise circa 10.300 Mitglieder. Damit haben sie sogar geringe Zuwächse bei den Eintritten in den letzten Jahren zu verzeichnen. Und ich wollte vor Ort von ihr aber auch mal generell wissen: Was könnten Parteien denn tun, um mehr junge Menschen zu gewinnen für eine Parteiarbeit?
Ria Schröder: [00:09:41] Ich glaube, da müssen alle Parteien sich erst einmal fragen: Sind wir da überhaupt gut genug drin, auch neue Mitglieder anzuwerben? Und vor allem denen auch den Einstieg gut zu ermöglichen.
Yasemin Yüksel: [00:09:51] Sie war da also schon auch ein Stück weit selbstkritisch. Sie sagt halt auch, dass die Strukturen in den Parteien teilweise schon abschreckend sind für junge Leute.
Ria Schröder: [00:10:00] Da haben viele junge Leute keine Lust darauf, in eine Partei zu gehen, um dann 30 Jahre lang Plakate zu kleben, bis man dann auch mal was mitbestimmen kann. Da muss man die eigenen Strukturen hinterfragen, offener werden, Arbeitskreise, wo jeder mitmachen kann, auch Online-Partizipation. Das sind zum Beispiel Instrumente, wie man auch tatsächlich Gehör finden kann.
Yasemin Yüksel: [00:10:19] Das Thema Schulpflicht - wird ja auch viel darüber diskutiert in dem Zusammenhang - war vor Ort auch ein Thema. Da ist sie recht eindeutig: Schulpflicht geht vor, meint sie, weil sie auch sagt: Gut, die Leute, die beispielsweise bei den JuLis sich engagieren, die schwänzen dafür ja auch nicht den Unterricht.
Ria Schröder: [00:10:33] Ich kann das unter dem Aspekt nachvollziehen, dass man sagt, so bekommen wir Aufmerksamkeit, aber nichtsdestotrotz gilt die Schulpflicht und muss auch weiter durchgesetzt werden. Und wenn ich mir anschaue - unsere Mitglieder beispielsweise, die sich auch teilweise 10, 20, 30 Stunden die Woche auch engagieren in einer politischen Jugendorganisation. Die machen das auch alles während ihrer Freizeit.
Yasemin Yüksel: [00:10:55] Dieser ganze Aspekt Schulpflicht, der dominiert ja teilweise die Diskussion über die Klima-Demos der jungen Leute und für diese generelle Frage, also wie reagieren die Erwachsenen, die Politiker auf die Wut der Jugend. Darüber darf ich jetzt sprechen mit meinem Kollegen Stefan Kuzmany. Hallo Stefan, ich freue mich sehr, dass du da bist.
Stefan Kuzmany: [00:11:12] Hallo Yasemin.
Yasemin Yüksel: [00:11:13] Stefan, du leitest bei SPIEGEL ONLINE den Bereich Meinung und Debatte und mich würde interessieren: Wie erklärst du dir diese momentane Politisierung? Wir haben ja lange eher über so eine Politikverdrossenheit bei jungen Menschen, die unpolitische Generation, gesprochen. Und jetzt gehen viele junge Leute auf die Straße, gegen den Uploadfilter zum Beispiel oder eben für mehr Klimaschutz. Wie erklärst du dir das?
Stefan Kuzmany: [00:11:35] Also ich denke, dass vor allem bei den Themen Uploadfilter, also Urheberrechtsreform in der EU und auch beim Thema Klimaschutz, dass die jungen Leute - höhö, dass die eben sehen, dass das Themen sind, die ihre Lebenswelt sehr direkt betreffen und ihre Zukunft auch betreffen - die Art und Weise, wie sie jetzt leben wollen und wie sie in Zukunft leben können - Internet, Klima. Und sie stellen fest, dass die Erwachsenenpolitik diese Themen nicht oder unzureichend und nicht in ihrem Sinne aufgreift und deswegen sind sie sauer.
Yasemin Yüksel: [00:12:16] Hast du den Eindruck, dass Parteien, politischen Akteuren so das Gespür fehlt für die Themen, die den Leuten wirklich auf den Nägeln brennen und vor allen Dingen dieser jüngeren Generation?
Stefan Kuzmany: [00:12:27] Den Eindruck habe ich, ja, ja. Also es gibt da wenig Verständnis, wenig Kompetenz, gerade was Internet-Themen betrifft - Stichwort Uploadfilter. Ich denke, dass man als jemand, der ein Digital Native ist, leicht den Eindruck bekommen kann: Die interessieren sich eigentlich nicht dafür, wie wir leben, was wir wollen, was ein Meme ist, wie man heutzutage miteinander kommuniziert im Internet. Das wissen glaube ich in den großen Parteien nur relativ wenige Leute und entsprechend läuft dann auch die Diskussion. Und es gibt, was die Klima-Thematik betrifft, eben nicht dieses Gefühl der Dringlichkeit, das junge Menschen haben, die im Zweifelsfall in 50 Jahren hier auf dieser Erde noch zu tun haben werden, dass die natürlich eine ganz andere Dringlichkeit sehen, jetzt etwas zu unternehmen, um das Klima zu schützen, als jemand, der vielleicht sagt: Naja, ich mache das jetzt hier noch 20, maximal 30 Jahre mit und solange wird es schon noch gut gehen. Oder als Politiker: Ich muss ja erst mal gucken, ob ich das nächste Mal noch einmal gewählt werde und dann diese ganze Wirtschaftsthematik in den Vordergrund schieben.
Yasemin Yüksel: [00:13:44] Weil jemand wie Peter Altmaier vielleicht noch x Jahre politisch aktiv ist. Wenn der jetzt den Kohleausstieg mitgestaltet, dann wird er die Konsequenzen davon vermutlich nicht mehr miterleben. Jemand, der heute jung ist aber schon.
Stefan Kuzmany: [00:13:57] Ganz genau. Der muss eben eher gucken: Wie kommt er auch noch bis zur nächsten Bundestagswahl mit Lobbyisten aus der Energieindustrie zurecht? Wie kommt er mit der Autoindustrie zurecht? Das sind Überlegungen, die dort im Vordergrund stehen. Während jetzt bei jemandem, der heute noch sehr jung ist, einfach ganz existenziell im Vordergrund steht: Wie sollen wir denn überhaupt leben oder wie sollen wir denn überhaupt mal Kinder bekommen in einer Umwelt, die möglicherweise irreversibel zerstört ist.
Yasemin Yüksel: [00:14:27] Wo man dann möglicherweise zwar noch x Jobs in der Kohleindustrie hat, aber keinen Planeten mehr, auf dem man diese Jobs ausüben kann, um es jetzt mal pathetisch auszudrücken.
Stefan Kuzmany: [00:14:35] Genau.
Yasemin Yüksel: [00:14:37] Ich habe vorhin gesagt, mich interessiert auch, wie die sogenannten Erwachsenen, wie die Politiker auf diese Wut der Jugend gerade reagieren. Wir wollen uns mal ein paar Beispiele anschauen.
Christian Lindner: [00:14:45] Ich habe ebenfalls großen Respekt vor dem Engagement von Schülerinnen und Schülern. Was ich nicht verstehen kann ist, dass selbst von höchster Stelle, der Bundeskanzlerin aus das Schulschwänzen jetzt heiliggesprochen wird. Wenn sich Schülerinnen und Schüler für gute Ziele einsetzen wollen, dann bitte außerhalb der Unterrichtszeit. Sorry, wir können doch nicht auf der einen Seite fortwährend Unterrichtsausfall beklagen und dann wird das Schulschwänzen von höchster staatlicher Stelle auch noch akzeptiert.
Yasemin Yüksel: [00:15:14] So äußert sich Christian Lindner zu diesem Klima-Demos. Was bleibt da bei dir hängen? Ist das eine souveräne Reaktion eines Bundespolitikers?
Stefan Kuzmany: [00:15:23] Ist es meiner Ansicht nach nicht. Diese ganze Debatte um die Schulpflicht ist eine Scheindebatte. Man bewegt sich da auf einem absoluten Nebenkriegsschauplatz und das ist eben genau die Art und Weise, wie man junge Leute noch stärker gegen sich aufbringt, dass man eben nicht über das redet, um was es ihnen eigentlich geht, nämlich um einen besseren, konsequenteren Schutz des Klimas, sondern darüber, dass die doch jetzt eigentlich alle in der Schule sein sollten und überhaupt doch erstmal was lernen sollten, bevor sie überhaupt anfangen können, sich irgendwie an der Debatte zu beteiligen. Es hat was von: So, ihr seid jetzt mal schön still. Lasst mal die Erwachsenen das machen und das ist natürlich überhaupt keine souveräne Reaktion.
Yasemin Yüksel: [00:16:13] Tatsächlich hatte Christian Lindner in einem Zeitungsinterview ja auch gesagt: Klimaschutz ist etwas für Profis, nicht für Kids auf der Straße. Das ist genau dieser Von-oben-herab-Ton, der bei vielen jungen Leuten wahrscheinlich nicht gerade gut ankommt. Ein weiteres Beispiel für diese Frage, wie reagiert Politik gerade auf diese Wut oder die Unzufriedenheit, die unterwegs ist, ist jetzt das aktuelle Beispiel, die Proteste gegen den sogenannten Uploadfilter. Der CDU-Europaabgeordnete Daniel Caspary hat sich vor ein paar Tagen ins Gespräch gebracht. Er sagte nämlich in einem Interview: Nun wird offensichtlich versucht, auch mit gekauften Demonstranten die Verabschiedung des Urheberrechts zu verhindern. Bis zu 450 Euro werden von einer sogenannten NGO für die Demo-Teilnahme geboten. Die Twitter-Gemeinde reagierte darauf unter dem Hashtag #DemoGeld. Sieht so eine souveräne Reaktion auf Proteste gegen eine Urheberrechtsreform aus?
Stefan Kuzmany: [00:17:09] Das ist wirklich die denkbar unglücklichste Art und Weise, wie man da reagieren kann, nämlich einfach mit der Verbreitung einer Verschwörungstheorie. Ich habe mir das mal ausgerechnet. Wenn man davon ausgeht, dass 300.000 Leute auf die Straße gegangen sind, dann hätten diese ominösen Geldgeber 135 Millionen Euro ausgeben müssen. Ganz schön teuer. Andererseits 450 Euro, um auf so eine Demo zu gehen, würde ich mir jetzt auch überlegen, würde ich auch mitnehmen. Tatsächlich hat es das ja nicht gegeben. Es hat einen Lobby-Ausflug gegeben, der unterstützt worden ist, wo einige Aktivisten bezahlt wurden. Ich glaube 20 Leute. Darauf bezieht er sich und diskreditiert aber damit diesen Protest dieser wirklich vielen, vielen Tausend jungen Leute. Das ist verantwortungslos. Das kann man nicht anders sagen. Es ist noch schlimmer als das, was Lindner macht, der nimmt die jungen Leute nicht ernst, sondern der Caspary unterstellt ihnen auch noch, sie seien gekauft. Das ist schon bitter. Das ist wirklich bitter.
Yasemin Yüksel: [00:18:09] Wenn wir jetzt versuchen, ein Stück in die Zukunft zu schauen. Was glaubst du, Stefan, wohin führt das? Was tun die Adressaten mit dieser Wut, mit diesen Protesten, die da unterwegs sind? Ich erinnere mich, dass Luise Amtsberg, die grüne Bundestagsabgeordnete, die kürzlich bei uns beim Live-Podcast war, die sagte bezogen auf die aktuellen Schüler-Demos:
Luise Amtsberg: [00:18:28] Meine Angst ist eher, dass das, was jetzt an sozialem, politischen Engagement da ist in der Gesellschaft, in der Zivilgesellschaft, eben verhallt. Und das, was zurückkommt, ist viel, viel schlimmer, nämlich eine frustrierte Generation. Menschen, die sagen: Wir können uns [unverständlich] auf die Straße stellen zu was weiß ich wie viel Tausenden und sogar Schule schwänzen und keiner hört zu. Warten wir den Outcome von "Fridays for Future" ab. Jetzt finden wir es alle spannend. Was ist in zwei Jahren, wenn die Leute merken: Da ist keine einzige politische Entscheidung daraus gefolgt.
Yasemin Yüksel: [00:18:56] Teilst du ihre Einschätzung und wenn sie Recht behielte, würde das heißen, dass Politik sich es heute noch ein Stück weit mehr verscherzt mit einer jungen Generation?
Stefan Kuzmany: [00:19:06] Die Gefahr besteht auf alle Fälle. Wir haben es jetzt da mit jungen Leuten zu tun, die eben durch die Klima-Demonstrationen erstmalig politisiert worden sind und wenn deren erste politische Erfahrung ist, dass es nichts bringt, dass man nichts erreichen kann, das wäre sehr traurig für unsere Demokratie. Aber wenn wir über einen Zeitraum von zwei Jahren reden - ich gehe davon aus, dass wir dann eine andere Bundesregierung haben werden, dass wir möglicherweise eine Bundesregierung haben werden, in der dann auch die Grünen sitzen. Und dann müssen die natürlich auch liefern und dann muss natürlich der Klimaschutz anders angegangen werden, als das heute geschieht. Aber wir sehen ja auch die Demonstrationen jetzt gegen die Reform des EU-Urheberrechts, gegen die Uploadfilter. Da konnte man ja zumindest jetzt schon sehen, dass durch diese starken öffentlichen Proteste Bewegung in die politische Debatte gekommen ist. Dass die SPD, die in Gestalt ihrer Bundesjustizministerin ja noch aufgrund der Koalitionsdisziplin zugestimmt hat dieser Reform, dass jetzt die SPD sagt: Nein, wir stimmen im Europäischen Parlament dagegen. Dass die CDU jetzt plötzlich sagt: Ja, wir stimmen zwar für diese Urheberrechtsreform im Europäischen Parlament, aber in Deutschland wollen wir die nicht haben, was übrigens auch wieder erneut ein vollkommenes Unverständnis der technischen Gegebenheiten offenbart, weil das so einfach nicht geht, in Deutschland keinen Uploadfilter zu haben. Das ist ein bisschen irre, aber man sieht, es gibt ein Bemühen. Es ist zwar sehr unzulänglich, aber es gibt ein Bemühen, auf diese Forderungen einzugehen und die aufzunehmen. Also immerhin das.
Yasemin Yüksel: [00:20:57] Aber am Ergebnis haben die Proteste gegen die umstrittene Urheberrechtsreform nichts geändert. Das EU-Parlament hat zugestimmt, aber es stimmt, der Druck auf die Politik, der war durch die Proteste - es waren ja am Wochenende allein 150.000 Menschen, vor allem junge Menschen in Deutschland auf der Straße - der Druck war sehr groß und auch die Aufmerksamkeit für das, was da in Brüssel passiert, war glaube ich ebenfalls sehr, sehr groß. Ich darf an der Stelle zu dir, Stefan, schon mal sagen: Vielen, vielen Dank.
Stefan Kuzmany: [00:21:22] Sehr gerne.
Yasemin Yüksel: [00:21:23] Und es kommt zum Schluss noch mal mein Kollege Jonas ins Spiel. Ich glaube, Jonas, wir haben gemerkt, bei unserem ganzen Thema heute geht es letztlich immer um die Frage, die Distanz zwischen Politik und den Menschen, den Wählerinnen und Wählern. Und darum hast du für uns neulich noch mal einen Ausflug gemacht hier in die Berliner Lokalpolitik. Du hast eine Veranstaltung besucht. Der Termin war eine Art Experiment, glaube ich. Erzähl mal, wo warst du? Was war da los?
Jonas Schönfelder: [00:21:48] Ich war auf der Ortsteilkonferenz Rosenthal. Das ist ein neu geschaffenes Format.
Sören Benn: [00:21:53] Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir machen mit Ihnen so ein bisschen - ein Experiment ist falsch, aber eigentlich auch richtig, weil wir machen hier was zum ersten Mal, was wir in Pankow noch nie gemacht haben. Wir machen eine Ortsteilkonferenz, wo Sie das gesamte Bezirksamt am Start haben.
Jonas Schönfelder: [00:22:11] Rosenthal ist ein Ortsteil im Bezirk Pankow. Das ist also nördliches Berlin, in so einer Kleingartensiedlung. Das war in einer Vereinsgaststätte. Das Besondere war, kann man vielleicht sagen, im Gegensatz zu anderen solchen Veranstaltungen, dass es darum ging, dass die Bürger den Politikern sagen, was ihnen unter den Nägeln brennt, dass also die Politiker primär zuhören sollen.
Sören Benn: [00:22:30] Um uns als Verwaltung darin zu unterstützen, Ihre Problemlagen zu verstehen und Stück für Stück hoffentlich auch dann zu bearbeiten. In diesem Sinne wünsche ich mir, dass wir heute einen konstruktiven Abend miteinander haben. Ich werde mich bemühen, die ganze Zeit sehr freundlich zu sein und vielleicht haben Sie da auch Lust drauf. Trotz aller Probleme.
Yasemin Yüksel: [00:22:55] Das heißt, der Termin war eine Art Versuch, Politik nah an den Menschen zu machen, die Unzufriedenen zu erreichen, bevor sie - in Anführungsstrichen - in eine Bürgerinitiative rennen. Du hast ja dann dort anders als auf der Schüler-Demo Leute aus allen Altersgruppen getroffen. Um welche Themen ging es denen?
Jonas Schönfelder: [00:23:11] Ein Thema ist anscheinend Verkehrspolitik, die dort momentan heiß diskutiert wird.
Konferenzteilnehmer: [00:23:16] Ich sehe, da ist eine Meldung: ... mit den Radfahrwegen, die an der Friedrich-Engels-Straße sind, wo Autos parken, wo man ständig belästigt wird von Fahrradfahrernm, die vor einem fahren, hinter einem fahren, rücksichtslos sind. Und da möchte ichi jetzt eine Erklärung haben.
Jonas Schönfelder: [00:23:35] Vor allem stört viele Anwohner, dass da relativ viel Schwerlastverkehr, also Lkw, die von der Autobahn kommen, da durch teilweise recht enge Straßen fahren und da soll zum Teil umgebaut werden. Das ist aber aus Sicht vieler Anwohner dort auch nicht genug abgesprochen worden mit ihnen. Das ist ein emotionales Thema für viele Menschen.
Yasemin Yüksel: [00:23:52] Und der Bürgermeister musste ja auch einige Vorwürfe einstecken. Wie ging er damit um?
Jonas Schönfelder: [00:23:57] Klar war natürlich der Bürgermeister in der Kritik und hat dann aber finde ich einen ganz souveränen Umgang damit gehabt und hat dann gesagt das ist eben nicht das Thema hier oder das ist jetzt nicht der richtige Ort.
Sören Benn: [00:24:10] Sie können uns beschimpfen. Sie können aggressiv werden, ist alles in Ordnung, aber davon baut Ihnen keiner eine Straße. Und diese Straßen sind alle übergeordnete Straßen. Das heißt, sie sind nicht bei uns in der Entscheidung, sondern - das kann man doof finden, aber es ist so - Wir kriegen es nicht hin ohne die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt.
Jonas Schönfelder: [00:24:32] Hat dann aber auch eingeladen, dazu eine Bürgersprechstunde zu machen und hat auch vorgeschlagen, dass man noch mal einen Extra-Termin machen könnte, wo man nur über das Verkehrsthema spricht und auch wirklich diskutiert. Da kam er mir gesprächsoffen vor.
Sören Benn: [00:24:48] Wenn Sie glauben, dass wir sozusagen irgendwie faul sind, dass wir uns nicht kümmern, dass es uns egal ist oder tralala. Da kann ich Ihnen nur sagen, so ist es nicht. Wenn Sie intelligente Ideen haben - wir sind ja immer gesprächsbereit - wie man Sachen beschleunigen kann, was möglicherweise Sofortmaßnahmen sind, die Sie entlasten und so weiter und so fort. Dann können Sie mit uns darüber jederzeit reden, nur nicht mehr heute.
Yasemin Yüksel: [00:25:14] Und konntest du die Leute anschließend noch nach ihrem Feedback fragen? Wie kam diese ganze Aktion, dieser Versuch eines Dialogs, bei den Bürgern an, also bei denen, für die es gemacht war?
Jonas Schönfelder: [00:25:24] Erwartungsgemäß zweiteilig. Es gab die, die die Veranstaltung gut fanden, die das Gefühl hatten, es gab da einen guten Austausch. Es gab aber auch die, für die das jetzt nicht so ein großer Erfolg war. Ein Vorwurf oder eine Kritik war, dass eben schon so lange die Themen sich aufgestaut hätten, dass man da jetzt mit so einer Veranstaltung, die dann drei Stunden geht, dass man da nicht alles aufholen kann.
Jonas Schönfelder: [00:25:48] Wie ist denn so Ihre Einschätzung des Abends. Hat das was gebracht?
Konferenzteilnehmer: [00:25:52] Ich glaube kaum. Die Probleme sind nicht erst seit heute, die schon so lange und es fehlt eigentlich an der Aufarbeitung. Man kommt einfach nicht hinterher Der Nachholbedarf ist viel zu groß. Und daran scheitert es immer wieder und die Bürger sind die Leidtragenden.
Jonas Schönfelder: [00:26:10] Wie ist Ihr Eindruck von dem Abend? Hat es etwas gebracht?
Konferenzteilnehmerin: [00:26:13] Ich glaube schon, weil ich finde, es ist ein sehr gelungenes Format, dass man der Politik wirklich mal vermitteln kann, was die Leute vor Ort denken.
Jonas Schönfelder: [00:26:22] Es gab jetzt hier zum Teil auch ein bisschen Kontroverse, ist ja auch gut, aber einige Leute fühlen sich ja anscheinend nicht richtig gehört von der Politik. Wie ist da Ihr Eindruck?
Konferenzteilnehmerin: [00:26:30] Dieser Eindruck stimmt. Bei diesen Veranstaltungen ist es immer so, dass Leute sich immer unverstanden fühlen und sich zum Teil auch unverstanden fühlen wollen, weil sie das als Art empfinden, gehört zu werden einfach mal und wahrgenommen zu werden und vielleicht manchmal gar nicht an einer Lösung tatsächlich interessiert sind.
Yasemin Yüksel: [00:26:49] Wie viel denn dann das Urteil von dem Bürgermeister vor Ort, von diesem Sören Benn von der Linkspartei?
Jonas Schönfelder: [00:26:54] Der Bürgermeister hat gesagt; dass so ein Format eigentlich so früh ansetzen muss, dass Themen frühzeitig angesprochen werden, dass sich so eine Aggression oder einfach so eine Unzufriedenheit gar nicht erst anstaut.
Sören Benn: [00:27:08] Der Wunsch mitzugestalten, der Wunsch mitzudenken, mitzuentwickeln ist zumindest hier in Berlin in den letzten Jahren ganz stark angewachsen, das merkt man. Die Bürger wollen mitsprechen und die Idee mit den Ortsteilkonferenzen ist ja, nicht immer nur auf aktuelle Aufreger zu reagieren, nicht reaktiv zu sein, sondern proaktiv zu sein und auch anlasslos mit den Bürgern über ihre Belange in den Ortsteilen ins Gespräch zu kommen.
Jonas Schönfelder: [00:27:37] Es gibt nach meinem Gefühl momentan sehr viele Bürgerinitiativen in Deutschland. Es gab in Berlin vor ein paar Jahren diesen Volksentscheid Fahrrad, in Bayern gibt es gerade ein Volksbegehren für Artenschutz. Die Schüler gehen auf die Straße für mehr Klimaschutz. Haben Sie manchmal auch das Gefühl oder wünschen Sie sich als Politiker, dass die Leute das Engagement mehr in die Parteien legen, anstatt in solche Bürgerinitiativen?
Sören Benn: [00:28:00] Ich wünsche mir natürlich immer auch Leute in den Parteien. Wir brauchen die da auch. Ich wünsche mir auch, dass die Rolle der Parteien nicht immer mit so einem Bäh versehen wird, weil wir brauchen Parteien eben auch zur politischen Meinungsbildung, aber wenn die Parteien nicht attraktiv sind in ihren Strukturen, indem wie wir uns organisieren als Parteien für Leute, dann brauche ich nicht darüber jammern, wenn die Leute sich woanders engagieren. Und viele Leute interessieren sich eben auch nicht in ideologischen Kategorien für Politik - links, rechts, grün, sondern interessieren sich für Einzelprojekte. Ich finde, dass es die Demokratie bereichert, weil es einfach zumindest aus meiner linken Perspektive sowieso so ist: Es ist nicht die etablierte Politik, die Gesellschaft vorantreibt, sondern es waren immer schon außerparlamentarische Bewegungen, die Politik getrieben haben, die neue gesellschaftliche Umbrüche hervorgerufen haben. Ob es die Friedensbewegung war, Ökologiebewegung, Frauenbewegung, Anti-Atom-Bewegung. Das kam nie aus den Parteien, es kam immer von außen und es wird auch so bleiben glaube ich, weil Politik ein bisschen schwerfällig ist in der Reaktion. Insofern glaube ich eher, dass wir für dieses Politikmodell, Demokratiemodell, was wir in Deutschland haben, das ist ja im Grunde eins noch aus dem19. Jahrhundert. Und wir sind jetzt im 21. und wir brauchen eigentlich ein Update unseres politischen Systems.
Yasemin Yüksel: [00:29:28] Ich glaube, das ist ein ganz schönes Schlusswort, was der Bürgermeister Sören Benn von der Linkspartei da sagt. Vielen Dank Jonas, dass du uns deine Eindrücke bei den Aufnahmen geschildert hast. Und wir möchten diese heutige Episode mit einem Aufruf an Siem, unsere Hörerinnen und Hörer beenden. Uns interessiert: Reicht Ihnen unsere repräsentative Demokratie oder wünschen Sie sich mehr Form der Bürgerbeteiligung. Wünschen Sie sich zum Beispiel mehr direkte Demokratie? Was könnte das bringen? Oder stehen Sie Volksbegehren und ähnlichem eher skeptisch gegenüber? Wir freuen uns auf Ihre Meinung. Sie können uns eine Mail schicken an stimmenfang@spiegel.de oder Sie sprechen auf unsere Mailbox unter 040 38080400. An diese Nummer können Sie uns auch eine WhatsApp-Nachricht schicken. Und wie immer finden sie unsere Kontaktdaten auch in den Shownotes zu dieser Episode.
Yasemin Yüksel: [00:30:19] ANZEIGE: Zum Schluss noch eine Erinnerung unseres Sponsors, der VLH: Vergessen Sie nicht, Ihre Steuererklärung müssen Sie bis zum 31.07. abgeben. Oder noch besser: Lassen Sie Ihre Steuer machen von der VLH. www.vlh.de.
Yasemin Yüksel: [00:30:34] Die nächste "Stimmenfang"-Episode hören Sie wie jede Woche am kommenden Donnerstag auf SPIEGEL ONLINE, iTunes, Spotify und in allen gängigen Podcast-Apps. Sandra Sperber und ich, Yasemin Yüksel, haben diese Folge produziert. Danke für die Unterstützung an Lena Jessen, Johannes Kückens, Thorsten Rejzek, Jonas Schönfelder, Matthias Streitz und Philipp Wittrock. Die Musik kommt von Davide Russo.
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